Uran-Transporte aus Lingen für marode AKWs können gestoppt werden!

Herstellung von Uran-Brennelementen in Lingen. Hier ein Foto, als die Anlage noch zu Siemens gehörte. Heute ist der französischen Konzern AREVA Eigentümer der Anlage. Foto: Dirk Seifert
Herstellung von Uran-Brennelementen in Lingen. Hier ein Foto aus den 1990er Jahren. Heute ist der französische Konzern AREVA Eigentümer der Anlage. Foto: Dirk Seifert

Atomtransporte mit Uran-Brennstäben von der bundesdeutschen Hersteller-Firma in Lingen zu den maroden AKWs wie in Belgien und Frankreich können aus Sicht der internationalen Ärzte-Organisation IPPNW und zahlreicher andere Organisationen und Initiativen von der Bundesregierung gestoppt werden. Das ergibt sich aus einem heute vorgestellten Rechtsgutachten. Bislang behauptet die Bundesregierung, sie könne die Lieferungen mit Uran-Brennstoff aus deutschen Fabriken nicht untersagen. Nicht nur für die Uranfabrik in Lingen dürfte diese Studie Folgen haben. Auch die Uranfabrik in Gronau, die den Brennstoff anreichert, bevor er zu Brennelementen verarbeitet wird, könnte betroffen sein.

  • Der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel reagiert auf die Initiative und Studie von IPPNW und anderen zum Thema „Exportstopp für Brennelemente aus Lingen“: „Erst kürzlich hat die Umweltministerkonferenz gefordert, die Produktion von Brennelementen in den Atomausstieg einzubeziehen. Wenn es eine Option dafür gibt, die Lieferung von Brennelementen an Atomkraftwerke über das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle zu unterbinden, muss die Bundesregierung ‎diesen Weg ernsthaft prüfen.“  Hinweis zum Statement von Umweltminister Stefan Wenzel zu der Aufforderung der Länderumweltminister an die Bundesregierung, die Urananreicherung in Gronau und die Brennelementefabrik in Lingen zu schließen vom Juni 2016: http://www.umwelt.niedersachsen.de/aktuelles/brennelementefertigung-in-lingen-144881.html

Dokumentation:

IPPNW-Presseinformation – Rechtsgutachten zum Export von Brennelementen aus Lingen Bundesregierung muss Brennstofflieferungen in die AKWs Doel, Fessenheim und Cattenom stoppen

22.07.2016 – Trotz grundlegender Sicherheitsbedenken gegen die grenznahen, maroden Atomkraftwerke Cattenom, Fessenheim und Doel untersagt die Bundesregierung die Belieferung dieser Standorte mit Brennelementen aus Lingen bislang nicht. Laut einem Gutachten der Rechtsanwältin Dr. Cornelia Ziehm, das die Ärzteorganisation IPPNW in Auftrag gegeben hat, dürfen Ausfuhrgenehmigungen für Brennelemente in diese AKWs gemäß § 3  Atomgesetz nicht mehr erteilt werden. Bereits erteilte Genehmigungen können oder müssen sogar widerrufen werden.

Die Brennelemente aus Lingen ermöglichten und ermöglichen den Betrieb u. a. der genannten Atomkraftwerke. Die Bundesregierung und die Bundesländer haben aufgrund von Sicherheitsbedenken gegenüber Belgien und Frankreich bereits die Stilllegung der Anlagen gefordert. “Die weitere Belieferung der Atomkraftwerke in Doel, Fessenheim und Cattenom mit in Deutschland hergestellten Brennelementen ist in hohem Maße widersprüchlich und nicht mit geltendem Recht vereinbar”, erklärt Dr. Angelika Claußen, Vizepräsidentin Europa der IPPNW.

Wie Dr. Ziehm in dem Gutachten ausführt, ist nach § 3 Atomgesetz auch die beabsichtigte Verwendung der zu exportierenden Brennelemente relevant. Zwingende Genehmigungsvoraussetzung sei laut Atomgesetz, dass die Verwendung der Kernbrennstoffe nicht die “innere oder äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland”  gefährdet. Dabei würden grundsätzlich alle aus der Anwendung von Kernenergie resultierenden Risiken erfasst. Eine Beschränkung auf eine militärische Perspektive gebe es nicht. Erforderlich sei nach dem Atomgsetz zudem ein Handeln bereits aus Vorsorgegründen und nicht erst zur Gefahrenabwehr. Da objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen würden, dass die Anlagen in Doel, Fessenheim und Cattenom nach dem Atomgesetz nicht mehr betrieben werden dürfen, dürften neue Ausfuhrgenehmigungen vom zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle nicht mehr erteilt werden. Bereits erteilte Ausfuhrgenehmigungen könnten bzw. müssten widerrufen werden. “Das wiederum bedeutet einen Exportstopp für Brennelemente aus Deutschland in die Atomkraftwerke in Doel, Fessenheim und Cattenom”, schlussfolgert Dr. Ziehm in ihrem Guachten.

2012 hatte die belgische Regierung beschlossen, dass Doel 1 und Doel 2 im April 2015 stillgelegt werden sollen. Dieser Beschluss wurde im Dezember 2014 widerrufen. Die Laufzeiten von Doel 1 und Doel 2 sollen stattdessen um zehn Jahre bis 2025 verlängert werden. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung im Hinblick auf die Laufzeitverlängerung für Doel 1 und Doel 2 wurde nicht durchgeführt. Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben deswegen Beschwerde bei der EU-Kommission eingelegt. Immer wieder kam es in den Doel-Reaktoren zu Störfällen. Im Oktober 2014 wurde bekannt, dass ein polizeibekannter Dschihadist bis November 2012 für rund drei Jahre im Hochsicherheitsbereich des Atomkraftwerks als Sicherheitstechniker gearbeitet hatte.

Über 5 Jahre nach Fukushima und 30 Jahre nach Tschernobyl ist Deutschland nach wie vor von alternden Atomkraftwerken und einer weiterhin aktiven Nuklearindustrie bedroht. Während die verbleibenden acht deutschen Atomkraftwerke bis Ende 2022 abgeschaltet werden sollen, bleibt die nukleare Infrastruktur unangetastet. Sowohl die Brennelementefabrik in Lingen als auch die Urananreicherungsanlage in Gronau verfügen weiterhin über eine unbefristete Betriebsgenehmigung. Anti-Atomkraft-Initiativen aus Niedersachsen und NRW fordern, dass sowohl die Brennelementefabrik als auch die Urananreicherungsanlage in den Atomausstieg einbezogen werden. Für den 29. Oktober 2016 ist dazu eine überörtliche Demonstration in Lingen geplant, bei der auch grundlegend die sofortige Stilllegung aller Atomkraftwerke und Atomanlagen gefordert wird.

Das Rechtsgutachen finden Sie unter https://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Atomenergie/Exportstopp_Brennelemente_Lingen.pdf
Weitere Informationen zur Demonstration unter www.lingen-demo.de und zur Lingen-Resolution http://bbu-online.de/AK%20Energie/Aktuelles%20AK%20Energie/Lingen-Resolution.pdf

Kontakt: Angelika Wilmen, Pressesprecherin Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung, Email: wilmen@ippnw.de, www.ippnw.de

HerausgeberInnen dieser Pressemitteilung
: Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs, Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW) e.V., Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V., Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz Niedersachsen (LBU), AntiAtomBonn, Arbeitskreis Umwelt Schüttorf, Arbeitskreis Umwelt (AKU) Gronau, Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen, Grohnde-Kampage, Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad, SOFA (Sofortiger Atomausstieg) Münster, AntiAtomEuskirchen, Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie, Nucléaire Stop Kernenergie (Belgien), Elternverein Restrisiko Emsland, Landesarbeitskreis Atom des BUND NRW,
Enschede voor Vrede, Stichting Vredes en Duurzaamheidsactiviteiten Netwerkstad (Vedan), Documentatieen onderzoekscentrum kernenergie (Laka), Amsterdam

Dirk Seifert

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