Während Großindustrielle, die AfD, Atomvereine wie Nuklearia und sonstige Spalter die (manchmal gar nicht stattfindende) Klimakatastrophe mit von ihren wirtschaftlichen oder politischen Interessen verbundener neuer Atomenergie zum absoluten Super-Deal erklären, häufen sich weltweit hochgefährliche Atommüllberge. Realität trifft Propaganda. Allein für die rund 2000 bundesdeutschen Castor-Behälter mit hochradioaktivem Atommüll gibt es bis heute keine Lösung, wie damit dauerhaft sicher verfahren werden kann. Die Suche nach einem vermeintlichen Endlager hat gerade erst nach 50 Jahren Atomenergienutzung per Neustart begonnen. Die Folge: Die sogenannte Zwischenlagerung dieser hochradioaktiven Abfälle in den Castor-Behältern wird nicht wie ehemals behauptet 40 Jahre dauern, sondern vermutlich so um die 100 Jahre. Bereits Mitte der 2030er und Mitte der 2040er Jahre werden die Genehmigungen für die Behälter und für die Zwischenlager auslaufen. Alles muss erneut auf den Prüfstand und die Sicherheit muss dann sogar der Bundestag neu bestätigen. Doch was passiert mit den Brennelementen in den Behältern? Wie verhalten sich die Einbauten und die Deckelsicherungen, wenn sie erheblich länger halten müssen, hoher Strahlung, Wärme und Druck ausgesetzt sind? Die Gesellschaft für Reaktorsicherheit sucht per Simulation nach Wegen, das Verhalten vorherzusagen. Eine neue Studie dazu liegt seit geraumer Zeit vor. Doch reichen Simulationen und Berechnungen? Oder braucht es reale Untersuchungen an ausgewählten Behältern? (Foto: GNS, Hersteller von Castor-Behältern) Die neue Studie der GRS wird unten dokumentiert und verlinkt. Das Gutachten ist auch hier direkt als PDF online.
Dass mit Rechenmodellen versucht wird, Vorhersagen über das Verhalten von hochradioaktivem Atommüll in Form von Uran- und Plutionumbrennelementen zu machen, ist sicherlich sinnvoll und hilfreich. Aber müssen nicht auch reale Untersuchungen erfolgen, also Behälter geöffnet und alle Bauteile und die Brennelemente untersucht werden? Dafür würde es sogenannte Heiße Zellen brauchen, die es aber in der Bundesrepublik nicht gibt. Die USA haben eine solche Untersuchung vor einiger Zeit vorgenommen und vermutlich werden weitere folgen, denn nur so kann wirklich geprüft werden, ob die Berechnungen die Wirklichkeit im Inneren der Behälter widerspiegeln. Und was ist mit dem Atommüll, der die in Glas eingeschmolzene radioaktive Suppe aus der Wiederaufarbeitung bundesdeutscher Brennelemente aus Frankreich und England enthält und derzeit vor allem in Gorleben lagert? Weiß man grad nicht so genau.
Nicht nur die Behälter und ihr Inventar sind jedoch bei deutlich verlängerten Zwischenlagerzeiten ein Risiko. Angesichts wachsender Terrorrisiken und auch Alterungsprozessen an den Gebäuden selbst, stellt sich die Frage, ob es bei Lagerzeiten von bis zu 100 Jahren nicht unerlässlich ist, über neue Sicherheitskonzepte nachzudenken. Vor einigen Jahren war das mal kurz Thema, als Atomminister auch in den Bundesländern darüber nachdachten, von heute 15 hochradioaktiven Atommülllagern vielleicht auf 3 – 6 verbunkerte Lager zu reduzieren. Von einer „konsolidierten Zwischenlagerung“ war in sehr kryptischer Weise die Rede.
Doch niemand will diese dringend notwendige Debatte derzeit führen. Einerseits weil befürchtet wird, dass es sonst bei der Endlagersuche keine wirklichen Fortschritte gibt. Anderseits, weil es eine gewaltige Sicherheitsdebatte um das gefährliche Atomerbe gäbe und die Frage, wie die Öffentlichkeit damit umgehen würde. Denn immerhin sind es auch wachsende Terrorrisiken, die in den letzten Jahren zu immer neuen Abwehr- und Schutzmaßnahmen geführt haben, die allesamt unter strikter Geheimhaltung erfolgen und deren unabhängige Überprüfung selbst vor Gerichten kaum noch möglich ist. Derzeit soll sogar eine neue Atomgesetzänderung die Möglichkeiten für die Gerichte weiter einschränken und durch den sogenannten Funktionsvorbehalt die Rolle der Behörden einseitig noch weiter gestärkt werden. Für eine demokratische Gesellschaft ist das höchst alarmierend. Der Terrorschutz für nukleare Anlagen nennt sich auch „Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter“ (SEWD). Für das Atommüllzwischenlager am AKW Brunsbüttel führten mangelnde Nachweise der ausreichenden Sicherheit gegen Terroranschläge wie Beschuss und Flugzeugabsturz dazu, dass das Oberverwaltungsgericht Schleswig nach Zustimmung auch des Bundesverwaltungsgerichts die Genehmigung aufhob. Per Anordnung eines grünen Ministers – Robert Habeck – erlaubt die Atomaufsicht als Reaktion dann auch ohne atomrechtliche Sicherheit die weitere Aufbewahrung als sogenannte Bereitstellungslagerung. In Lubmin bei Greifswald jedenfalls entsteht derzeit ein neues Zwischenlager, weil das bisherige den Terrorschutz nicht mehr sicherstellen und auch nicht nachgerüstet werden kann. Ein Problem? Ja, ein sehr großes. Und es ist absurd, dort nun einfach ein neues Lager zu planen, ohne ein grundsätzlich neues Sicherheitskonzept zu diskutieren und zu entwickeln.
Die GRS betrachtet in der neuen Studie nur die Behälter und die Brennelemente selbst, nicht aber die weiteren Probleme einer verlängerten Zwischenlagerung. Dazu will angeblich die Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) aber weitere Untersuchungen anstellen. Am 23. April will sie darüber in einer Online-Veranstaltung informieren und vielleicht auch diskutieren. Bereits im Mai 2020 hatte die BGZ bei einer Veranstaltung zu den Sicherheitsanforderungen für eine verlängerte Zwischenlagerung debattiert.
Dokumentation 1: Der folgende Texte ist von Bildern und Anmerkungen befreit. Das Original ist hier bei der GRS mit den entsprechenden Bildern online.
Wie verhalten sich Brennelemente bei deutlich längerer Zwischenlagerung?
Dokumentation 2:
Autor: M. Stuke, J. Arndt, F. Boldt, V. Hannstein, P. Kaufholz, M. Péridis, J. Sievers, F. Sommer
Durch das Standortauswahlgesetz ist ein neues Auswahlverfahren zur Bestimmung eines Endlagerstandortes eingeführt worden, mit der Konsequenz einer wesentlich späteren Inbetriebnahme eines Endlagers und der Notwendigkeit einer Verlängerung der Zwischenlagerzeiten über die bisher genehmigten Zeiten hinaus. Dabei deuten Prognosen deutlich längere Zeiträume von mehreren zusätzlichen Dekaden an. Die in Deutschland für die Zwischenlagerung nach § 6 AtG erteilten Aufbewahrungsgenehmigungen für bestrahlte Kernbrennstoffe laufen jedoch ab Ende 2034 aus, so dass eine Verlängerung der Zwischenlagerdauer für die Transport- und Lagerbehälter mit voriger Befassung des deutschen Bundestags um teilweise mehrere Jahrzehnte erforderlich werden wird. Für die Verlängerung der Aufbewahrungsgenehmigungen, also der Lagerdauern, sind rechtzeitig die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, die aus belastbaren, technisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Nachweis der Einhaltung der sicherheitstechnischen Anforderungen bestehen. Wesentlich für den Aufbau der nötigen technisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse ist das Wissen über Eigenschaften und Zustand sowohl der Behälter als auch ihrer nicht direkt zugänglichen Inventare, insbesondere der Brennelemente unter den Bedingungen verlängerter Lagerzeiten.
In diesem Forschungsvorhaben wurde ein Werkzeug zur Unterstützung bei Fragen zur Integrität und Handhabbarkeit von Brennelementen nach der trockenen Zwischenlagerung entwickelt. Der Anwendungszweck dieses Werkzeuges ist die Identifikation und Analyse von interessierenden Zeitskalen, Brennstäben und -elementen sowie der Behälterbeladungen. Zur umfänglichen Berücksichtigung der möglichst gesamten Phänomenologie des Hüllrohrverhaltens während der Lagerphase, bestehend aus der Nasslagerung und Zwangskühlung nach der Bestrahlung, dem anschließenden Trocknungsprozess sowie dem langsamen Abkühlen während der Lagerphase in trockener Inert-Umgebung, soll das zu schaffende Werkzeug umfassend und konsistent die relevanten Größen wie Abbrände, Hüllrohrmaterialien, Behälterbeladungen, Zeitdauern, Temperaturen Drücke und Spannungen berücksichtigen.