Ohne Perspektive? Schlechte Stimmung bei Vattenfall-Beschäftigten
Die Stimmung unter den Vattenfall-MitarbeiterInnen im AKW Krümmel ist im Keller – so richtig! Noch immer ist unklar, was mit dem Reaktor in Zukunft passieren soll. Vattenfall hat bis heute nicht erklärt, ob der Rückbau angestrebt oder ob es zu einem dauerhaften Einschluss der Anlage kommen wird. Nicht nur die Öffentlichkeit, auch die MitarbeiterInnen tappen im Dunkeln und wissen nicht, wie es weiter geht. Ende Mai hatte Vattenfall-Geschäftsführer Wasmuth weiter für Verunsicherung gesorgt, indem er in der Bergedorfer Zeitung ausführlich über den dauerhaften Einschluss „spekulierte“. „Ohne Endlager wird Krümmel zur Atom-Ruine“ titelte die Zeitung.
Offiziell gibt es keine Informationen, aber hinter vorgehaltener Hand ist zu erfahren: Inzwischen sollen viele qualifizierte MitarbeiterInnen das Handtuch geschmissen haben. Einige haben sich längst auf andere Stellen beworben und sich neue Jobs bei anderen AKWs gesucht. Ein Teil der Belegschaft ist von Vattenfall in andere Unternehmensbereiche „versetzt“ worden. Für diejenigen, die noch im Atommeiler die Wartung betreiben, wächst die Verunsicherung über die Zukunft ihrer Arbeitsplätze und die Sinnhaftigkeit. Käme es zum dauerhaften Einschluss des Atommeilers würden sie kaum noch eine Perspektive haben, denn nach einigen Umbau-Arbeiten wäre für die meisten der Geesthachter MitarbeiterInnen „Schicht im Schacht“.
In allen Vattenfall-Bereichen – nicht nur im abgeschalteten AKW Krümmel – ist die Unzufriedenheit und Verunsicherung bei den Beschäftigten groß. Immer neue Umstrukturierungen und die bange Frage, wie lange Vattenfall überhaupt noch in Deutschland am Markt sein wird, drücken mächtig auf die Motivation.
Die Lage bei Vattenfall ist extrem: Der Konzern hat sich in den letzen Jahren enorm verspekuliert und mindestens 20 Mrd. an Schulden aufgebaut. Für die Schweden ist vor allem das Braunkohle-Engagement der Deutschland-Abteilung ein Dorn im Auge. Während im Heimatland Schweden Klimaschutz groß geschrieben wird, verhagelt ausgerechnet der Vattenfall-Konzern mit seinem Deutschland-Geschäft die sonst vorbildliche Klimabilanz. In immer kürzeren Intervallen ist von einem totalen Rückzug aus dem deutschen Markt zu hören. Das sorgt für Unsicherheit bei den KollegInnen.
Erst im März war von Vattenfall-Sprecher Ivo Banek sehr deutlich zu hören: „Die Debatte ist absolut relevant, ob wir statt eines internationalen Konzerns wieder ein skandinavischer Regionalversorger sein sollen.“, berichtete u.a. das Handelsblatt. Siehe hier: “Vattenfall – bald Tschüss und weg?” und hier: Vattenfalls Stern auf dem Rückzug – Was hat dich bloß so ruiniert?
Als Vattenfall vor wenigen Monaten bekannt gab, ein erstes Braunkohlekraftwerk zu verkaufen, reagierte die gesamte Lausitz mit Panik: Für viele war das ein erster sichtbarer Schritt, dass Vattenfall möglicherweise kurz vor dem Koffer-Packen ist. Siehe dazu: Keine “Mördergrube”: Vattenfall irritiert die gesamte Lausitz
Das Ergebnis spüren die KollegInnen in Form von enormem Arbeitsdruck und Personaleinsparungen im gesamten Konzern. Allein in Deutschland sollen mindestens 1.500 Arbeitsplätze verschwinden. Das hat Vattenfall im Mai verkündet – mitten in den Tarifverhandlungen mit der IG Metall, der IG BCE und Verdi. Doch erstaunlich ist: An die Öffentlichkeit dringt über die Stimmungslage bei den Beschäftigten nichts, auch die GewerkschafterInnen schweigen dazu.
Wie wenig die MitarbeiterInnen mit dem schwedischen Eigentümer – der Englisch zur Unternehmenssprache erklärt hat – seit der Übernahme Anfang der 2000er Jahre klar kommen bzw. sich mit Vattenfall identifizieren, merkt man in Gesprächen sehr schnell. Noch heute fühlen sich die meisten KollegInnen in und um Hamburg als HEWler.