Habeck verlängert Atomgefahren – Neoliberal in die Katastrophe
Der grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, ehemals Atomminister in Schleswig-Holstein, verlängert die Atomenergienutzung in Deutschland und öffnet damit die Tür für ein nukleares Comeback. Gestern kündigte er an, dass zwei Atomkraftwerke bis Mitte April 2023 am Netz bleiben sollen und dass dafür das Atomgesetz vom Bundestag geändert werden soll. Schwere Störfälle bis zum Super-GAU sind in den AKWs jederzeit möglich. Außerdem sind sie gegen Terrorangriffe nicht ausreichend gesichert. Nur wenige Tage, nachdem ein „Streßtest“ gezeigt hatte, dass Stromerzeugung und Netzstabiliät äußerst robust sind, korrigiert Habeck seine bisherige Entscheidung, die AKWs Isar2 und Neckarwestheim2 lediglich als Notreserve in Bereitschaft zu halten (Was eigentlich nach dem Streßtest nicht unbedingt folgerichtig war). Der BUND kritisierte Habecks Entscheidung massiv.
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Während die Gefahren für einen Einsatz von Atomwaffen immer mehr steigen und Atomanlagen im Ukraine-Krieg als Angriffsziele genutzt werden, wird von interessierter Seite in Ost und West verstärkt auf den Ausbau der Atomenergie gesetzt. Absurderweise wird aus der Situation in der Ukraine keine Schlussfolgerung für die Atomenergienutz in anderen Ländern gezogen: Dabei ist klar, dass die Atomenergie schon in „friedlichen“ Zeiten ein Spiel mit dem nuklearen Feuer ist. Atomanlagen unter Kriegsbedingungen sind ein atomarer Alptraum.
Schon seit Jahren fahren die letzten AKWs in Deutschland mit gefährlichen Sicherheitsrabatten, weil Nachrüstungen und Prüfungen eingeschränkt oder nicht erfolgt sind. Der Grund dafür, warum Ausnahmeregelungen erlaubt wurden, waren die Stilllegungstermine Ende 2022. Auch der bayerische Landesverband reagierte per PM: Risiken beim Streckbetrieb überwiegen deutlich. Zum 1. Oktobober rufen Anti-Atom-Initiativen aus NRW und Niedersachsen zu einer Demonstration am AKW in Lingen (Emsland) auf. Statt mit massiven Maßnahmen zur Energieeinsparung und der selbst propagierten sozial-ökologischen Transformation unterwirft sich der Grüne Regierungspartner nun dem neoliberalen Trommelfeuer Atomstrom zu verlängern.
Die Debatte um die Laufzeitverlängerung wird ungeachtet der realen Situation in der Stromerzeugung und der Netze weitergehen. Immer lauter werden bereits Forderungen, z.B. der Hamburger Handelskammer, nicht nur die drei noch am Netz befindlichen Anlagen für Jahre in Betrieb zu halten. Auch die zuletzt Ende 2021 stillgelegten drei Reaktoren sollten möglichst wieder eingeschaltet werden. (Der Windenergieverband in Hamburg hatte das massiv kritisiert).
Auch andere in der CDU/CSU und bei der FDP hatten diese Forderung erhoben. Selbst die Standortregionen rund um die deutschen AKWs hatten sich (Gewerbesteuer, Gewerbesteuer) jüngst für den Wiedereinstieg in die Atomenegie ausgesprochen.
Immer deutlicher wird: Der Krieg in der Ukraine wird global genutzt, um den fossilen und nuklearen Umbau der letzten Jahre zurückzufahren. Während demokratische Beteiligungsrechte und ökologische nachhaltige Maßnahmen abgebaut oder ausgesetz werden, kommen fossile und nukleare Wirtschaftsinteressen aus der Versenkung und erstarken. LNG mit Fracking, Erhöhung der weltweiten Förderung von Gas und Öl und nun das Öffnen einer Atomenergieoption in der Bundesrebublik – da braucht es Widerstand, der bei der Grünen Parteispitze nicht mehr wirklich erkennbar ist. An der Basis wird mit diveren Aktivitäten und Anträgen vor dem kommenden Parteitag versucht, innerparteilich Gegenwehr zu organisieren.
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- Über die Anti-Atom-Demo in Lingen – hier weitere Informationen. UmweltFAIRaendern dokumentiert die beiden Pressereaktionen des BUND unten in voller Länge.
Neben dem Bundesverband sowie den Landesverbänden in Bayern und Baden-Würtemberg hat auch der BUND in Niedersachsen reagiert und einen Brief zum Atomausstieg verfasst an alle Landtagsfraktionen in Niedersachsen verfasst. Dort wirdd Mitte Oktober der Landtag neu gewählt. Außerdem hat der BUND Niedersachsen zu einer Presse-Aktion auf der oben genannten Demonstration am 1. Oktober in Lingen eingeladen. Siehe hier.
28.09.2022Der BUND Naturschutz in Bayern und der BUND Baden-Württemberg kritisieren die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, die beiden Atomkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim über das Jahresende hinaus weiterlaufen zu lassen, scharf.
Der BN-Vorsitzende Richard Mergner erklärte dazu: „Der Streckbetrieb kann eine mögliche Strommangellage in Deutschland nur zu einem sehr geringen Teil auffangen. Die Risiken, die von einem Weiterbetrieb ausgehen, sind dagegen erheblich und Türöffner für weitere Laufzeitverlängerungen. Atomkraftwerke sind ein ständiges Sicherheitsrisiko, dieses Risiko wird durch den Streckbetrieb noch mal deutlich erhöht. Das kürzlich entdeckte Leck in einem Ventil in Isar 2 lässt aufhorchen und Zweifel an der derzeitigen Betriebssicherheit aufkommen. Man muss sich auch immer wieder vor Augen führen, wer diese Lage mitverschuldet hat. Es war die CSU, die in Bayern den Ausbau der Erneuerbaren jahrelang blockiert hat und uns mit ihrer Politik so abhängig von russischem Gas gemacht hat, wie kein anderes Bundesland. Das Paradoxe an der derzeitigen Situation ist ja, dass es ausgerechnet die schadhaften französischen Atomkraftwerke sind, die uns in diese Situation gebracht haben. Deutschland exportiert ja derzeit Strom zu unseren Nachbarn.“
Sylvia Pilarsky-Grosch, Vorsitzende des BUND Baden-Württemberg, kommentiert: „Sicherheitstechnisch ist es unverantwortlich, die maroden Atomkraftwerke weiterlaufen zu lassen. Die vorgeschriebenen Sicherheitsüberprüfungen sind mittlerweile drei Jahre überfällig, sodass nicht klar ist, wie schlimm es in den Reaktoren aussieht. Im AKW Neckarwestheim 2 wurden bei der jüngsten Revision wieder 35 neue Risse entdeckt – und dabei wurde diesmal nur oberflächlich untersucht. Jederzeit können sich neue Risse bilden und dazu führen, dass Rohre platzen. Ein Weiterbetrieb des maroden Reaktors oder gar ein Wiederanfahren ohne vorherige Untersuchung wäre leichtsinnig. Neckarwestheim 2 muss wie geplant vom Netz gehen und ausgeschaltet bleiben!“
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BUND-Kommentar vom 27. September 2022
++ Atomgesetz-Novelle: Türöffner für weitere Laufzeitverlängerungen – Weiterbetrieb von Akw wird Energiesicherheit nicht verbessern ++
Anlässlich des heutigen Pressestatements von Bundesumweltminister Robert Habeck (Grüne) zur sogenannten Einsatzreserve der zwei deutschen Atomkraftwerke erklärt Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutzschutz Deutschland (BUND):
„Die angekündigte Novellierung des Atomgesetzes lehnt der BUND strikt ab, da sie Tür und Tor öffnet für weitere Laufzeitverlängerungen. Der Stresstest hat gezeigt, dass ein Weiterbetrieb deutscher Atomkraftwerke die Energiesicherheit weder in Deutschland noch in Frankreich qualitativ verbessern wird. Der Streckbetrieb wird eine Strommangellage nicht entscheidend abwenden, er wird die Sicherheitslage in Deutschland aber deutlich verschlechtern. Zudem verstößt das weitere Hinauszögern der Periodischen Sicherheitsüberprüfung (PSÜ), die hochriskante Atomkraftwerke auf Herz und Nieren prüfen soll, eindeutig gegen europäisches Recht. Atomkraftwerke bedeuten ein permanentes Sicherheitsrisiko.
Das AKW Neckarwestheim weist bereits problematische Rissbildungen auf. Zum Zustand des AKW Isar 2 ist wenig bekannt, doch die Äußerungen der zuständigen E.On-Tochter über Ventilprobleme steigern nicht gerade das Vertrauen in die Anlage. Zur Bewältigung der Energiekrise braucht es konsequente Energiesparmaßnahmen und einen schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien.“
Kontakt:
Juliane Dickel, Leitung Atom- und Energiepolitik, BUND-Expertin für Energiepolitik, Tel.: 030-27586-562, Mobil: 0176-31267936, E-Mail: juliane.dickel@bund.net