Wie eine Gewerkschafterin zum mehrfachen Opfer wird, weil sie in die Mühlen französischer Atominteressen gerät

Wie eine Gewerkschafterin zum mehrfachen Opfer wird, weil sie in die Mühlen französischer Atominteressen gerät

Eigentlich wäre ein Beitrag schon zum Film notwendig gewesen. Die Gewerkschafterin (Originaltitel: La Syndicaliste; auch The Sitting Duck und The Union Lady). Immerhin hatte das Verbrechen gegen die Konzern-Betriebsrätin von Areva, einem der ehemals weltweit größten Atomkonzernezu tun. Und mit dem französischen Atomstaats-Konerzern EdF. Ein maximaler Justizskandal gehörte auch noch dazu. Mauren Kearney musste lange Jahre kämpfen und leiden. Nach dem Film hat nun Eva Stegen das Buch aus dem französischen übersetzt und die editionEinwurf hat das verlegt.

Zur Krise, die zum Untergang von Areva führten, siehe auf umweltFAIRaendern:

Hintergrund des Buches sind machtpolitische Kämpfe zwischen den beiden Atomgiganten Areva (Uranbau, Verarbeitung, Bau) und EdF (Betrieb von Atomanlagen), in die die Gewerkschafterin Maureen Kearney geriet und ihnen brutal zum Opfer fiel. Die EdF dealte – ohne und auch gegen die Areva – mit China über neue Atomkooperationen, um Teilhabe am damals boomenden Atommarkt in China zu erlangen. Die Areva-Konzern-Betriebsrätin wollte diesen Deal zu Lasten der Arbeitsplätze im eigenen Haus verhindern.

Maureen Kearney wird eines Morgens im Dezember 2012, als sie allein zu Hause ist, überfallen und vergewaltigt. Doch schnell wenden sich die Ermittlungen gegen sie selbst. Sie wird sogar verurteilt. Politisch mächtige „Freunde“ wenden sich ab. Erst 2018 wird sie in einem weiteren Verfahren „freigesprochen“. Das Gericht prangert eklatante Mängel bei den damaligen „Ermittlungen“ an. Eine Aufklärung, wer hinter dem Überfall gestanden hat, ist bis heute nicht erfolgt.

Absolut nicht einfach. Einer quere Geschichte über eine Frau und Gewerkschafterin, die die Arbeitnehmer:innen und ihre Interessen in einem der damals mächtigsten Atomkonzerne nicht nur in Frankreich, sondern der Welt vertritt. Bei Areva. Einem Konzern, die damals die gesamte Atomspirale von den Minen über Brennstoffe bis hin zum Bau der Atomkraftwerke betreibt und damit Super-GAU-Risiken, Atommüll für die Ewigkeit und irgendwie auch für französische Atomwaffen verantwortet. Areva verfügte über ein weltweites Firmennetz.

Die Gesamt-Betriebsrätin wird Opfer eines brutalen Angriffs. Weil sie sich gegen die Interessen der EdF für die Kolleg:innen bei Areva einmischt und das Geschäft mit China unterbinden will. Die Geschichte ist so unglaublich, sie ist so sehr denkbar, weil es vorstellbar ist. Sexualisierte Gewalt, weil eine Gewerkschafterin-Frau eine mächtige Position hat!

„Die Gewerkschafterin – Im Räderwerk der Atommafia“ von Caroline Michel-Aguirre in der deutschen Übersetzung von Eva Stegen ist irgendwie ein holpriges Buch. Die Geschichte ist nicht einfach, sie zu erzählen vermutlich ganz besonders nicht einfach. Doch vielleicht wären ein paar Eingriffe angenehm gewesen, jedenfalls wenn es um sprachliche Mängel geht, die bereits in der französischen Vorlage waren (was ich leider nicht beurteilen kann).

Das Buch kommt als „Tatsachenroman“ daher. Es behandelt eine beklemmende Geschichte, die viel über die brutalen patriarchalen Verhältnisse einer interessengetriebenen Verflechtung von Staat und Wirtschaft mit viel zu viel Macht erhellt.

Dirk Seifert

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