Atomforschungsreaktor Garching: Fast 13 Millionen Euro für Entwicklung neuer Uranbrennelemente
Seit rund fünf Jahre liegt der angeblich so unverzichtbare Atomforschungsreaktor in München Garching, betrieben von der TU, still. Nach einem Störfall und Corona und vor allem, weil ein zentral bedeutsames Bauteil defekt ist und Neubeschaffung und Einbau immer wieder zu erheblichen Verzögerungen sorgten. Möglicherweise noch in diesem Jahr will die TU den FRM II wieder in Betrieb nehmen. Umstritten ist der Reaktor auch, weil er immer noch mit atomwaffenfähigem Uran mit einer Anreicherung von über 90 Prozent betrieben wird. Der Brennstoff wird bislang in einer russisch-französischen Kooperation hergestellt. Der BUND in Bayern klagt gegen diesen Brennstoff und fordert die Stilllegung. Für die Entwicklungen eines neuen Uranbrennstoffs unterhalb der Atomwaffen-Fähigkeits-Schwelle, der aber frühestens Anfang der 2030er Jahre einsatzfähig sein könnte, gibt es jetzt neue Forschungsgelder, teilt der Betreiber mit: Die EU, das Bundesforschungsministerium und das Land Bayern sorgen mit zusammen 12,8 Millionen Euro dafür, dass die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten fortgesetzt werden können. Unter anderem sollen demnächst Bestrahlungsversuche in Belgien stattfinden.
- Atomforschungsreaktor Garching: Umweltverband setzt Klage fort – Inbetriebnahme verzögert sich abermals
- Gesund durch den Reaktor? Der Atomforschungsreaktor Garching und sein brisanter Brennstoff
Dokumentation: PM der TU, Betreiber des FRM II:
Wichtiges Signal: EU, Bund und Bayern fördern mit insgesamt 12,8 Millionen Euro
Forschung zur Umrüstung des FRM II kann weiterlaufen
Prof. Christian Pfleiderer, Wissenschaftlicher Direktor des FRM II, betont: „Diese Finanzierungszusagen sind enorm wichtige Signale aus der Politik an die Forschung. Damit können wir die führende Position Bayerns, Deutschlands und Europas in der Kerntechnik nachhaltig stärken und die wichtige Forschung mit Neutronen in die Zukunft führen.“
Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume erklärte: „Forschungsstärke und Technologieoffenheit ohne ideologische Scheuklappen sind Voraussetzung für eine gute und sichere Zukunft. Wir wollen Deutschlands leistungsfähigsten Forschungsreaktor zukünftig mit dem innovativen niedrig angereicherten Brennstoff betreiben – und zwar bei gleicher wissenschaftlicher Leistung wie bisher. Dass Forschung und Entwicklung für die Umrüstung im EU-weiten Projekt maßgeblich am TUM Center for Nuclear Safety and Innovations stattfinden, zeigt: Die bayerische Expertise in diesem Bereich hat Weltformat. Der Freistaat hat traditionell eine Vorreiterrolle bei der Kernforschung – und das gilt auch in Zukunft.“
Programm EU-CONVERSION
Wie der FRM II haben sich auch andere Forschungsreaktoren in Europa zur Umrüstung ihrer Brennelemente von hoch auf niedrig angereichertes Uran verpflichtet. Institute und Unternehmen aus Deutschland, Frankreich, Belgien und Tschechien haben sich daher im Projekt EU-CONVERSION zusammengeschlossen. Langfristiges Ziel der Kooperation und Grundlage für die Beteiligung der EU über die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) ist die sichere Versorgung Europas mit medizinischen Radioisotopen.
„Die TUM wird sich in diesem Forschungsverbund auf die Entwicklung von Simulationen und Experimenten zur Qualifizierung der neuen Brennelemente konzentrieren“, erläutert Dr. Bruno Baumeister, Projektleiter der FRM II-Umrüstung und Koordinator von EU-CONVERSION. Hinzu kommt ein internationales Masterprogramm mit führenden europäischen und internationalen Universitäten mit dem Ziel die Ausbildung in kerntechnischen Themen signifikant zu verbessern.
Passender Brennstoff für den FRM II
Im Rahmen des von Bund und Land bis Mitte 2027 geförderten Projekts FRM2427 sollen Forschende am FRM II unter anderem einen optimierten Entwurf für ein Brennelement mit niedrig angereichertem Uran entwickeln und wichtige Validierungsexperimente durchführen. Damit setzen sie ihre langjährige gemeinsame Förderung der Umrüstung fort. „Wir wollen für den FRM II das bestmögliche Brennelement zur Verfügung stellen“, sagt Dr. Christian Reiter, Leiter des TUM Center for Nuclear Safety and Innovation. „Schließlich geht es hier um eine Großforschungsanlage von Weltrang, die unter anderem für Medizin, Materialwissenschaften und Grundlagenforschung von enormer Bedeutung ist.“
Beteiligte des EU-Projekts:
- Technische Universität München (Deutschland)
- Framatome (Frankreich)
- Institut Laue-Langevin (Frankreich)
- Studiecentrum voor Kernenergie (Belgien)
- Commissariat à l’énergie atomique et aux énergies alternatives (Frankreich)
- Université Grenoble Alpes (Frankreich)
- Centrum Vyzkumu Rez (Tschechien)
- Statni Ustav Radiacni Ochrany (Tschechien)
- Societé technique pour l’énergie atomique Technicatome (Frankreich)
Technische Universität München
Corporate Communications Center
- Ulrich Meyer
Kontakte zum Artikel:
Prof. Dr. Christian Pfleiderer
Wissenschaftlicher Direktor des FRM II
Technische Universität München
Tel. +49 89 289-14965
Christian.Pfleiderer@frm2.tum.de