Linksfraktion scheitert mit Antrag – GroKo spendiert fünf Milliarden Euro Steuererleichterung für Atomkonzerne
Ende 2016 wird die sogenannte Kernbrennstoffsteuer auf Uran für den AKW-Einsatz entfallen. Das bedeutet für die Atomkonzerne bis zum Ende der Laufzeit der Reaktoren eine Steuererleichterung von fünf Milliarden Euro bis Ende 2022. Atomstrom wird in Deutschland billiger. Der Abgeordnete Hubertus Zdebel und die Fraktion DIE LINKE scheiterten heute in namentlicher Abstimmung gegen die Stimmen der Großen Koalition mit einem Antrag, diese Uran-Steuer entsprechend zu verlängern.
- Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Antrag „Keine Steuerbefreiung für Atomkraftwerke ‒ Die Brennelementesteuer muss bleiben“ (Drucksache 18/9124) (PDF)
In seiner Rede stellte Hubertus Zdebel, Sprecher für Atomausstieg der Fraktion DIE LINKE nicht nur klar, warum diese Steuer auch weiterhin erforderlich ist und dass es keinen Grund gäbe, den Atomkonzernen weitere fünf Milliarden Euro an Steuererleichterungen zu schenken. An die SPD-Fraktion richtete der den Appell, den Worten nun endlich Taten folgen zu lassen und dem Antrag zuzustimmen. Die Bundesumweltministerin und auch viele SPD-Abgeordnete hatten die Verlängerung der Uran-Steuer bzw. der Kernbrennstoffsteuer als sinnvoll und richtig bezeichnet.
Weitere Informationen und Videos…
- Die Rede ist hier als Video auf YouTube im Channel der LinksFraktion zu sehen.
- Die gesamte Debatte zur Verlängerung der Brennelementesteuer im Bundestag ist hier in einem Video auf der Seite des Bundestags zu hören und zu sehen.
*** Rede des Abgeordneten Hubertus Zdebel, Fraktion DIE LINKE.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Im Jahr 2010 beschloss die damalige Bundesregierung, den Brennstoff der Atomkraftwerke, also Uran oder Plutonium, bis zum Ablauf des Jahres 2016 zu besteuern. Wenn jetzt also nichts passiert, läuft diese Brennelementesteuer in einigen Wochen aus. Wir Linken wollen, dass diese sinnvolle Steuer bleibt. Mit unserem Antrag wollen wir erreichen, dass die Brennelementesteuer bis zum Ende der Laufzeit sämtlicher Atomkraftwerke, also bis 2022, weitergeführt wird.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Christian Petry (SPD) und Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Gründe, warum die Erhebung dieser sinnvollen Steuer damals auf 2016 befristet wurde, wurden nie genannt. Ich habe auch in dem jetzigen Redebeitrag des Kollegen Schindler kein wirklich ernsthaftes Argument gehört, warum diese Befristung in irgendeiner Form sinnvoll wäre.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Zuruf des Abg. Norbert Schindler (CDU/CSU))
Auch der Redner der CDU/CSU-Fraktion sprach damals, im Jahre 2010, davon, dass diese Steuer – ich zitiere jetzt wörtlich – „aus ökologischen und ökonomischen Gründen … richtig und zielführend“ sei. Daran hat sich absolut nichts geändert, und genau deswegen muss die Erhebung der Brennelementesteuer jetzt auch verlängert werden.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Lothar Binding (Heidelberg) (SPD))
Der Verzicht auf die weitere Erhebung dieser Steuer bedeutet für die Atomkonzerne eine Entlastung in Höhe von rund 5 Milliarden Euro auf die Gesamtzeit bis 2022 gerechnet. Ferner würde der Verzicht eine Verbilligung des Atomstroms mit sich bringen. Wir halten das für ein völlig falsches Signal für den Atomausstieg und die Energiewende.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Hinzu kommt: Das Auslaufen der Brennelementesteuer wirkt schon. Eigentlich waren für das Jahr 2016 aus der Brennelementesteuer Einnahmen in Höhe von rund 1,1 Milliarden Euro eingeplant; aber die Atomkonzerne haben bereits in diesem Jahr trickreich die Schlupflöcher genutzt, immer in der Erwartung, dass die Steuer 2016 ausläuft. Soweit bekannt, haben wohl alle AKW-Betreiber im laufenden Jahr den Einsatz neuer Brennelemente unterlassen und auf das Frühjahr 2017 verschoben, um so die Steuerzahlungen für das Jahr 2016 vermeiden zu können.
Die Befristung der Brennelementesteuer reiht sich außerdem in eine ganze Reihe von Maßnahmen zur Notbeatmung der großen Energiekonzerne ein. Über das Desaster von Gabriel, was den Klimaschutzplan angeht, ist heute Morgen in der Debatte über die Klimakonferenz in Marrakesch schon genügend diskutiert worden. Sie alle wissen aber auch – Kollege Schindler hat es gerade angesprochen -, dass der Bundestag in den nächsten Wochen eine weitere und noch viel größere Entlastung für die Atomkonzerne beschließen soll. Da geht es darum, das jahrzehntelang hochgehaltene Versprechen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern zu brechen, dass die Atomkonzerne die volle Verantwortung und vor allem die vollen Kosten für den Atommüll übernehmen müssen, wie es auch im Atomgesetz festgeschrieben worden ist.
Für eine billige Einmalzahlung sollen sich diese Konzerne von der Haftung und von der Nachschusspflicht für die Kosten der Atommülllagerung befreien können; so hat es die Bundesregierung bereits beschlossen. Damit wird das Verursacherprinzip außer Kraft gesetzt. Das vielgepriesene Unternehmerrisiko gilt bei der Atomenergie offenbar nur, wenn es den Konzernen sichere Gewinne bringt. Für die Verluste und die finanziellen Risiken für den Atommüll sollen am Ende wieder einmal die Bürgerinnen und Bürger einstehen.
Faktisch ist die Befristung der Brennelementesteuer eine Subventionierung der Atomunternehmen im ganz großen Stil. Dass die CDU/CSU einen solchen Kurs zugunsten der Atomwirtschaft fährt, verwundert sicher niemanden. Aber wir haben ja auch noch die SPD im Bundestag. Die Umweltministerin Barbara Hendricks und auch Kolleginnen und Kollegen aus der SPD haben sich in den letzten Monaten wiederholt für eine Fortsetzung der Erhebung dieser Brennelementesteuer ausgesprochen. Und der Berichterstatter der SPD, Christian Petry, der gleich im Anschluss an mich reden wird, merkte im Finanzausschuss zu unserem Antrag an, darin seien „viele richtige Dinge“ enthalten. Dann sagte er wörtlich – Zitat -:
Man könnte dem vorliegenden Antrag der Fraktion DIE LINKE. zustimmen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Ingrid Arndt-Brauer (SPD))
Ja, liebe Genossinnen und Genossen von der SPD, dann tut das doch einfach! Stimmt unserem Antrag zu! Gleich bei der namentlichen Abstimmung habt ihr die Chance dazu.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Zum Schluss noch: Es wäre wünschenswert, wenn bei der Abstimmung über unseren Antrag nicht der Koalitionszwang, sondern Vernunft und Gerechtigkeit zum Tragen kommen würden. Die Zeit für Steuergeschenke für den Betrieb von Atomkraftwerken muss endlich vorbei sein!
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsidentin Ulla Schmidt:
Vielen Dank. – Jetzt hat der Kollege Christian Petry, SPD-Fraktion, das Wort.
(Beifall bei der SPD)
***
Auf der Homepage des Bundstags wurde über den Antrag von Hubertus Zdebel und die Fraktion DIE LINKE das folgende veröffentlicht:
Die Fraktion Die Linke fordert, die Brennelementesteuer beizubehalten. Ein entsprechender Antrag (18/9124) wird am Donnerstag, 10. November 2016, ab 15.20 Uhr 45 Minuten lang abschließend beraten. Der Finanzausschuss hat dazu eine Beschlussempfehlung (18/10094) vorgelegt, über die der Bundestag namentlich abstimmt.
Die Debatte wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet unter www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
In der Vorlage mit dem Titel „Keine Steuerbefreiung für Atomkraftwerke – Die Brennelementesteuer muss bleiben“ führt die Linksfraktion aus, dass es für die Befristung der Steuer bis Ende 2016 keine „plausiblen Gründe“ gebe. Stattdessen solle die Steuer bis 2022 erhoben werden. Dann endet die Genehmigung für den Betrieb von Atomkraftwerken in Deutschland.
Steuer soll bis 2022 erhoben werden
Es sei mit zusätzlichen Einnahmen von zirka fünf Milliarden Euro zu rechnen. Die Steuer sei auch vor dem Hintergrund der Empfehlungen der Atom-Finanzkommission sinnvoll, heißt es in dem Antrag weiter. Die Kommission hatte die „Enthaftung“ der Atom-Konzerne gegen Zahlung eines „Risiko-Aufschlags“ in Hinblick auf Zwischen- und Endlagerung vorgeschlagen. (nal/09.11.2016)