Dekontaminiert: Mit Säure gegen atomare Laufzeitverlängerung
Das muss hier einfach noch mal nachgereicht werden. Was war das für ein Aufschrei. Grüne zwingen AKW-Betreiber, die abgeschalteten Reaktoren mit Säure zu zerstören, nur um die Dinger kaputt zu machen und damit ein Wiederanfarhren zu verhindern. Dass das vom Bundestag beschlossene Atomgesetz dabei eine Rolle spielt – ist doch egal. Dass das mit Strahlenschutz für Mitarbeitende in den Atommeiler zu tun hat – kleinlich irgendwie. Die vermutlich auch grünversiffte deutsche presse agentur – dpa – hatte jüngst einen Faktencheck gemacht, der natürlich für einschlägig nuklear Interessierte wenig relevant sein dürfte. Quizfrage: Wenn in Bayern im AKW Isar 2 nun diese Dekontaminierung erst nach den Wahlen in Bayern im Jahr 2024 durchgeführt wird, ist das …
- a. ein normaler technischer Vorgang im Rahmen der betriebsbedingten Ablaufpläne?
- b. ein deutlicher Hinweis darauf, dass Bayern als Bundesland die Wiederinbetriebnahme des AKW vorbereitet und PreußenElektra mitspielt?
- c.egal, Hauptsache Atomstrom!
- d. dass die Grünen da gar keinen Einfluss haben. (Mehrfach-Antworten sind möglich)
Der dpa – Fakencheck ist hier online. „Einsatz von Säure gängig – Betreiber veranlassen Dekontamination nach AKW-Abschaltung“
dpa berichtet in dem Faktencheck davon, dass der betriebsübliche Einsatz von Säure zur Dekontamination in Reakoren ein normaler Vorgang ist. Wörtlich: „Die von den AKW-Betreibern initiierte Dekontamination nach Abschaltung ist gängige Praxis und Teil der Betriebsgenehmigung. Politische Machtverhältnisse spielen dabei keine Rolle.“
Das belegen die Checker mit Fakten und Ansagen aus Behörden und von Betreibern, wobei sie zunächst die Betriebsabläufe zur Abschaltung und dann zur endgültigen Stilllegung beschreiben. Es geht um die Nachbetriebsphase, in der noch die Betriebsgenehmigung gilt – und die dann irgendwann auf Antrag des Beteibers durch eine neue Genehmigung, die Stilllegungs- und Abrissgenehmigung SAG abgelöst wird.
Für die Dekontamination ist die SAG jedoch nicht erfoderlich, sondern die erfolgt, nachdem der Reaktorbehälter von den Brennelmenten frei geräumt ist. Almut Zyweck, Sprecherin des AKW-Betreibers PreussenElektra, so die dpa, stellt fest: Die nach ihren Worten «wichtige vorbereitende Maßnahme» erfolge im Rahmen der Betriebsgenehmigung.
Der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) erklärt, laut dpa: Beiden drei zuletzt abgeschalteten drei Druckwasserreaktoren „“werden als erstes zur Dekontamination die Elemente des Primärkreises mit Säure freigespült», erläutert der VDI online.“Dekontamniert wird, um die Strahlenbelastung zu reduzieren. dpa: „Die Gefahr für das bei Stilllegung und Abbau vor Ort tätige Personal werde dadurch deutlich reduziert, erklärt auch das bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz in einem Sicherheitsbericht.“
dpa zitiert weiter aus dem genannten Statement des VDI und schreibt: Es sei grundsätzlich möglich, die betroffenen Komponenten des Primärkreises so zu dekontaminieren, dass sie keinen dauerhaften Schaden nehmen, so der Sprecher des BMUV. Wenn allerdings der Abbau der AKW anstehe, sei «im Interesse des Strahlenschutzes eine besonders gründliche und damit die Komponenten stark und auf unter Umständen auf Dauer schädigende Dekontamination vorgesehen», erklärt der Sprecher.
Als Beispiele für abgeschlossene Primärkreis-Dekontaminationen nennt der Online-Artikel die AKW Grohnde in Niedersachsen und Brokdorf in Schleswig-Holstein. Diese wurden Ende 2021 vom Netz genommen. PreussenElektra-Sprecherin Zyweck bestätigt, dass seitdem in beiden Kraftwerken eine Primärkreis-Dekontamination durchgeführt worden sei.
Jenseits dieser Faktenlage und technischen Erläuterung macht sich dpa aber auch noch die Mühe, und schaut sich die Bundesländer und die Politik an, in denen die AKWs stehen:
„Betrachtet man indes die politischen Machtverhältnisse zum entsprechenden Zeitpunkt des gängigen Säureeinsatzes, waren in Schleswig-Holstein tatsächlich die Grünen an der Macht – von 2017 bis 2022 in einer Jamaika-Koalition und seit Mitte 2022 in der Konstellation Schwarz-Grün. In Niedersachsen regierte bei der chemischen Reinigung im Mai und Juni 2022 eine große Koalition aus SPD und CDU. Daneben gibt es weitere Beispiele für Dekontaminationen vor Stilllegungen, an denen die Grünen nicht in der Regierung waren. Beim AKW Unterweser in Niedersachsen gab es im vierten Quartal 2012 eine schwarz-gelbe Landesregierung, beim AKW Grafenrheinfeld in Bayern war in der zweiten Jahreshälfte 2016 die CSU an der Macht.“
Außerdem wird natürlich noch auf das Atomgesetz hingewiesen, dass 2017 geändert wurde, um die Abläufe von der Abschaltung zur Stilllegung vom Bundestag geregelt wurden: Danach sind AKW «unverzüglich stillzulegen und abzubauen». „Endgültig platzen sollte er spätestens Anfang 2024: Dann plant PreussenElektra die Primärkreis-Dekontamination bei Isar 2“, stellt die dpa mit Blick auf die Freunde eines nuklearen Wiedereinstiegs fest. (Stand: 19.4.2023)
Links von dpa:
- Bund zu den Phasen einer AKW-Abschaltung (archiviert)
- Der Atomausstieg in Deutschland (archiviert)
- VDI zu Rückbau von Kernkraftwerken (archiviert)
- Bayerisches Staatsministerium zur Primärkreis-Dekontamination (archiviert)
- PreussenElektra zum AKW Grohnde (archiviert)
- PreussenElektra zum AKW Brokdorf (archiviert)
- PreussenElektra zur Primärkreis-Dekontamination im AKW Grohnde (archiviert)
- Gesetze zur Änderung des Atomgesetzes (archiviert)
- Atomgesetz Paragraf 7 (archiviert)
- Online-Artikel mit Behauptungen (archiviert)
Ein Gedanke zu “Dekontaminiert: Mit Säure gegen atomare Laufzeitverlängerung”