URENCO Uranfabriken: Informiertes Schweigen, ein MoU und eine Uran-Bank
Die Bundesregierung hält beim geplanten Verkauf der Uranfabriken der URENCO am Kurs der informierten Verschwiegenheit fest. So kommentiert Hubertus Zdebel die jüngste Antwort der Bundesregierung auf seine Kleine Anfrage über den Ende Dezember abgeschlossenen Markttest zum Verkauf der Urananreicherungsfabriken der URENCO in Gronau sowie in England und den Niederlanden. E.on und RWE, die gemeinsam ein Drittel an diesem Unternehmen halten, sowie die Eigentümer Großbritannien und die Niederlande wollen diese brisante Technologie über den Weltmarkt anbieten. Über den URENCO-Verkauf sagt die Bundesregierung wenig, berichtet aber über ein MoU und eine Uran-Bank in Kasachstan.
- Die Antworten auf die Anfrage (Drucksache 18/4433) sind hier als PDF.
- Verkauf der Uranfabriken von URENCO – Urananreicherung als “Schlüssel zu Atomwaffen” (Außenminister Steinmeier, 2007)
- Risiko atomwaffenfähiges Uran – Bundestagsabgeordneter beim Ostermarsch 2015 in Gronau
Die URENCO stellt leicht-angereichertes Uran für den Einsatz in Atomkraftwerken her. Allerdings könnte mit der eingesetzten Zentrifugen-Technik auch hoch-angereichertes Uran erzeugt werden, das für den Einsatz in Uran-Waffen genutzt werden könnte. Aufgrund dieser auch militärischen Brisanz ist der geplante Verkauf mir enormen Risiken behaftet.
Keine Aussagen zum Verkaufs-Test
Vom September bis zum Dezember 2014 – so bestätigt die Bundesregierung jetzt – hat ein sogenannter Markttest der Eigentümer stattgefunden, mit dem festgestellt werden sollte, welche Interessenten es gibt und vor allem welche Preise sich bei einem Verkauf erzielen lassen.
Während die Bundesregierung sind grundsätzlich in allen Fragen informiert gibt, will sie über Einzelheiten zu diesem Markttest aber nichts sagen. „Im Detail“ ist sie nicht unterrichtet, da sie kein Eigentümer sei, sondern lediglich im Rahmen der Kontroll-Verträge von Almelo über die Sicherheit hinsichtlich der Gefahren zur Weiterverbreitung der Anreicherungstechnik beteiligt ist. Daher macht die Bundesregierung keinerlei Aussagen darüber, wie viele Bewerber am Markttest teilgenommen haben oder aus welchen Ländern diese stammen.
Einen möglichen Verkaufstermin gibt es nach Aussagen der Bundesregierung bisher nicht. Aussagen von RWE-Chef Peter Terium, der jüngst in der Presse davon gesprochen hat, dass ein Verkauf in 2015 nicht mehr erwartet wird, wollte die Regierung nicht kommentieren.
Da die URENCO auch eine Urananreicherungsanlage in den USA betreibt und das für Forschung und Bau von Zentrifugen zuständige Tochterunternehmen Enrichment Technology Company (ETC) zu gleichen Anteilen mit dem französischen Atomkonzern AREVA betrieben wird, hatte Zdebel auch nach der Beteiligung der USA und Frankreichs gefragt.
Die Bundesregierung teilt dazu mit, dass diese nicht in die Verkaufsverhandlungen einbezogen sind. Allerdings wurde Frankreich im Rahmen des für die ETC-Zusammenarbeit bestehenden Vertrags von Cardiff über „den Stand möglicher Anteilsveränderungen bei URENCO informiert“. Zu den USA heißt es – ohne den bestehenden Vertrag von Washington für den Betrieb der Urananreicherungsanlage in New Mexico zu nennen – dass diese „in einer Sitzung im September 2014 durch Vertreter der Bundesregierung und der Regierungen von Großbritannien und der Niederlande informiert“ wurde.
Memorandum of Understanding
Eine vagen Hinweis liefert die Bundesregierung über die rechtlichen Rahmenbedingungen, mit denen der Verkauf bzw. die erforderliche Kontrolle durch die drei Staaten Deutschland, Großbritannien und Niederlande hinsichtlich der Weiterverbreitungs-Risiken geregelt werden soll. Neben dem weiterhin bestehenden „Vertrag von Almelo“ von 1970 solle das „völkerrechtliche Instrument eines Memorandum of Understanding (MoU) zwischen den drei Regierungen“ eingesetzt werden.
Internationale Uran-Bank in Kasachstan!
Außerdem nimmt die Bundesregierung Stellung zu Fragen von Hubertus Zdebel zu früheren Äußerungen des Außenministers Walter Steinmüller (SPD), der 2007 mit Blick auf die Urananreicherungs-Technik auf Mängel des internationationalen Kontrollsystems im Rahmen des Atomwaffensperrvertrags hingewiesen hatte (siehe unten).
Um das Risiko auszuschließen, dass Staaten die Urananreicherungstechnik zur Brennstoff-Versorgung ihrer Atomkraftwerke für militärische Zwecke missbrauchen, müsste demnach eine Liefergarantie für nuklearen Brennstoff für den Einsatz in AKWs garantiert werden. Das könnte über die Einrichtung einer von der IAEO kontrolliereten internationalen LEU-Uran-Bank (leicht-angereichertes (enriched) Uran) gewährleistet werden, sagt die Bundesregierung. Durch eine solche Uran-Bank würde dieser Logik zufolge, der Aufbau jeweils nationaler Urananreicherungsfähigkeiten entbehrlich werden.
Allerdings geht es mit dem Aufbau dieser Uran-Bank offenbar nicht so richtig voran. Ausgerechnet in Kasachstan wird die Uran-Bank geplant, wie die Bundesregierung mitteilt: „Kasachstan hat sich 2011 als Sitzstaat für die LEU-Bank zur Verfügung gestellt. Die IAEO verhandelt zurzeit weiter mit Kasachstan über ein Sitzstaatsabkommen sowie mit Russland über eine Transitvereinbarung. Erst nach Abschluss der Verhandlungen kann mit dem Bau begonnen werden. Die EU hat 25 Mio. Euro Unterstützung für den Aufbau der LEU-Bank zugesagt, von denen bereits 20 Mio. Euro an die IAEO ausgezahlt wurden. Aufbau und Management der LEU-Bank liegen in der Verantwortung der IAEO.
Weitere Einzelheiten können der Webseite der IAEO entnommen werden (http://www.iaea.org/OurWorUST/NE/NEFWAssurance-of-Supply/iaea-leu-bank.html).“
Wie brisant die Urananreicherungstechnik ist, zeigt ein Statement aus dem Jahr 2007 von dem damaligen und heutigen Außenminister Franz-Walter Steinmeier (SPD) gegenüber dem Handelsblatt: “Die Urananreicherung ist ein klassischer Weg, um nuklearen Brennstoff herzustellen. Diese aufwändige Technologie ist aber auch der Schlüssel zu Atomwaffen. Man muss also Wege finden, wie jeder Staat Kernenergie uneingeschränkt friedlich nutzen kann, ohne dass damit der Griff nach der Bombe möglich wird. Der Atomwaffensperrvertrag geht auf dieses Problem bislang nicht ein.” (Siehe hier Auswärtiges Amt http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Infoservice/Presse/Interviews/2007/070502-Handelsblatt.html)