BUND über Gorleben-Debatte, andere „Kleinigkeiten“ mit Atommüll und der Tagesspiegel entdeckt Eitelkeiten

P1050378Die „Endlager“-Kommission schafft es in den letzten Wochen hin und wieder mal in die Schlagzeilen der Medien. Der Grund: Massiver Streit um die Frage, ob die Kommission eine Empfehlung aussprechen soll, dass der einzige bislang benannte „Endlager“-Standort für einen echten Neubeginn besser aus dem Neustart raus genommen werden soll. Letzten Freitag tagte die Kommission dazu und der BUND hat jetzt seinen Bericht über diese Sitzung – bei der es auch noch um andere wichtige Punkte ging – veröffentlicht. UmweltFAIRaendern dokumentiert diese Zusammenfassung im Anschluss. Hinzuweisen ist zuvor noch auf einen Artikel im Tagesspiegel, der sich mit der vom CO-Vorsitzenden der Kommission, Michael Müller, vorgebrachten Forderung, Gorleben zu streichen, befasst und sich leider zur Hälfte des Textes darauf verlegt, schmutzige Wäsche zu waschen.

Um es so zu sagen: Müllers Verdienst ist, dass er die Kontroverse um die Gorleben-Frage, die überall in der Kommission und ihren AGs eine entscheidende Rolle spielt und die wie ein Schatten auf jeder Einzelfrage ruht, überhaupt noch mal grundsätzlich zur Debatte gestellt hat und sich auch vor Konsequenzen nicht scheut.

Dass bei diesem ohnehin schwierigen Versuch neben den üblichen „Verdächtigen“ ausgerechnet die Grünen (mit Ausnahme von Niedersachsen) fulminant darauf bestehen, dass Gorleben doch selbstverständlich im Verfahren zu bleiben habe, weil dies ein „Grundkonsens der neuen Endlager-Suche“ wäre, muss nicht weiter verwundern, ist aber extrem ärgerlich. Matthias Miersch beispielsweise, aus Hannover kommender SPD-Bundestagsabgeordneter und „Berichterstatter“ seiner Fraktion für die Kommission, bestritt in der Sitzung am letzten Freitag, die vielfach zitierte weiße Landkarte, da Gorleben eben als „Fleck“ noch auf der Landkarte wäre.

Warum der Tagesspiegel meint, angesichts dieser Kontroverse mit Blick auf Müller dann ausführlich darüber berichten zu müssen, dass er „sich seit Jahren zu gering geschätzt“ fühlt, kann jedeR selbst interpretieren. Aber vielleicht startet der Tagesspiegel endlich mal eine Serie über „(Atom)Politik und die Eitelkeiten der Akteure“?

Dokumentation: BUND-Bericht von der Atommüll-Kommission am Freitag den 13. Mai 2016

Im Zentrum der Sitzung der Atommüll-Kommission stand die Diskussion über eine Vorlage der ad hoc AG Leitbild unter der Leitung von Michael Müller zu den Erfahrungen mit dem Standort Gorleben. Im Vorfeld gab es viel Kritik von der CDU, von Länderministern und auch von Umweltministerin Hendricks. In einer intensiven Debatte auf Antrag des BUND gab es viel Unterstützung für Michael Müller und die Verabredung auf Basis des Entwurfes weiter zu arbeiten. Außerdem wurden erste Teile des Berichtsentwurfs zum Thema Öffentlichkeitsbeteiligung diskutiert. Verschoben wurde die erste Lesung der Geowissenschaftlichen Kriterien.

Gorleben

Selten hat eine Vorlage für die Kommission so viel öffentliche Resonanz bekommen: Einige CDU-Vertreter, die Umweltminister von Bayern, Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern und auch Umweltministerin Hendricks wandten sich gegen den Entwurf der ad hoc AG Leitbild unter der Leitung von Michael Müller, der den Versuch macht, die Geschichte des Standortes Gorleben aufzuarbeiten und daraus für die Zukunft zu lernen. Der BUND hatte sich im Vorfeld hinter dieses Papier gestellt. Unterstützung gab es in der Debatte (von Hubertus Zdebel (Die LINKE) und) auch aus der SPD von Mathias Miersch und Hiltrud Lotze sowie vom niedersächsischen Umweltminister Stefan Wenzel. Es gab eine offene Debatte. Die Schlussfolgerung, dass Gorleben politisch nicht durchsetzbar sei und deshalb aus dem Verfahren ausscheiden müsse, wurde so von vielen in der Kommission kritisiert.

Klaus Brunsmeier sagte, dass der BUND aus geologischen und politischen Gründen einen Verzicht auf Gorleben fordert, und, wenn die Kommission den Mut zeigen würde, Gorleben aus dem Verfahren zu nehmen, würde die Suche nach einem Atommüll-Lager zielführender verlaufen können.

Klar war als Ergebnis, dass es eine kritische Aufarbeitung der Geschichte Gorlebens durch die Kommission geben soll, die auch Schlussfolgerungen für die Zukunft enthalten wird. Letztlich verständigte sich die Kommission darauf, auf der Basis des bisherigen Textentwurfes weiter zu arbeiten.

Öffentlichkeitsbeteiligung

Die Kommission hat die ersten Berichtsentwürfe aus der AG 1 (zur Beteiligung in der ersten Phase, zu den Regionalkonferenzen und zum Nationalen Begleitgremium) diskutiert und in erster Lesung mit kleineren Änderungen verabschiedet. Wichtig ist, dass es als Erweiterung zum jetzigen Gesetz einen Zwischenbericht der BGE geben soll, der die in Betracht kommenden „Teilgebiete“ benennt. Dieser Bericht soll dann in einer „Fachkonferenz Teilgebiete“ zu öffentlichen Diskussion gestellt werden.

Zeitbedarf

Als einzige Vorlage aus der AG 3 wurde der Berichtsteil zum Zeitbedarf der Suche diskutiert. In der Debatte zeigte sich große Skepsis am gesetzlichen Zeitplan, bis 2031 einen Standort für ein Atommüll-Lager gefunden zu haben. Einig war sich die Kommission darin, dass Beschleunigungsmöglichkeiten im Verfahren auf Kosten von Sicherheit oder auf Kosten von Beteiligung abgelehnt werden.

Arbeitsplan der Kommission

Die Zeitprobleme der Kommission werden größer. Deshalb wurde eine weitere Sitzung für den 2. Juni und eine mögliche Sondersitzung am 20. Juni vereinbart. Unklar ist nach wie vor, wie die Beteiligung der Öffentlichkeit an dem fertigen Berichtsentwurf der Kommission aussehen kann. Die Online-Kommentierung wird bis Ende Juni verlängert. Ob es nach der Sommerpause eine weitere Sitzung der Kommission geben kann, die sich mit den Ergebnissen der Kommentierung beschäftigt, soll schnell geklärt werden.

Für die Erstellung von Teil A des Berichtes der Kommission „Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“ wurde eine Redaktionsgruppe mit BUND-Beteiligung gebildet.

Dirk Seifert

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