Atommüll-Zeche: Aufbau des Entsorgungs-Fonds läuft an – Gabriel will Europa damit finanzieren

Atommüll-Zeche: Aufbau des Entsorgungs-Fonds läuft an – Gabriel will Europa damit finanzieren

Noch ist das Gesetz zur Finanzierung der künftigen Atommüll-Entsorgung nicht in Kraft, aber die Strukturen für den neuen öffentlich-rechtlichen Fonds, der die rund 24 Mrd Euro aus den Rückstellungen der Atomkonzerne künftig verwalten soll, sind im Aufbau. Weil noch eine Entscheidung der EU aussteht, kann das Gesetz und damit auch der Fonds noch nicht wirksam werden. Diese Entscheidung aber wird noch im Mai erwartet. Jetzt sind die drei Vorstandsmitglieder benannt, die künftig erreichen sollen, dass dieser Entsorgungsfonds über die Jahre die derzeit „ehrgeizige“ Zielsetzung einer Verzinsung von 4,58 Prozent erreichen soll, um die „geplanten“ Kosten für die gesamte Atommülllagerung einzuspielen. Außenminister Gabriel will mit den 24 Mrd Euro jetzt ein EU-Investitionsprogramm unterstützen.

Über die Pläne von Gabriel berichtet u.a. der Energate-Messenger. „Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) möchte den Fonds für atomare Entsorgung zur Stärkung der EU einsetzen. Er regt an, den deutsch-französischen Elysee-Vertrag von 1963 mit einem deutsch-französischen Pakt für die Zukunft Europas fortzuschreiben. Dessen Herzstück soll ein Investitionsprogramm für junge Unternehmen, Forschung, Verkehrsinfrastruktur und digitale Netze bilden, berichtet der „Spiegel“ mit Bezug auf ein fünfseitiges Konzept Gabriels. Zur Finanzierung des Investitionsprogramms könnten nach Vorstellungen von Gabriel die Milliardenrücklagen genutzt werden, die die deutschen Atomkonzerne in den Fonds zur atomaren Entsorgung einlegen. „Warum denken wir nicht darüber nach, einen Teil der bereits zur Verfügung stehenden, gewinnbringend anzulegenden Gelder aus dem deutschen Fonds zur Finanzierung der atomaren Zwischen- und Endlagerung nutzbar zu machen und durch entsprechende private und öffentliche Finanzmittel aus Frankreich zu ergänzen?“, zitiert der Spiegel aus dem Papier.“

Noch aber ist der Fonds im Aufbau und die Frage, ob er sein Ziel erreichen kann, steht in den Sternen. Nicht nur, dass die 4,58 Prozent in der derzeitigen Welt eine echte Anforderung darstellen. Viele Experten gehen davon aus, dass die künftigen Kosten faktisch deutlich höher liegen dürften, als bislang vorgesehen. Damit wären dann sogar höhere Renditen erforderlich, wenn die Kosten-Risiken nicht schlicht auf die SteuerzahlerInnen überwälzt werden sollen. Grüne, SPD und CDU/CSU hatten gegen die Stimmen der Linken im Bundestag Ende letzten Jahres in einem Gesetz zur Neuordnung der Entsorgung die  Atomkonzerne gegen die Einmalzahlung dieser 24 Mrd. Euro in den jetzt in Entstehung befindlichen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsfonds von jeglicher künftiger Haftung befreit und damit die Risiken auf die SteuerzahlerInnen verlagert.

Die Rheinische Post hatte in der letzten Woche bereits über die Personalplanungen im Kuratorium des Fonds etwas spekuliert. Die Süddeutsche berichtete nach der Sitzung des Kuratoriums am letzten Donnerstag dann ausführlich, über die Besetzung des künftigen Vorstands.

Dort schreibt Michael Bauchmüller: „Die Bundesregierung hat für die Verwaltung des milliardenschweren Atomfonds offenbar professionelle Manager gefunden. Wie aus Regierungskreisen verlautete, soll der Vorstand von der Commerzbank-Aufsichtsrätin Anja Mikus geleitet werden. Mikus war von 2001 bis 2013 Investment-Chefin der Fondsfirma Union Investment. Zuletzt verantwortete sie das Anlagegeschäft des britischen Fondsmanagers Arabesque. Zum „Chief Operation Officer“ soll den Informationen zufolge Victor Moftakhar berufen werden. Er leitete zuletzt die Geschäftsführung des Sparkassen-Unternehmens Deka Investment. Zum „Chief Risk Officer“ solle Jürgen Seja bestellt werden. Zuvor saß er 17 Jahre lang im Vorstand der Mecklenburgischen Versicherungsgruppe in Hannover. Entsprechende Verhandlungen mit den dreien seien eingeleitet, hieß es.“

Im Kuratorium des Entsorgungsfonds – so eine Art Aufsichtsrat – sind Mitglieder der Bundesregierung und des Bundestages vertreten. Der Kreis gibt sozusagen die Richtlinien vor. Die konkrete Arbeit wird der Vorstand betreiben.

Auf die Kostenprobleme verweist die SZ: „Wie hoch diese Kosten sein werden, wann sie anfallen, weiß heute niemand. Denn den größten Anteil wird die Einrichtung eines Atom-Endlagers verschlingen. Dafür allerdings hat noch nicht einmal die Suche so richtig begonnen, seit Kurzem stehen erst die Kriterien, denen es genügen soll. Jede Klage, jedes unvorhergesehene Problem beim Bau kann die Kosten nach oben treiben. Mindestens über die nächsten 60, wenn nicht 100 Jahre muss der Fonds deshalb mit den Milliarden klarkommen.“

Nicht nur das: Weil die Endlager-Suche deutlich länger dauern könnte, als im Gesetz festgelegt, wird sich auch die Zwischenlagerung der hochradioaktiven Abfälle deutlich verlängern. Das wirft neue Sicherheitsfragen auf, denn bislang sind für die Zwischenlagerung der Castoren nur 40 Jahre geprüft. Hinzu kommt, dass Nachrüstungen oder gar Neubauten der Zwischenlager aufgrund z.B. neuer Terror-Bedrohungen weitere Milliarden-Summen beanspruchen könnten.

Auch bei der Lagerung leicht- und mittelradioaktiver Abfälle, für die der Schacht Konrad vorgesehen ist, ist eher wahrscheinlich, dass die Kosten weiter steigen werden. Erst vor wenigen Tagen hatte der Bundesrechnungshof eine entsprechende Kritik über die Kostensteigerungen auf den Tisch gelegt (NDR). Große Mengen solcher Abfälle werden mit dem Beginn des Abrisses der Atommeiler in den nächsten Jahrzehnten erst noch entstehen. Die Zwischenlagerung dafür ist ebenfalls aus dem neuen Fonds zu bezahlen. Gerade hier sehen Kritiker große Kostenunsicherheiten. Unklar ist bis heute auch, was eigentlich mit dem Atommüll aus Gronau (Urananreicherung) und der ASSE passieren soll, wenn dieser geborgen wird.

Dirk Seifert

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