Radioaktiv kontaminierte Abfälle nicht verharmlosen – Ärzte warnen – Proteste wachsen

Radioaktiv kontaminierte Abfälle nicht verharmlosen – Ärzte warnen – Proteste wachsen

In einem Beschluss warnt der Deutsche Ärztetag, die unkontrollierte Verbreitung von kontaminierten Abfällen aus dem Rückbau von Atomkraftwerken nicht zu verharmlosen. Damit sprechen sich die Mediziner gegen die gegenwärtigen rechtlichen Regelungen für den Umgang mit diesen Abfällen aus, die unter maßgeblicher Beteiligung der Grünen Anfang der 2000er Jahre rechtlich verankert wurden. Demnach dürfen radioaktiv kontaminierte Bauabfälle unterhalb einer bestimmten Schwelle entweder einfach ins Recycling freigegeben oder auf normalen Hausmülldeponien abgelagert werden. In vielen Bundesländern, in denen die Grünen die Atombehörden leiten, werden Kritik und Befürchtungen gegenüber den gesetzlichen Regelungen weitgehend verharmlost.

Nicht nur in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hessen, auch in Baden-Württemberg nehmen die Konflikte um die Frage zu, wie mit den in großen Mengen anfallenden Abrissabfällen beim AKW-Rückbau umzugehen ist, die zwar nur sehr gering, aber eben doch radioaktiv belastet sind. Ausgerechnet von Seiten der grün geführten Atombehörden in den Ländern wird besorgten DeponieanwohnerInnen ebenso wie Kritik von Seiten z.b. des Umweltverbandes BUND entgegen gehalten, dass die Verwendung von Bauschutt oder Stahl im Recycling, im Straßenbau oder auf Hausmülldeponien gesundheitlich völlig unbedenklich wäre.

Erst vor wenigen Tagen verschärfte sich der Konflikt um die Rückbau-Abfälle aus dem AKW Obrigheim erneut. Während das grün geführte Umweltministerium mit Unterstützung eines Gutachtens des Öko-Instituts alles für vertretbar hält, hat nun der betroffene Landrat die weitere Deponierung von Betonabfällen blockiert.

Die Rhein-Neckar-Zeitung berichtet dazu: „Buchen/Obrigheim. (Wd) Es gibt mächtigen Krach zwischen Landrat Dr. Achim Brötel und dem Stuttgarter Umweltministerium über die Einlagerung von rund 3.000 Tonnen freigemessenem Betonmüll aus dem im Rückbau sich befindlichen Kernkraftwerk Obrigheim. Mit „Überraschung und Unverständnis“ reagierte das Umweltministerium auf ein bislang unbekanntes Schreiben von Landrat Brötel vom 6. Juni an Umweltminister Franz Untersteller, die Annahme freigemessener Abfälle aus Obrigheim generell zurückzuweisen.“ Während der Landrat „Bedenken der Ärztekammer als Grund“ nennt, reagiert das grüne Umweltministerium „mit Unverständnis und pocht auf Entsorgungspflicht“.

KritikerInnen, StrahlenschützerInner und nun auch der Deutsche Ärztetag aber warnen, dieses Thema zu verharmlosen. Einen entsprechenden Entschließungsantrag (PDF, Seite 14) hatten die Mediziner auf ihrer Jahrestagung im Mai in Freiburg beschlossen und sich damit auch den Warnungen der internationalen Ärzteorganisation IPPNW angeschlossen. Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (PDF) reagierte erfreut auf diese Beschlussfassung der Ärzte.

Dokumentation: Der Beschlusstext (ohne Begründung) des Deutschen Ärztetages:

Die Delegierten des 120. Deutschen Ärztetages 2017 warnen vor der Verharmlosung möglicher Strahlenschäden durch die geplante Verteilung von gering radioaktivem Restmüll aus dem Abriss von Atomkraftwerken (AKW).

Durch die sogenannte „Freigabe“ gering radioaktiven Restmülls in die allgemeine Wiederverwertung und der Lagerung auf normalen Mülldeponien wird die Bevölkerung in den kommenden Jahrzehnten völlig unnötig und vermeidbar zusätzlichen Strahlenbelastungen ausgesetzt.

Der 120. Deutsche Ärztetag 2017 fordert die Bundesregierung auf, sich zur Minimierung der gesundheitlichen Risiken für die Bevölkerung für eine Verwahrung auch des gering strahlenden Mülls auf den Kraftwerksgeländen einzusetzen.

Dirk Seifert

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