Weniger Lärm: BUND Hamburg will Nachtflüge einschränken

Weniger Lärm: BUND Hamburg will Nachtflüge einschränken

Mit einer Volkspetition will der BUND in Hamburg das bestehende Nachtflugverbot am Flughafen erweitern und Ausnahmen strenger kontrollieren lassen. „Wir fordern den Hamburger Senat und die Bürgerschaft auf, die Betriebserlaubnis für den Hamburg Airport so zu beschränken, dass werktags von abends 22 Uhr bis morgens 6 Uhr keine Flüge mehr stattfinden. Für Sonn- und Feiertage muss das Nachtflugverbot von 22 bis 8 Uhr gelten“, heißt die Forderung. Wenn diese von 10.000 WahlhamburgerInnen unterschrieben wurde, muss sich die Bürgerschaft mit dem Anliegen befassen. Die Stadt kann als Mehrheitseignerin des Flughafens eine entsprechende Betriebserlaubnis beantragen, die Wirtschaftsbehörde müsste dieser stattgeben. Mit einer Aktion am Flughafen hatte der BUND Hamburg diese Lärmschutz-Kampagne in der letzten Woche gestartet. In Wien hat ein Gericht vor kurzem den Neubau einer Start- und Landebahn sogar aus Klimaschutzgründen (Tagesspiegel) untersagt. (*)

Der AK Flugverkehr des BUND ist ziemlich sauer: „Die Lärmsituation am Hamburger Flughafen ist für die Anwohner*innen kaum noch zu ertragen. Insbesondere die Zahl der besonders störenden Flugbewegungen in der Nacht nach 22 Uhr ist in den letzten fünf Jahren kontinuierlich angestiegen – und dies trotz der sogenannten „Pünktlichkeitsoffensive“ von Senat und Flughafen.“

Nach Einschätzung des Umweltverbands stört der Flugverkehr in Hamburg die Nachtruhe von bis zu 100.000 Menschen in der Stadt und dem nördlichen Umland empfindlich. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depressionen und verminderte Konzentrationsfähigkeit bei Schulkindern sind die Folgen. Geschäftsführer Manfred Braasch ergänzt: „Es gibt ein Grundrecht auf körperliche und seelische Unversehrtheit, aber kein Recht auf Mobilität zu jeder Tages- und Nachtzeit. Der Flugbetrieb am Hamburger Airport ist schon tagsüber eine enorme Belastung. Eine konsequente Nachtruhe von 22–6 Uhr ist schlicht ein Gebot der Fairness gegenüber den Menschen, die dort leben“.

Martin Mosel, Sprecher des BUND-Arbeitskreises „Luftverkehr“, ergänzt: „Jeder Rasenmähereinsatz ist stärker reglementiert als der Flugbetrieb am Airport Hamburg.  Bislang haben alle Ankündigungen zur Lärmminderung, auch der 16-Punkte-Plan von Senat und Flughafen, die Lage eher verschlechtert als verbessert.“

Bereits im Januar hatte der Hamburger BUND auf die wachsenden Lärmbelastungen durch den Hamburger Flughafen aufmerksam gemacht und kritisiert: „Fluglärm macht krank und es wird immer lauter am Airport. Die Lebensqualität vieler Hamburger wird den Interessen des Flughafens untergeordnet. Die groß angekündigte Pünktlichkeitsoffensive von Airport und Airlines hat erkennbar nichts gebracht und die politischen Beschwichtigungsversuche laufen ins Leere. Jetzt hilft nur ein klares Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr“, so Braasch.

In der Januar-PM ist weiter zu lesen: „Das Lärmkontingent beschreibt die flächenmäßige Ausbreitung des Fluglärms oberhalb von 62 dB (A) Dauerschall und wird in Hamburg seit 1999 genormt berechnet. In 2016 umfasste die Fläche, in der Anwohner dieser Dauerbelastung ausgesetzt sind, 13,96 Quadratkilometer gegenüber 13,1 km² im Jahr 2000.

Derzeit sind am Hamburger Flughafen Flüge zwischen 22 und 23 Uhr erlaubt, verspätete Landungen sind auch zwischen 23 und 24 Uhr möglich. Die für die Menschen besonders belastenden Flugbewegungen zwischen 22 und 24 Uhr lagen im Jahr 2012 noch bei 5.165, im letzten Jahr waren es bereits 7.088. Dies entspricht einer Zunahme von fast 30 Prozent. Die gesundheitlichen Folgen von gestörter Nachtruhe sind erheblich. Der Zusammenhang zwischen Fluglärm und einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen und Depressionen ist wissenschaftlich belegt.

Der BUND Hamburg sieht zudem das enorme Wachstum des Flughafens kritisch. Seit 2013 kommen jedes Jahr rund eine Millionen Passagiere hinzu. Trotz größerer Flugzeuge ist dies zwangsläufig mit mehr Lärm und einer größeren Belastung für die Anwohner verbunden. Der Passagierzuwachs von einer Million verursachte eine Zunahme von ca. 10.000 Flügen. „Ein innerstädtischer Flughafen kann nicht grenzenlos wachsen.“ Betreiber und Senat müssen darauf eine nachhaltige Antwort finden und nicht noch mehr Billigflieger nach Hamburg locken“, so Manfred Braasch.“

Flugverkehr ist nicht nur Lärm

Im Tagesspiegel berichtet Dagmar Dehmer aktuell auch über ein Urteil, das europaweit von großem Interesse sein dürfte: „Der Sprecher der Flughafen Wien AG, Peter Kleemann, kann es noch immer kaum fassen, was das Bundesverwaltungsgericht Wien am 2. Februar entschieden hat: Die dritte Start- und Landebahn des Flughafens Wien darf aus Gründen des Klimaschutzes nicht gebaut werden. In der Urteilsbegründung heißt es: „Das Vorhaben zu Errichtung und Betrieb der dritten Piste widerspricht den öffentlichen Interessen des Umweltschutzes, insbesondere des Klimaschutzes.“ Und weiter: „Grundsätzliche Rechtsfragen haben sich in dem Verfahren nicht gestellt, eine ordentliche Revision wurde daher nicht zugelassen.““

In Österreich selbst hat es heftige Reaktionen auf dieses Urteil gegeben: „Flughafen Wien: Harte Kritik an „politischem Urteil“. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, die dritte Piste zu untersagen, wird von Umweltorganisationen bejubelt. Kritiker halten sie für eine „Themenverfehlung““, heißt es beispielsweise bei Die Presse. Die Stadt Wien hat erklärt, mit allen Mitteln gegen dieses Urteil vorzugehen.

Die Berliner Journalistin hat einige Anwälte gefragt, ob derartige Urteile auch in Deutschland denkbar wären: „Wäre ein Urteil wie das in Wien auch in Deutschland möglich? Darüber sind die Meinungen unter Umweltjuristen geteilt. Roda Verheyen sagt ohne lange nachzudenken: „Ja. Natürlich ist das möglich.“ Ein weiterer Anwalt wird erwähnt: „Der Berliner Umweltanwalt Remo Klinger kann sich nicht recht vorstellen, dass ein Urteil wie in Wien in Deutschland nach bisheriger Praxis der Gerichte möglich wäre.“ Ausführlich lässt Dehmer den Anwalt Hartmut Gassner zu Wort kommen, der meint, dass es nicht länger „zur Verfehlung der Reduktionsziele auf der einen Seite und der Zulassung klimaschutzschädlicher Großvorhaben auf der anderen Seite kommen“ dürfe und kommt zu der abwägenden Aussage: „Im Ergebnis hätte aber auch das deutsche Bundesverwaltungsgericht dieselben Kritikpunkte anführen können.“ In Deutschland hätte es allerdings nicht den Bau der dritten Start- und Landebahn verbieten können, sondern hätte das Verfahren lediglich an die „zuständige Planfeststellungsbehörde“ zurückverweisen können. Er glaubt, dass der „europarechtlich gebotene und in Deutschland nachvollzogene Ausbau der Rechtsschutzmöglichkeiten für Verbände“ den Rechtsschutzrahmen aufzeige, „der vergleichbare Entscheidungen auch in Deutschland in Zukunft eröffnen kann“.“

So oder so verweist das Urteil auf einen wichtigen Aspekt, der künftig mit Blick auf die wachsenden Klimabelastungen des Flugverkehrs sicher eine Rolle spielen werden.

(*) Der Autor ist Mitglied im Landesvorstand des BUND Hamburg

Dirk Seifert

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