Das Schmuddelkind der Weltgemeinschaft: Wie sich die Klimaheuchler zusammentun, um gegen Trump den grünen Kapitalismus zu propagieren
Aus Anlass der Braunkohleproteste, die vom 18. bis 29. August im Rheinischen Revier stattfinden werden (z.B. auch EndeGelände), befasse ich mich in einer kleinen Artikelserie mit den Hintergründen zu den Klimaprotesten, u.a. den Zielen des Pariser Klimaabkommens, der klimapolitischen Ignoranz der neuen NRW-Landesregierung und der Analyse von Karl Marx zum Verhältnis von Kapitalismus und Ökologie. Auch DIE LINKE ist Teil des Widerstands gegen die Profitmaximierung der Energieriesen auf Kosten von Mensch und Umwelt und gegen die rückwärtsgewandte Klimapolitik der Bundesregierung. Wie schon in den letzten beiden Jahren werde ich auch Ende August als parlamentarischer Beobachter bei den Protesten im Rheinischen Revier vor Ort sein. Heute möchte ich einen Blick auf die Klimapolitik von US-Präsident Trump werfen und zeigen, warum die einsetzende Empörung vielfach geheuchelt ist.
- Ende Gelände 2017 – noch ein Monat bis zum nächsten großen Klimaprotest im Rheinischen Revier
- Viel heiße Luft: Das Pariser Klimaabkommen und die „deutsche Energiewende“
„Wo zum Teufel ist die Erderwärmung?“, twitterte der heutige US-Präsident Donald Trump im Oktober 2014. Der gerissene Geschäftsmann, für den gute Politik darin besteht „Deals“ abzuschließen, hadert bis heute. Ist der menschengemachte Klimawandel eine Erfindung der Chinesen oder könnte doch etwas dran sein? Mister President ist noch immer uneins: Verspricht der Klimaschutz einen guten Deal oder sollten die USA doch zurück zur Industriepolitik der 70er Jahre? Da sich der Präsident noch kein abschließendes Urteil bilden konnte, hat er vorsorglich den Austritt der USA aus dem Pariser Klimaabkommen angekündigt. Es gelte schließlich, „Schaden“ von Amerika abzuwenden. Zugleich ließ Trump über UN-Botschafterin Nikki Haley ausrichten: „Präsident Trump glaubt, dass sich das Klima ändert, und er glaubt, dass Schadstoffe Teil der Gleichung sind“. Na immerhin.
Trumps Klimapolitik hat einen Sturm der Entrüstung entfacht und das vollkommen zurecht. Die USA sind nach China der zweitgrößte CO2-Emittent der Welt. Ohne die USA können die Pariser Klimaziele nicht erreicht werden. Stattdessen zeigt sich Trump als Freund der Kohle-, Fracking- und Ölindustrie. Mehrere Klimaschutzbestimmungen hat er bereits durch Dekrete außer Kraft gesetzt. Das Budget der Bundesumweltbehörde EPA will die US-Regierung um mindestens ein Viertel kürzen. Es ist empörend, wie dreist und ungeniert im Umfeld des republikanischen Präsidenten und seiner rechtspopulistischen Breitbart-Clique die menschliche Mitverantwortung für den Klimawandel immer wieder in Zweifel gezogen oder gleich ganz geleugnet wird. Auch der neue Leiter der EPA, der Öl- und Gas-Lobbyist Scott Pruitt, hält den menschlichen Einfluss auf den Klimawandel für marginal. Ohnehin scheint die Sorge um Mensch und Umwelt für Trump und seine Anhänger per se unter Sozialismusverdacht zu stehen, was mehr für ihren Verfolgungswahn spricht als für die realen Kräfteverhältnisse. Auch in den Kommentarspalten meiner Facebook-Seite wird gelegentlich vom „Ökofaschismus“ geraunt, was an Absurdität den Ausführungen von Trump und Co. durchaus nahe kommt.
Dennoch lohnt sich auch ein genauerer Blick auf die „Einheitsfront“, die sich gegen Trump und seine Abkehr von den Pariser Klimazielen gebildet hat. Nicht nur Linke und Umweltorganisationen kritisieren Trump für seinen Alleingang, sondern auch die „Klimakanzlerin“, diverse andere Staatschefs und die Bosse führender globaler Konzerne. Meine These: Den Klimaheuchlern und Stichwortgebern eines „grünen Kapitalismus“ bietet Trumps Klimapolitik einen willkommenen Anlass, um von ihrem eigenen Versagen abzulenken und den grünen Kapitalismus weiterhin als echte Alternative verkaufen zu können.
In der letzten Woche hatte ich thematisiert, dass die Bundesregierung krachend an ihren eigenen Klimaschutzzielen scheitert. Doch nicht nur Merkel, Macron und Co. kritisieren Trumps Alleingang, der angesichts der Haltung der Türkei nach dem G20-Gipfel allerdings so allein gar nicht mehr ist. Auch die US-Ölriesen Chevron und ExxonMobil bekräftigen ihre Unterstützung für das Pariser Abkommen, ebenso tun es Google, Apple, Disney, General Electric und viele mehr. Haben diese US-Konzerne plötzlich ihr grünes Gewissen entdeckt? Der Chef von Goldman Sachs, Lloyd Blankfein, gab uns am Tag des angekündigten US-Austritts aus dem Klimaabkommen via Twitter Auskunft, worum es eigentlich geht: „Die heutige Entscheidung ist ein Rückschlag für die Umwelt und für die Führungsrolle der Vereinigten Staaten in der Welt.“ Es geht also, wie immer im Kapitalismus, ums Geschäft und um Machtansprüche.
Die miteinander konkurrierenden Kapitalfraktionen sind sich uneinig. Diejenigen, deren Geschäftsmodell noch weitgehend auf fossilen Energieträgern beruht und die zudem eher national als international ausgerichtet sind, wollen ihre Marktposition natürlich nicht kampflos räumen. Andere Konzerne haben frühzeitiger in den Sektor der Erneuerbaren investiert und fordern nun einen konsequenten Ausbau der marktförmig organisierten Energiewende. Für sie ist der grüne Kapitalismus das neue erfolgversprechende Geschäftsmodell, also eine Wirtschaftsordnung, die sich oberflächlich von den schmutzigen Energien verabschiedet, aber an der Wachstums- und Konkurrenzlogik festhält und damit auch den Ressourcenverbrauch und die Ausbeutung von Mensch und Natur weiter vorantreibt. Die ideologischen Fürsprecher dieser heuchlerischen Politik, die weder ökologisch noch sozial ist, tummeln sich in Deutschland insbesondere in der grünen Partei. DIE LINKE spricht sich dagegen für einen konsequenten sozial-ökologischen Umbau aus, der auch bestehende Eigentumsformen in Frage stellt und den dringend nötigen Strukturwandel nicht auf dem Rücken der Belegschaften sowie der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler austrägt.
Die kapitalismuskritischen Kohleproteste im Rheinischen Revier setzen einen wichtigen Gegenakzent zur herrschenden Politik, die sich fast ausschließlich zwischen Klimawandelleugnung und -verharmlosung auf der einen Seite und dem Abfeiern des grünen Kapitalismus auf der anderen Seite bewegt. In Deutschland ist die AfD bereits seit ihrer Gründung ein Sammelbecken für „Klimaskeptiker“ und Verschwörungstheoretiker. Anfang Juni tat sich auch der rechtskonservative „Berliner Kreis“ der CDU hervor, der ansonsten hauptsächlich durch Flüchtlingshetze von sich reden macht. Man müsse den Klimawandel als „Chance“ betrachten, da durch das Schmelzen der Polkappen ganz neue Rohstoffzugänge und Handelswege entstünden. Hier wird unverhohlen hinausposaunt, dass es nicht um den Schutz von Mensch und Natur geht, sondern um imperialistische Wirtschaftspolitik.
Es ist wichtig, den Klimawandelleugnern entschieden zu begegnen. Sie wollen auch noch die zaghaftesten Versuche für mehr Klimaschutz einreißen. Die Wachstumslogik des Kapitalismus widerspricht grundsätzlich dem Ansinnen, den Ressourcenverbrauch und die Naturzerstörung zurückzufahren. Dennoch gibt es auch innerhalb dieses Systems durchaus einen Handlungsspielraum für Verbesserungen – vorausgesetzt, dass genügend Druck auf die herrschende neoliberale Politik gemacht wird. Das zeigen etwa der begonnene Atomausstieg in Deutschland und der Kohleausstieg in anderen Staaten, wobei bei beiden die Bundesregierung massiv auf der Bremse steht. Ich bemühe mich daher in meinem Engagement für DIE LINKE stets darum, parlamentarische Initiativen mit außerparlamentarischer Opposition zu verbinden.
Neben der Forderung nach konkreten Veränderungen im Hier und Jetzt ist es genauso wichtig, die vergiftete Idee eines grünen Kapitalismus zu widerlegen. Ansonsten setzt sich am Ende eine Politik durch, die der Sache nach nicht von derjenigen der Klimawandelleugner zu unterscheiden ist, sich aber marketingtechnisch geschickter verkauft. Die Klimaproteste im Rheinischen Revier verbinden aus meiner Sicht genau diese beiden Komponenten der Kritik. Trumps Ignoranz für den Schutz von Mensch und Umwelt ist skandalös, doch die Antworten der führenden Eliten in der EU und in den Konzernetagen machen es nicht besser.