Klage gegen deutsche Brennstoff-Exporte für marode AKWs

Klage gegen deutsche Brennstoff-Exporte für marode AKWs

Deutsche Uranfabriken sind vom Atomausstieg ausgenommen und versorgen weltweit Atommeiler mit dem erforderlichen Brennstoff. Für die CDU/CSU ist das trotz Tschernobyl und Fukushima kein Problem. Auch dann nicht, wenn marode AKWs in Grenznähe zur Bundesrepublik beliefert werden. Denn: Würde der Brennstoff nicht aus Deutschland kommen, würden Schweden, Spanien, Russland oder sonstwer einspringen. Dann doch lieber gut bezahlte deutsche Hilfe zum Super-Gau z.B. im belgischen Doel oder Tihange oder … . Versuche im Bundestag zu einer Stilllegung der Uranfabriken in Gronau und Lingen zu kommen, scheiterten. Die Bundesregierung kann sich nicht einmal auf ein Exportverbot für Brennstofflieferung an diese besonders maroden AKWs in Grenznähe verständigen. Problem ist nicht nur die CDU/CSU und ein Ministerpräsident Laschet in NRW (Standort der Uranfabrik Gronau). Die amtierende Bundesumweltministerin Schultze – ebenfalls aus NRW – hatte wenige Tage nach der Amtsübernahme die von ihrer Vorgängerin Hendricks konkret genannten Sicherheitsmängel als ausgeräumt erklärt und damit eine entscheidende Grundlage des staatlichen Agierens entschärft. Jetzt hat einen Handvoll Anti-Atom-Aktivisten und -Initiativen eine erneute Ausfuhrgenehmigung für Uran-Brennelemente zum Anlass genommen und Widerspruch eingelegt. Schon vor einiger Zeit hatte die Anwältin Cornelia Ziehm in einem Rechtsgutachten aufgezeigt, dass die Bundesregierung keine neuen Gesetze braucht, sondern schlicht die Exportgenehmigungen untersagen könnte, um die deutsche Beihilfe zum Betrieb der AKWs zu verhindern.

Über den Widerspruch und die Hintergründe berichtet die taz hier.

Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie, Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen, AntiAtomBonn, Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), Bündnis AgiEL / AtomkraftgegnerInnen im Emsland (Lingen), Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow- Dannenberg, Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/ Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW), Sofortiger Atomausstieg Münster (SofA Münster) Stop Tihange, Umweltinstitut München,

Pressemitteilung

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Umweltgruppen machen Ernst beim Exportstopp für Brennelemente von Deutschland nach Belgien – Widerspruch gegen Exportgenehmigung

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Aachen, Lingen, 20.04.2020

Stellvertretend für ein Bündnis aus Anti-Atom-Initiativen und -Organisationen haben mehrere Personen Widerspruch gegen die Exportgenehmigung für Brennelemente von der Atomfabrik in Lingen/Emsland zu den belgischen Atomreaktoren Doel 1 und 2 eingelegt. Ziel ist es, diese und weitere Brennstoff-Exporte an grenznahe Atomkraftwerke zu verhindern. Das Bündnis schließt hierzu weitere juristische Schritte bis hin zu einer Klage nicht aus. Sowohl der Europäische Gerichtshof (EuGH) als auch das belgische Verfassungsgericht hatten den Betrieb der beiden Uralt-Reaktoren in Doel für grundsätzlich illegal erklärt. Die deutsche Export-Genehmigung wurde Mitte März vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) trotzdem erteilt – mit Zustimmung des Bundesumweltministeriums.

Bereits im Juli 2019 hatte der EuGH die getroffene Laufzeitverlängerung von Doel 1 und Doel 2 wegen der fehlenden länderübergreifenden Umweltverträglichkeitsprüfung als nicht rechtens beurteilt. Anfang März bestätigte das belgische Verfassungsgericht in seinem Urteil einerseits, dass der Weiterbetrieb der beiden 45 Jahre alten Reaktoren unrechtmäßig ist – andererseits dürften sie aber bis Ende 2022 wegen befürchteter Versorgungsengpässe weiterlaufen.

Hilde Debey vom Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie kann diesen Vorgang nicht nachvollziehen. „Da der Betrieb von Doel 1 und 2 per Gerichtsbeschluss illegal ist, müssten die Meiler doch sofort abgeschaltet werden. Zur Versorgungssicherheit können sie nicht beitragen. Dafür sind sie mit einer Ausfallrate von etwa 50 Prozent viel zu unzuverlässig.“

Trotz der beiden Gerichtsurteile erteilte das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zusammen mit dem weisungsbefugten Bundesumweltministerium im März dieses Jahres erneut die Ausfuhrgenehmigung für Brennelemente, die zum Weiterbetrieb genau dieser illegalen Reaktoren unbedingt nötig sind. „Damit ist Ministerin Schulze für die Verlängerung des steigenden Risikos aus Doel maßgeblich verantwortlich – genauso wie die Lingener Brennelementefabrik, deren Schließung wir seit Jahren fordern,“ betont Alexander Vent vom Bündnis AgiEL aus Lingen. „Bei einem Super-GAU in Belgien wären wegen der Windhauptrichtung West Regionen wie Nordrhein-Westfalen und Teile von Niedersachsen betroffen – auch Lingen.“

Sechs Privatpersonen aus Aachen, Lingen, Raum Bonn und dem Münsterland haben nun Widerspruch gegen die Exportgenehmigung eingelegt. Sie erwirken dadurch einen Aufschub der Lieferungen bis zur juristischen Klärung. Sie werden dabei politisch von Anti-Atomkraft-Gruppen aus NRW und Niedersachsen sowie von Umweltorganisationen unterstützt. Die Beschwerdeführenden werden weitere juristische Schritte gehen, falls das Bundesumweltministerium dem Widerspruch nicht stattgibt. Hierzu Walter Schumacher vom grenzübergreifenden Bündnis Stop Tihange: „Wir wissen, dass solche juristischen Maßnahmen viel Geld kosten können. Aber wir werden die Kraft dafür haben, weil es sicher viele Menschen gibt, die uns mit vielen – auch kleinen – Spenden unterstützen werden!“

Die Beschwerdeführenden werden von der Berliner Rechtsanwältin Frau Dr. Ziehm vertreten, die klarstellt:  “Das Atomgesetz bezweckt, Leben, Gesundheit und Sachgüter umfassend vor den Gefahren der Kernenergie zu schützen. Die Kriterien, nach denen der Export von nuklearen Brennstoffen ins Ausland genehmigt werden darf, sind deshalb genau festgelegt. Es muss nachweislich gewährleistet sein, dass die genannten Schutzgüter durch die beabsichtigte Verwendung des „Exportguts“ nicht gefährdet werden. Dieser Nachweis kann für die alten Reaktoren des Atomkraftwerks Doel nicht erbracht werden. Zum einen ergibt sich das aus der Auffassung des BMU als für die nukleare Sicherheit zuständiger oberster Behörde; zum anderen ist sogar höchstrichterlich die Rechtswidrigkeit des Betriebs von Doel 1 und 2 gerade wegen fehlender Prüfung der möglichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt festgestellt worden. Die Ausfuhrgenehmigung nach Doel hätte nicht erteilt werden dürfen.”

Pressekontakt

Anika Limbach (AntiAtomBonn): 02206-910579 Jörg Schellenberg (Stop Tihange): 0157-74938099 Alexander Vent (Bündnis AgiEL): 01575-9690000 Peter Bastian (Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen): 0157-86269233 Hilde Debey (Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie): 01577-4201505

Weiterführende Links:

http://www.stop-tihange.org/de/wp-content/uploads/sites/2/Widerspruch_BAFA_Ausfuhrgenehmigung.pdf

Liste der Ausfuhrgenehmigungen:

https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Nukleare_Sicherheit/ausfuhrgenehmigungen_brennelemente_bf.pdf

World Nuclear Industry Report 2019 (S. 52 – 58):

https://www.worldnuclearreport.org/IMG/pdf/wnisr2019-v2-hr.pdf

Rechtsgutachten zum Exportstopp von Brennelementen (2016):

https://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Atomenergie/Exportstopp_Brennelemente_Lingen.pdf

Dirk Seifert