Atommüll-Kommission: Statement eines Gastes der AG1

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Andreas Fox (Mitte) aus Morsleben als Gast der AG1 zur Öffentlichkeitsbeteiligung der Atommüll-Kommission.

Andreas Fox aus Helmstedt war rund zwei Jahre Gast in der AG1 der Atommüll-Kommission, weil er in Fragen der Öffentlichkeitsbeteiligung rund um Morsleben seit vielen Jahren Erfahrungen gesammelt hat. Kurz vor Schluss der Kommission hat er in einem Statement seine Erfahrungen in der Kommission aufgeschrieben. Nachzulesen auf der dortigen Homepage (PDF) und hier als Dokumentation:

„Sehr geehrte Herren Vorsitzende, sehr geehrte Damen und Herren Berichterstatter, sehr geehrte Damen und Herren,

Dies ist eine persönliche Erklärung zum Abschluss der Tätigkeiten der AG 1 der Atommüll-Endlagerkommission mit ihrer Themenstellung „Öffentlichkeitsbeteiligung, Transparenz und gesellschaftlicher Dialog“.

Ich wurde eingeladen ausdrücklich nicht als Vertreter der Bürgerinitiative gegen die Atommüllkippe Morsleben, der ich angehöre, sondern als Auskunftsperson mit vielfältigen Erfahrungen aus den Klageverfahren und der Planfeststellung zur Stilllegung der Morsleben-Anlage. Von da aus spreche ich auch heute hier für mich.

Wie nicht anders zu erwarten, werden in der Kommission und ihren AGs bei allen Bemühungen um Konsens ganz konkrete Interessen verfolgt. So wurden für den erwarteten Zeitraum bis zur Standortentscheidung immer längere Zeiten prognostiziert parallel zur immer klareren Perspektive der Energiewirtschaft, sich des Atommüllproblems weitgehend beim Staat zu entledigen, ohne das Geschäft damit aufzugeben. Oder das mausetote Projekt Gorleben soll immer noch herhalten können für fiktive Entsorgungsnachweise.

Erster Angelpunkt dieser AG ist das Thema Öffentlichkeitsbeteiligung. Das Standortauswahlgesetz hat da schon einige Pflöcke eingeschlagen – Stellungnahmeverfahren, Erörterung, Klagewege, Gesellschaftliches Begleitgremium. Aber die Vorstellung, Jahrzehnte der neuen Standortsuche letztlich mit wenigen isolierten Haltepunkten auszustatten mit wenigen Entscheidungen des Gesetzgebers, ist nicht aufrecht zu halten. So hat die AG ein Set ergänzender Beteiligungsinstrumente entwickelt, von Teilgebiets- und Regionalkonferenzen bis zum Rat der Regionen.

Ziel ist eine kontinuierliche und entscheidungsrelevante Öffentlichkeitsbeteiligung. Die Qualität der Entscheidungen und der notwendigen weiteren gesellschaftlichen Auseinandersetzung hängen wesentlich hiervon ab.

Basis für eine wirksame Öffentlichkeitsbeteiligung ist neben neuen Strukturen und Formaten die vom Gesetz geforderte Transparenz durch frühzeitige und umfassende Information der Öffentlichkeit. Transparenz der Entwicklungs- und Entscheidungsprozesse als zweitem Angelpunkt dieser AG verlangt eine partizipationsorientierte Arbeit der beteiligten Behörden und Unternehmen, die einen permanenten gültigen Einblick in die Entwicklung gestattet. Relevante, frühzeitige und umfassende Information ist als Bringschuld zu betrachten. Nur so können in dem angestrebten lernenden Verfahren Fehler frühzeitig offengelegt, spekulativem Misstrauen gegenüber staatlichem Handeln entgegengewirkt und gesellschaftliche Sackgassen vermieden werden.

Versuchen, entscheidungsorientierte Öffentlichkeitsbeteiligung und allgemein informierende Öffentlichkeitsarbeit zu vermischen, hat die AG weitgehend widerstanden. Die Öffentlichkeitsarbeit auch mit dem Werben um das Interesse der Bevölkerung an der Herausforderung Atommüll bleibt ein gesondertes Arbeitsfeld.

Für den gesellschaftlichen Dialog als drittem Angelpunkt dieser AG wurden in Hinsicht auf die Arbeit der Kommission unterschiedliche Veranstaltungsformate entwickelt. Angesprochen wurden insbesondere fachlich Interessierte, regionale Verantwortungsträger und junge Menschen. Ein Anspruch auf Repräsentativität kann für keines dieser Formate erhoben werden, auch wenn aus ihnen eine Vielzahl von Initiativen hervorging. Jetzt erwarte ich, dass für die von der Kommission vorzuschlagenden Entscheidungsgrundlagen zur Standortauswahl das im Gesetz geforderte förmliche Stellungnahmeverfahren mit kurzfristiger Bearbeitung durch die Behörden zügig durchgeführt wird.

Die organisierten Anti-Atom-Initiativen haben sich an der Kommission nicht beteiligt, nachdem sie keinen entscheidenden Einfluss auf das Gesetz geltend machen konnten, die Option Gorleben im Verfahren blieb und die Energiekonzerne hier Sitze einnehmen durften, während sie das Gesetz und den Atomausstieg mit Klagen bekämpften. Jetzt richtet sich der Blick auf die kommenden Jahre und Jahrzehnte der Standortfindung. Das kommende Standortsuchverfahren wird keine Demonstration und keine kritische Auseinandersetzung überflüssig machen. Im Gegenteil ist gerade eine wirksame Öffentlichkeitsbeteiligung in einem partizipationsorientierten, transparenten Prozess weiter ein notwendiges kritisches Korrektiv. Ich kann nur begrüßen, wenn die hier entwickelten Verfahren langfristig dazu beitragen, wissenschaftsbasierte Entscheidungen zu treffen, gewalttätige Konflikte um den Atommüll zu vermeiden und Energien für zukunftsgerechte Lösungen freizumachen. Eine Voraussetzung dafür will ich noch nennen: der verbindliche Verzicht auf die Atomkraft muss im Grundgesetz festgeschrieben werden.“

13. Juni 2016

Dirk Seifert

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