Fonds zur Finanzierung der Kosten der Atommülllagerung mit hohen Verlusten
Große finanzielle Verluste beim staatlichen Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung, Kenfo. Das meldet die Tagesschau. Mehr als drei Milliarden Euro Wertverlust soll der Fonds bei seinen Anlagen eingefahren haben. Besonders alarmierend ist dieser Bericht, weil zuletzt in allen Bereichen der Atommülllagerung deutlich verlängerte Projektzeiten bekannt wurden und außerdem deutlich höhere Anfordungen an die Sicherheit der Atommülllagerung entstehen. Auf der Tagung des Atommüllreports in der letzten Woche in Hannover hatte der Ökonom von der Ruhr-West-Universität, Prof. Dr. Wolfgang Irrek auf die Risiken und Probleme von KENFO verwiesen, und kritisiert, dass der Bundestag das Verursacherprinzip bei der Atommülllagerung abgeschafft hatte. In den staatlichen Fonds hatten 2017 die Atomkraft-Betreiber rund 24 Mrd. Euro eingezahlt, um im Gegenzug von jeder weiteren Haftung bei steigenden Kosten für die Atommüll-Lagerung befreit zu werden. Reicht der Fonds nicht aus, müssen nicht mehr die Konzerne für die Kosten grade stehen, sondern die Steuerzahler:innen. So hatten es CDU und SPD mit den Stimmen der Grünen damals im Bundestag gegen die Stimmen der Linken verabschiedet.
- Die Tagesschau berichtet hier über die Verluste beim Atommüllfonds KENFO.
- Fachtagung hochradioaktive Atommülllagerung: Längere Lagerung, Terrorgefahren und Krieg – Es braucht neue Sicherheitskonzepte – BMU kündigt Öffentlichkeitsbeteiligung an
- Der Vortrag von Prof. Dr. Wolfgang Irrek ist hier direkt als PDF online. Seine Ausführungen auf der Pressekonferenz beim Atommüllreport sowie der Link zu vollständigen Pressemappe ist direkt unten zu finden.
In dem Bericht der Tagesschau werden Einzelheiten aus dem Geschäftsbericht von KENFO vorab veröffentlicht: „Der deutsche Staatsfonds musste im vergangenen Jahr einen Wertverlust von rund 3,1 Milliarden Euro hinnehmen. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Minus von 12,2 Prozent. Die bislang noch unveröffentlichte Jahresbilanz des Kenfo liegt Report Mainz vor. Demnach schrumpfte das Gesamtvermögen des Fonds zum Stichtag 31. Dezember 2022 auf 21,7 Milliarden Euro.“
- Die Kosten der Atomenergie im Haushalt der Bundesrepublik Deutschland 2022
- Atom-Deal: Grüne, SPD, CDU, CSU zum Vorteil der Konzerne
- Alles zum Thema KENFO auf umweltFAIRaendern.de
Zu lesen ist dort weiter: „Im vergangenen Jahr hat der Kenfo 648 Millionen Euro an das Bundesumweltministerium ausgezahlt, das unter anderem für die nukleare Entsorgungssicherheit zuständig ist. 2021 waren es noch mehr als eine Milliarde Euro gewesen. Insgesamt hat der Staatsfonds seit Bestehen gut drei Milliarden Euro an das Ministerium überwiesen. Laut Bilanz veräußerte der Kenfo 2022 erstmals in seiner Geschichte Anteile aus seinem Fondsvermögen. Genauso führte „die negative Entwicklung an den Finanzmärkten“ dazu, dass die stillen Reserven deutlich abschmolzen, von rund 3,4 Milliarden Euro (Ende 2021) auf nur noch 51 Millionen Euro (Ende 2022).“
Zuvor berichtete die Tagesschau diese Fakten: „Portfolio mit mehr als 9000 Einzelwerte – Seit seiner Gründung hat der Kenfo das Geld der Kraftwerksbetreiber in einem breit gestreuten Portfolio angelegt, in dem vor allem Staats- und Unternehmensanleihen, Aktien sowie geldmarktnahe Anlagen stecken. Laut eigener Darstellung besteht das Vermögen inzwischen aus mehr als 9000 Einzelwerten, der Kenfo investiert in mehr als 90 Länder weltweit. Laut Jahresbilanz 2022 hat der Fonds bei Staatsanleihen von Industrienationen 16,5 Prozent an Wert verloren, bei Aktien und sogenannten REITs (also börsennotierten Immobilien-Investmentgesellschaften) liegt das Minus bei 15,7 Prozent. Zum Vergleich: Im DAX sanken die Kurse im vergangenen Jahr um 12,3 Prozent, der breiter gefasste MSCI World verlor 12,8 Prozent an Wert. Zumindest bei seinen Aktien-Investments hat der deutsche Staat damit etwas schlechter abgeschnitten.“
Dokumentation aus der Pressemappe der Atommüllreport Veranstaltung (PDF)
Fachtagung „Zwischen. Sicher? Ende?“, 23.06.2023, atommuellreport.de, Hannover # Kosten der Langzeit-Zwischenlagerung und verlängerten Standortsuche # Kurzzusammenfassung Prof. Dr. Wolfgang lrrek, Universität Ruhr West:
„Zur Finanzierung der zukünftigen Aufgaben der Zwischenlagerung von Atommüll hatten die Atomkraftwerksbetreiber bis 2017 entsprechende Verpflichtungen in ihren Bilanzen als Rückstellungen ausgewiesen. Diesen lagen Kostenschätzungen der Betreiber unter Verwendung von GNS-Angaben zugrunde.
Nach Prüfung durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Warth & Klein Grant Thornton im Jahr 2015 wurden Zwischenlagerausgaben bis zu einem geschätzten Ende der Zwischenlagerung im Jahr 2098 in Höhe von insgesamt 5,8 Mrd. Euro (Preisstand 2014) bzw. 26,7 Mrd. Euro (inkl. Preissteigerungen) erwartet.
Auf dieser Basis haben die Betreiber im Juli 2017 etwa 6,2 Mrd. Euro in den staatlichen Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung {KENFO) eingezahlt, um das Bundesumweltministerium in die Lage zu versetzen, die zukünftigen Zwischenlagerausgaben zu bezahlen. Alle diesbezüglichen Verpflichtungen hat der Staat von den Betreibern übernommen. Angenommen wurde, dass sich die vom KENFO angelegten Gelder, bis sie
benötigt werden, verzinsen.
Je nach Annahmen über die zu tätigenden Zwischenlagerausgaben (in den Jahren 2019 bis 2026 gemäß BMU-Haushalt im Mittel rund 450 Mio. Euro pro Jahr) und den durch die Anlage der Fondsgelder erzielbaren Zinsen (im Jahr 20211,1% auf das durchschnittlich verfügbare Fondsvermögen; Zielrendite 4,3%), wird der Anteil des KENFO für Zwecke der Zwischenlagerung zwischen 2031 und 2048 aufgebraucht sein.
Hierbei sind mögliche Ausgaben für heiße Zellen oder etwaige investive Maßnahmen in die Zwischenlagergebäude, beispielsweise für einen verbesserten Terrorschutz, noch nicht eingeschlossen. Auch Ausgaben für das nun verlängerte Standortsuchverfahren, in den Jahren 2019 bis 2026 in einer durchschnittlichen Höhe von knapp 50 Mio. Euro pro Jahr, sind hier noch nicht berücksichtigt. Für diese Ausgaben wurde nicht finanziell vorgesorgt.
Insgesamt bedeutet dies zweierlei. Auf der einen Seite handelt es sich um einen Verstoß gegen das im deutschen Umweltrecht verankerte Verursacherprinzip. Spätestens ab dem Jahr 2048 bleibt der Staat auf den zu tätigenden Ausgaben sitzen. Auf der anderen Seite führt dies zu einem Kostendruck auf die Zwischenlagerung und die Standortsuche, bei dem es schwer wird, angemessene Anforderungen an die Sicherheit der Zwischenlagerung und den zukünftigen Endlagerstandort für hoch radioaktive Abfälle durchzusetzen.“
Als Mutter und Grossmutter bin ich mehr als beunruhigt, was wir den kommenden Generationen
an Gefahrengut überlassen. Ich bin gegen die AKW_Laufzeitverängerungen in Belgien und ebenso
anderswo. Wie können es die Menschen von heute mit ihrem Gewissen verantworten, was sie unseren Kindern und Kindeskindern überlassen!!! Optimale Sicherheitsanforderungen müssen überall gefordert
werden – auch jetzt im Ukraine-Krieg sehen wir wieder, wie die Kernkraft mit ihrer „Bombendrohung“
die ganze Welt erschreckt – erschrecken muss!! Waren Fukushima, und Tschernobl und ihre Folgen nicht Warnungen genug?!