Bundestagsdebatte: 32 Jahre Atomkatastrophe Tschernobyl – AKWs und Uranfabriken stilllegen

32 Jahre dauert die Atomkatastrophe von Tschernobyl an. Hundertausende sind an der Radioaktivität gestorben oder wurden evakuiert. Immer noch sind bei uns sieben AKWs am Netz, jederzeit kann es auch hier zu einem Super-Gau kommen. Die Uranfabriken Gronau und Lingen versorgen sogar unbefristet weltweit AKWs mit Brennstoff. Deshalb: Wir brauchen den sofortigen Atomausstieg, fordert Hubertus Zdebel in seiner Rede im Deutschen Bundestag am Freitag, den 27.4.2018 um 00.13 Uhr.

Das Video der Rede von Hubertus Zdebel, Sprecher für Atomaustieg der Fraktion DIE LINKE, ist hier auch direkt zum ansehen:

Hubertus Zdebels Rede im Wortlaut:

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Mittlerweile ist es 13 Minuten nach zwölf. Das heißt im Klartext: Gestern vor 32 Jahren explodierte der Block 4 des AKW Tschernobyl. Bis heute dauern die katastrophalen Folgen an. Bis heute verschlingen die Aufräumarbeiten allein in Tschernobyl viele Milliarden Euro. Tausende Menschen sind an den Folgen der Radioaktivität gestorben. Hunderttausende wurden evakuiert und verloren für immer ihre Heimat.

32 Jahre nach Tschernobyl und 7 Jahre nach der Atomkatastrophe von Fukushima sind in Deutschland noch immer sieben Atommeiler am Netz, und noch immer kann auch hier jederzeit ein Super-GAU passieren. Das sollten wir nicht vergessen. Der Atomausstieg hat angefangen, aber er ist noch nicht abgeschlossen. Das gehört einfach zur Wahrheit dazu.

(Beifall bei der LINKEN)

Erst vorvorgestern, am Dienstag, hat der BUND eine Studie über die Unsicherheiten deutscher Atommeiler vorgelegt und zahlreiche Mängel aufgeführt; Herr Möring hat das ja gerade schon angesprochen. Dieser Studie zufolge gibt es keine ausreichenden Katastrophenschutzpläne. Die Schutzstandards bei Hochwasser, Erdbeben und Anschlägen sind mangelhaft. Die Physikerin Oda Becker, Autorin der Studie, warnt – ich zitiere -: „Fehler im Reaktorkern werden nur per Zufall gefunden“. Das ist alarmierend, finde ich. In der Studie wird festgestellt, dass sicherheitsrelevante technische Maßnahmen nicht mehr erfolgen, weil sich das für die Betreiber angesichts der geplanten Abschaltungen bis 2021/2022 nicht mehr lohnt – Profitsystem. Auch das sollte alarmieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Hubert Weiger, der Vorsitzende des BUND, kritisiert die Untätigkeit von Bund und Ländern zutreffend – Zitat -:

Für die Politik ist das wirtschaftliche Interesse der Betreiber wichtiger als die Sicherheit der Bevölkerung.

Wir Linken unterstützen die Schlussfolgerung des BUND nach sofortigem Atomausstieg und Novellierung des Atomgesetzes. Ich finde es auch richtig, dass das Ministerium umgehend zu dieser BUND-Studie mit diesen alarmierenden Nachrichten Stellung nehmen sollte, damit da Klarheit hergestellt wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Lassen Sie mich jedoch noch eines sagen: Die Kritik des BUND richtet sich nicht nur an die Bundesregierung und die Atomaufsicht in Bayern, die die Mängel im Reaktorblock Gundremmingen C nicht zum Anlass nimmt, den Meiler abzuschalten, wie die Grünen in ihrem Antrag zu Recht fordern.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Kritik des BUND an deutschen Atomkraftwerken ist zu Recht auch auf Reaktoren in den übrigen Bundesländern gemünzt, richtet sich also auch an die Bundesländer, in denen die Atomministerien grün geführt sind. Auch hier gibt es viel Luft nach oben, wie ich finde.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Atomausstieg in Deutschland ist nach wie vor nicht vollendet. Das ist auch eine Frage der Glaubwürdigkeit. Er muss vollendet werden; denn nach wie vor sind die Uranfabriken in Gronau und Lingen vom Atomausstieg ausgenommen und dürfen weiterhin den Brennstoff für Atomkraftwerke in aller Welt exportieren, auch für die maroden Reaktoren Tihange und Doel in Belgien, die heute schon zur Sprache gebracht worden sind. Das ist skandalös und muss beendet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will noch eins zu den Urananreicherungsanlagen sagen – da bin ich ganz bei Nina Scheer -: Die Urananreicherungsanlage in Gronau ist janusköpfig: Einerseits kann dort angereichertes Uran für Atomkraftwerke produziert werden; auf der anderen Seite kann mit dieser Technologie Uran dermaßen angereichert werden, dass damit Atombomben hergestellt werden können. Deswegen muss sie meines Erachtens genauso wie die Brennelementefabrik in Lingen definitiv geschlossen werden.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das fordern wir in unseren Anträgen, und das muss entsprechend umgesetzt werden.

Vielen herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Dse4Zdebel

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