AKW Brokdorf: Absturz einer A380 spielt keine Rolle – Grüner Minister Habeck lehnt Antrag auf Stilllegung ab

AKW Brokdorf: Absturz einer A380 spielt keine Rolle – Grüner Minister Habeck lehnt Antrag auf Stilllegung ab

Das unter Leitung des grünen Ministers Robert Habeck stehende Energieministerium in Schleswig-Holstein hat wenige Tage vor den  Landtagswahlen einen Antrag auf Widerruf der Betreibsgenehmigung für das AKW Brokdorf abgelehnt. Den Antrag hatte der Rechtsanwalt Ulrich Wollenteit bereits im letzten Jahr im Auftrag zweier Kläger und mit Unterstützung von Greenpeace gestellt. In der Begründung wird unter anderem der Vorwurf erhoben, das AKW Brokdorf sei gegen terroristische Angriffe z.B. mit großen Flugzeugen nicht ausreichend gesichert. Der Großflieger A380 wird in den Betrachtungen nicht berücksichtigt. Zuletzt am 10. März hatte es einen Luft-Terror-Alarm über Deutschland gegeben, bei dem in den deutschen Atomkraftwerken, darunter auch Brokdorf, das Betriebspersonal teilweise evakuiert wurde. Diese Alarme werden als RENEGADE-Fall bezeichnet. Zu dem Flugzeug bestand für ca. eine Stunde kein Funkkontakt und das wurde daher als möglicherweise terroristischer Vorfall bewertet.

In einer Presseerklärung (siehe unten als Dokumentation) verweist die Initiative Brokdorf Akut zur Begründung der Klage für die Stilllegung des AKW Brokdorf auch auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Schleswig, welches wegen unzureichender und fehlerhafter Nachweise die Genehmigung für das mit hochradioaktivem Atommüll bestückte Zwischenlager am AKW Brunsbüttel aufgehoben hatte. Bei diesem Urteil stellte das Gericht auch fest, dass die Nachweise mit Blick auf den Großflieger A380 nicht ausreichend erfolgt sind.

Empört reagieren Karsten Hinrichsen und Eilhard Stelzner von Brokdorf akut auch darauf, dass die Kieler Atomaufsicht die Ablehnung u.a. damit begründet, „dass „die nunmehr ohnehin sehr begrenzte Restlaufzeit von 56 Monaten zu berücksichtigen“ sei. Diese Verharmlosung der Gefahr, die das AKW Brokdorf für die Menschen in Schleswig-Holstein bedeutet, hat die Kläger sehr betroffen gemacht.“

Weiter heißt es in der PM: „Das MELUR missachte die aktuelle Rechtslage und behauptet in ihrem Schriftsatz, das AKW Brokdorf müsse nur gegen einen A 340-600 ausgelegt werden, der nur halb so viel Treibstoff mit sich führt wie ein A 380. Die Behörde bezieht sich dabei auf  Vorgaben des Länderausschusses für Atomkernenergie, der davon ausgeht, dass der A340 „in der Regel als exemplarischer Flugzeugtyp angesehen werden kann“.“

Dieser Länderausschuss für Atomkernenergie – Hauptausschuss – (an dem natürlich auch der Bund beteiligt ist), hat am 31. August 2016 einen Beschluss zum Thema „Rechtlicher Rahmen der Beurteilung des Szenarios ,Terroristischer Flugzeugabsturz‘ durch die Exekutive“ gefasst und im September im Amtlichen Bundesanzeiger teilweise veröffentlicht (PDF).

In dem Ausschuss sind auch die von den Grünen geführten Landesministerien Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg mit am Tisch! In den Beschlüssen wird u.a. festgestellt, das der „Terroristische Flugzeugangriff“ als Szenario NICHT in die Lastannahmen aufgenommen wurde! Der A380 spielt in den Betrachtungen ebenfalls keine Rolle – obwohl genau dieses Flugzeug beim o.g. Urteil des OVG Schleswig – bestätigt durch das Revisionsurteil des Bundesverwaltungsgerichts – zentrale Bedeutung hatte. Der Länderausschuss bezieht sich hier auf die Reaktorsicherheitskommission, ein Beratergremium der Bundesregierung, das nach Fukushima die deutschen AKWs prüfte. Statt den real existierenden A380 einzubeziehen, wird „als schwerste Verkehrsmaschine exemplarisch“ lediglich ein Airbus A340-600 betrachtet, der „vergleichbar hinsichtlich der Lasten der Einwirkungen auf Gebäude mit einer Boeing 747, sogenannter Jumbojet“ wäre.

Dokumentation:

Initiative Brokdorf-akut, c/o Karsten Hinrichsen,  Eilhard Stelzner.

 Pressemitteilung vom 4. Mai 2017: Minister Habeck will AKW Brokdorf wieder ans Netz lassen
Die Atomaufsichtsbehörde in Kiel hat die Betriebsgenehmigung für das AKW Brokdorf vor dem OVG Schleswig vehement verteidigt. Zwei Kläger hatten – unterstützt von Greenpeace – beantragt, die Betriebsgenehmigung für das AKW Brokdorf zu widerrufen, weil es u. a. nicht gegen terroristischen Flugzeugabsturz ausgelegt sei. Minister Habeck ließ nach 9 Monate langem Schweigen am 13. April 2017 beantragen, den Antrag abzuweisen.

Die Kläger begründen ihre Klage mit den temporären Maßnahmen, die an AKW-Standorten getroffen werden (sog. Renegade-Voralarm), wenn der Funkkontakt zu einem Verkehrsflugzeug abbricht: dann steigen Abfangjäger der Bundeswehr auf und Atomkraftwerke werden teilevakuiert – seit dem Jahr 2010 bereits sechsmal.

Die Kläger verweisen in diesem Zusammenhang auf das vom Bundesverwaltungsgericht bestätigte Urteil des Oberverwaltungsgerichts Schleswig, das dem atomaren Zwischenlager in Brunsbüttel die Betriebsgenehmigung entzogen hatte, weil dessen Sicherheit gegen den Absturz eines Airbus A 380 nicht nachgewiesen wurde. Gleiches gelte auch für das AKW Brokdorf, das nur gegen den Absturz einer Militärmaschine vom Typ Phantom ausgelegt ist.

Das MELUR missachte die aktuelle Rechtslage und behauptet in ihrem Schriftsatz, das AKW Brokdorf müsse nur gegen einen A 340-600 ausgelegt werden, der nur halb so viel Treibstoff mit sich führt wie ein A 380. Die Behörde bezieht sich dabei auf  Vorgaben des Länderausschusses für Atomkernenergie, der davon ausgeht, dass der A340 „in der Regel als exemplarischer Flugzeugtyp angesehen werden kann“.

Weiter begründet der Minister seinen Antrag auf Abweisung der Klage damit, dass „die nunmehr ohnehin sehr begrenzte Restlaufzeit von 56 Monaten zu berücksichtigen“ sei. Diese Verharmlosung der Gefahr, die das AKW Brokdorf für die Menschen in Schleswig-Holstein bedeutet, hat die Kläger sehr betroffen gemacht.

i. A.     Karsten Hinrichsen, email: karsten-hinrichsen@web.de

Dirk Seifert

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