Atomenergie im Krieg: Westingshouse Schweden liefert neue Uranbrennelemente für ukrainische Atommeiler – Unterstützt von deutscher Uranfabrik in Gronau

Atomenergie im Krieg: Westingshouse Schweden liefert neue Uranbrennelemente für ukrainische Atommeiler – Unterstützt von deutscher Uranfabrik in Gronau

Mitten im Krieg Russlands gegen die Ukraine und den andauernden Kämpfen rund um die sechs Atomkraftwerke in Saporischschja werden im AKW Rivne vom russischen Typ WWER erstmals Brennelemente eines westlichen Herstellers eingesetzt. Die Brennelemte wurden von der im schwedischen Västeras ansässgen Anlage von Westinghouse hergestellt und in das Krisengebiet gebracht. Westinghouse hat die Brennelemente in Zusammenarbeit mit der Ukraine entwickelt und hergestellt. Darüber berichtet die World-Nuclear-News. Bislang hatte der russsische Staatskonzern Rosatom ein Monopol bei der Herstellung dieser besonders geformten Uranbrennelemente. Die ukrainische Vertreter sprachen von einem großen Erfolg in der Zusammenarbeit mit den schwedischen und us-amerikanischen Partner und kündigten sogar an, künftig derartige Brennelemente im eigenen Land herstellen zu wollen. Auch für andere Atomkraftwerke russischer Bauart könnten die neuen Westinghouse Brennelemente künftig von Bedeutung sein, um die Abhängigkeit von Russland zu reduzieren. (Foto: Screenshot https://www.westinghousenuclear.com/sweden/produkter-tjanster/bransleprodukter/vver-bransle)

WNN berichtet, die beiden AKW-Blöcke von Rivne, die seit 1980/1981 in Betrieb sind, wären die einzigen Reaktoren vom Typ WWER-440 in der Ukraine. Außerdem gibt es von diesem Typ 16 weitere Reaktorn in den osteuropäischen Staaten innerhalb der EU. Die Ukraine verfügt außerdem über insgesamt 13 WWER-1000-Blöcke, darunter Rivne 3 und 4. Westinghouse liefert seit 2005 WWER-1000-Brennelemente an die Ukraine, zum Beispiel für den Block 3. Auch Saporischschja hat schon Westinghouse-Brennelemente im Einsatz. Einzelheiten über den Einsatz Westinghouse Brennelemene in WWER 1000 Reaktoren lassen sich hier in einem IAEA-Bericht aus dem Jahr 2017 nachlesen (PDF). Das erforderliche angereicherte Uran, aus dem Westinghouse in Schweden Brennelemente für die Ukraine herstellt, stammt unter andern von dem auch in Deutschland in Gronau ansässigen dreistaatlichen Urananreicherungskonzern URENCO.

Auch die zum französischen Atomkonzern Framatome gehörende Advanced Nuclear Fuels (ANF) im emsländischen Lingen will in die Herstellung von Uran-Brennelementen für den Einsatz in WWER-Reaktoren einsteigen. Anders als Westinghouse hat Frankreich dafür eine Partnerschaft mit dem russischen Staatskonzern Rosatome vereinbart. Ein entsprechender Genehmigungsantrag ist beim niedersächsischen Umweltministerium in Hannover gestellt. Die Behörde hat eine atomrechtliche Öffentlichkeitsbeteiligung für das Verfahren angeordnet. Im ersten Quartal 2024 dürfte demnach mit der öffentlichen Auslegung der Antragsunterlagen durch die ANF zu rechnen sein. Danach folgt ein Erörterungstermin zu den Einwendungen zu den Plänen einer Erweiterung der Produktpalette bei der ANF Lingen. Die Anlage dort ist vom Atomausstieg in Deutschland ausgenommen.

Für diesen Deal zwischen Framatome und Rosatome haben beiden Konzern – mittem im russischen Krieg in der Ukraine – eine gemeinsame Gesellschaft mit Sitz in Lyon gegründet. Das geht aus Anfrage von .ausgestrahlt über Frag-den-Staat“ im Rahmen einer UIG-Anfrage hervor. Das Bundesumweltministerim teilt mit Datum vom 4.9.2023 mit:

„Nach Abschluss der Verhandlungen wurde zur Abwicklung der Lizenzfertigung die „European Hexagonal Fuels S.A.S.“ mit Sitz in Lyon (Frankreich) gegründet. Nähere Kenntnisse zu dem genannten Gemeinschaftsunternehmen „European Hexagonal Fuels S.A.S.“ liegen hier nicht vor. Der Antrag auf Erteilung einer Genehmigung zur Fertigung von VVER-Brennelementen nach § 7 des AtG bei der zuständigen Genehmigungsbehörde, dem NMU, wurde am 10. März 2022 gestellt. Der beantragte Umfang der Änderungen umfasst Änderungen an Fertigungs- und Prüfeinrichtungen, um die Herstellung der hexagonalen Brennelemente zu ermöglichen. Hierzu müssen einige neue Maschinen und Anlagen im Bereich der Brennstab- und Brennelementfertigung im Fertigungsgebäude installiert sowie vorhandene Anlagen modifiziert werden, um die Anforderungen des Lizenzgebers einhalten zu können.“ (Siehe hier: https://fragdenstaat.de/anfrage/erweiterung-der-brennelementefabrik-anf-in-lingen-gemeinschaftsunternehmen-framatome-rosatom/832976/anhang/uig-botheanf-erweiterung_geschwaerzt.pdf) siehe zur European Hexagonal Fuels S.A.S auch diesen Link (französisch) und auch hier mit Firmensitz in Lingen.

Westinghouse schreibt auf seiner oben bereits genannten Seite über den WWER Brennstoff folgendes: (Die Übersetzung erfolgte mit Deepl.com.)

WWER-Brennstoff

WWER ist ein russisches Reaktorkonzept, wobei das Akronym für Vodo-Vodyanoi Energetichesky Reactor oder auf Englisch Water Water Power Reactor steht. Die Reaktoren sind Druckwasserreaktoren (DWR) und befinden sich in sechs europäischen Ländern außerhalb Russlands. Der Brennstoff der verschiedenen Reaktortypen hat eine sechseckige Form.

WWER1000-Brennstoff

Diese Brennelementekonstruktion hat eine sechseckige Form und besteht aus 312 Brennstäben pro Brennelement. Seit Anfang der 2000er Jahre wird die WWER1000-Bauart in die Ukraine exportiert, inzwischen aber auch in andere osteuropäische Länder. Die ersten WWER1000-Brennelemente, die in die Ukraine geliefert wurden, waren Brennelemente der Bauart Westinghouse Fuel Assembly (WFA). Seitdem wurde das Design weiterentwickelt, um eine noch bessere Leistung und Zuverlässigkeit sowie stärkere Materialien zu bieten; das Design wird als Robuste Westinghouse-Brennelemente (RWFA) bezeichnet. Nach ihrer Einführung wurde die RWFA schnell zum Standardbrennstoffprodukt von Westinghouse für WWER1000-Reaktoren. Die RWFA verfügt über stärkere Materialien und mechanische Eigenschaften als ihr Vorgänger, um Schäden durch mechanische Störungen während des Be- und Entladens im Kern zu vermeiden. Das RWFA-Produkt hat sich als äußerst leistungsfähig und zuverlässig erwiesen und ist für die Bedingungen nach geplanten Leistungserhöhungen und Lastwechseln ausgelegt.

Hintergrund zum Brennstoff Westinghouse VVER1000

Kurz vor der Jahrtausendwende (2000) starteten die US-Regierung und Westinghouse ein Programm, das der Ukraine helfen soll, ihre Stromversorgung langfristig zu sichern. Die Kernenergie aus ihren 15 Reaktoren, 13 WWER1000-Reaktoren und zwei WWER440-Reaktoren, macht etwa 50 % der gesamten Stromerzeugung in der Ukraine aus. Zuvor war die Ukraine vollständig von dem damals einzigen Lieferanten von Kernbrennstoff für WWER-Reaktoren abhängig, einem staatlichen Anbieter aus Russland. Westinghouse verpflichtete sich, ein eigenes Design von Kernbrennstoff für seine WWER1000-Reaktoren zu entwickeln. Nach einer mehrjährigen Entwicklungsphase durch die Brennstoffingenieure von Westinghouse wurden die ersten Patronen im Westinghouse-Werk in Columbia, USA, hergestellt. Im Jahr 2005 wurden die ersten sechs LTAs an einen Reaktor in der Ukraine geliefert. Da die Testpatronen hervorragende Ergebnisse zeigten, konnte 2009 eine vollständige „Reaload“ von 42 Patronen hergestellt und an denselben Reaktor (South Ukraine 3) geliefert werden. Daraufhin wurde ein Vertrag über mehrere Realoads für drei Reaktoren ab 2011 unterzeichnet und die Produktion aller Brennelemente in das Westinghouse-Werk in Västerås, Schweden, verlegt. Seitdem erfolgt die gesamte Herstellung von WWER1000-Brennstoff in Västerås. Aufgrund der hervorragenden Brennstoffleistung und verschiedener geopolitischer Ereignisse in der Ukraine wurde der Vertrag mit Westinghouse schrittweise auf weitere Reaktoren ausgeweitet. Im Frühjahr 2022 wurde der Vertrag auf alle 13 WWER1000-Reaktoren in der Ukraine und ihre beiden WWER440-Reaktoren ausgeweitet.

WWER440-Brennstoff

Dieser Brennstoff hat ebenfalls eine sechseckige Form, ist aber deutlich schmaler und fast einen Meter kürzer als der größere WWER1000-Brennstoff. Der WWER440-Brennstoff ist etwas über drei Meter lang und enthält 126 Brennstäbe (Modell NOVA E-5). Obwohl es sich beim WWER440 um einen Druckwasserreaktor handelt, hat der Brennstoff seit jeher eine Schutzhülle um das Brennstoffbündel, genau wie ein Brennstoff für Siedewasserreaktoren. Wir sagen daher, dass der WWER440-Brennstoff ein Hybridbrennstoff ist. Seit der Neuentwicklung des WWER440-Designs in den 2020er Jahren haben sich die neuen Modelle gegenüber dem ersten Design aus den frühen 2000er Jahren stark weiterentwickelt. Sowohl die Konstruktion als auch die Werkstoffe wurden verbessert, und einige Komponenten werden vollständig durch additive Fertigung (AM) hergestellt, um fortschrittliche Konstruktionsverbesserungen zu erzielen.

Hintergrund zum Brennstoff Westinghouse VVER440

Im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Brennstoffherstellern wurde Ende der 1990er Jahre ein Design für die WWER440-Reaktoren in Loviisa, Finnland, entwickelt. Im Jahr 2001 übernahm Westinghouse die Produktion und lieferte diesen Entwurf bis zum Ende der Zusammenarbeit 2008/2009, als die Produktion eingestellt wurde. Nach der Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 wurde von 2015 bis 2017 ein von der EU finanziertes Projekt namens ESSANUF gestartet, um die Entwicklung von WWER440-Brennstoff für osteuropäische WWER440-Reaktoren vorzubereiten. Im Herbst 2020 unterzeichnete Westinghouse einen Vertrag mit dem ukrainischen Unternehmen Energoatom, um ein Design für dessen zwei WWER440-Reaktoren zu entwickeln, die einige Jahre später ausgeliefert werden sollen. Nach dem Beginn der Kriegshandlungen Russlands gegen die Ukraine im Februar 2022 unterzeichneten mehrere Länder mit WWER440-Reaktoren Verträge mit Westinghouse über die Entwicklung und Herstellung von Brennstoff für ihre Reaktoren. Nach dem größten und schnellsten Brennstoffentwicklungsprojekt in der Geschichte von Westinghouse werden die ersten in Västerås hergestellten WWER440-Brennelemente im Jahr 2023 an die Kunden ausgeliefert.

Dirk Seifert

3 Gedanken zu “Atomenergie im Krieg: Westingshouse Schweden liefert neue Uranbrennelemente für ukrainische Atommeiler – Unterstützt von deutscher Uranfabrik in Gronau

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