Vattenfall voller Rost: Atommüll im AKW Brunsbüttel quillt aus den Fässern
18 von 70 Atommüllfässern in der ersten von sechs Kavernen im Vattenfall-AKW Brunsbüttel zeigen Rost-Befunde. Das ist rund ein Viertel. Bei einigen soll sogar der radioaktive Abfall aus den offenen Roststellen ausgetreten sein. Das teilt das Energieministerium in Schleswig-Holstein jetzt mit. Insgesamt 631 Fässer mit dem Strahlenmüll lagern in sechs dieser unterirdischen Kavernen und sind offenbar seit rund 30 Jahren nicht mehr besichtigt worden. Die Strahlung in den Kellerräumen ist derart hoch, dass Menschen sie nicht betreten können.
Die Sache wird immer abenteuerlicher und zeigt das Ausmaß der gesamten Atommüll-Misere. Um den radioaktiven Müll bergen zu können, will Vattenfall die maroden Fässer per Fernsteuerung zunächst in spezielle Müllsäcke verpacken. Wie das genau erfolgen soll und welche Art Säcke das sein sollen, teilte das Energieministerium nicht mit. Allerdings ist das Konzept noch in Arbeit und muss dann von der Behörde noch genehmigt werden. In den nächsten Monaten sollen die weiteren Kammern geöffnet werden. Bei zwei von ihnen müssen zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen erfolgen, bevor sie geöffnet werden können. Die weiteren Untersuchungen werden noch die nächsten Monate in Anspruch nehmen. Vor 2015 dürfte mit einer Bergung der Atommüllfässer nicht begonnen werden können.
Hier in voller Länge die PM des Energieministeriums: „Weitere korrodierte Fässer im Kernkraftwerk Brunsbüttel festgestellt – Umweltminister Habeck: „Es ist ein systematisches Problem“, Erscheinungsdatum: 19.02.2014 09:09 Uhr
BRUNSBÜTTEL/KIEL. Im Kernkraftwerk Brunsbüttel sind die Kamerainspektionen an Fässern mit radioaktiven Abfällen in der ersten von insgesamt sechs Kavernen abgeschlossen. Wie von der schleswig-holsteinischen Atomaufsichtsbehörde erwartet, wurden an weiteren Fässern teilweise starke Korrosionserscheinungen festgestellt. Von den insgesamt 70 Fässern weisen 18 Fässer – das entspricht etwa einem Viertel – starke, zum Teil die Wand durchdringende Korrosion auf. Die Atomaufsicht verständigte sich mit der Betreibergesellschaft Vattenfall darauf, dass für die stark korrodierten Fässer eine Bergungseinrichtung entwickelt wird, die es ermöglicht, die Fässer zu heben und zu transportieren, ohne dass radioaktive Stoffe freigesetzt werden.
„“Vor gut zwei Jahren wurde das erste stark korrodierte Fass entdeckt. Wir hatten die Befürchtung, dass weitere Fässer betroffen sind. Jetzt wissen wir, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt, sondern um ein systematisches Problem. Eine Gefährdung der Umgebung und Umwelt ist nicht gegeben. Die Kavernen sind sicher. Ein Teil der Fässer ist aber nicht mehr sicher handhabbar. Die Betreibergesellschaft muss Planung und Herstellung der Bergungseinrichtung nun zügig vorantreiben““, sagte der für die Atomaufsicht zuständige Energiewende- und Umweltminister Robert Habeck heute (19. Februar 2014) in Kiel. „“Bei der Bergung hat der Strahlenschutz für die Mitarbeiter oberste Priorität.““
Die untersuchten Fässer mit schwach radioaktiven Filter- und Verdampferkonzentraten im Kernkraftwerk Brunsbüttel lagern teils seit mehr als 30 Jahren in den Kavernen des Kernkraftwerks. „“Die Lagerung in den Kavernen war nur für wenige Jahre gedacht. Aber noch heute haben wir kein Endlager vollständig genehmigt und im Betrieb. Das alles zeigt:
Die Probleme im Umgang mit Atomkraft und ihren Folgen wurden regelmäßig unterschätzt. Der Einstieg in die Atomenergie war ein Irrweg, der nie hätte eingeschlagen werden dürfen““, erklärte Habeck.
Die Betreibergesellschaft Vattenfall hatte in der vergangenen Woche der Atomaufsichtsbehörde den Prototypen einer Bergungseinrichtung vorgestellt, mit dem korrosionsgeschädigte Fässer in Spezial-Säcke und dann in sichere Behälter gehoben werden sollen. Von 2015 an sollen die Fässer geborgen werden, in sichere, endlagergerechte Gebinde umgefüllt und in die Lagereinrichtungen (Fasslager, Transport-Bereitstellungshallen auf dem Gelände des Kernkraftwerks) verbracht werden, bis das Endlager für schwach- bis mittelradioaktive Abfälle, Schacht Konrad, zur Verfügung steht.
Die Kamerainspektion hatte im Januar begonnen. Die Betreibergesellschaft geht derzeit von säuregetragener Korrosion aus, die sich vom Fassinneren heraus entwickelt. Die Ursache der Korrosion ist noch nicht abschließend geklärt. Im Zuge der bisherigen Inspektion wurde zudem bei einem Fass festgestellt, dass an einer Stelle Fassinhalt (Filterharz) in flüssiger Form ausgetreten ist.
Die Inspektion erfolgte fernbedient unter strengen Strahlenschutzmaßnahmen für die Mitarbeiter. Während der Öffnung der Betonriegel, die die Kaverne nach oben hin abschließen, wurde die Raumluft permanent überwacht. Unzulässige Freisetzungen waren und sind bislang nicht festzustellen. Die untersuchte Kaverne ist gestern wieder mit Betonriegeln verschlossen und abgedichtet worden.
Bis Oktober 2014 sollen zunächst drei weitere Kavernen mit der gleichen Inspektionskamera untersucht werden. Zuvor ist es allerdings erforderlich, dass die sogenannten Lastanschlagpunkte der Betonriegel ertüchtigt werden. Bei den letzten beiden Kavernen sind weitere Vorarbeiten notwendig, um die Dosisbelastung des Personals zu minimieren. Diese Vorarbeiten können erst durchgeführt werden, wenn sämtliche Arbeiten an den ersten vier Kavernen abgeschlossen sind.
Hintergrund
Die Fässer lagern in 6 Kellerräumen, den sogenannten Kavernen, des Kernkraftwerks. In den 631 Stahlfässern werden radioaktive Abfälle (Filterharze, Verdampferkonzentrate und Mischabfälle) aus dem Leistungsbetrieb des Reaktors aufbewahrt. Die Kavernen befinden sich im Keller des Feststofflagers.
Zwischen den eng neben- und übereinander stehenden Fässern sind in der Vergangenheit mit bis zu 600 Millisievert pro Stunde hohe Strahlenwerte gemessen worden. Dies sind zwar hohe, aber nicht ungewöhnliche Werte. Die Strahlung reduziert sich nach dem Abstandsquadratgesetz. Zudem sind die Kavernen durch 110 Zentimeter dicke Betonriegel von oben her abgeschirmt. Diese Betonriegel reduzieren die Strahlung so weit, dass oberhalb der Kaverne unter Strahlenschutzmaßnahmen gefahrlos gearbeitet werden kann. Im Arbeitsbereich herrschte während der Inspektionsmaßnahmen bei geöffneter Kaverne eine Dosisleistung von 1 – 2 Mikrosievert.
Die Ortsdosisleistung im Kontrollbereich wird durch festinstallierte Messeinrichtungen überwacht. Aufgrund der Ergebnisse der Strahlenschutzüberwachung steht fest, dass es bisher zu keiner Gesundheitsgefährdung für das Personal oder die Bevölkerung gekommen ist.
Weitere Informationen zum Ergebnis der Inspektionen sowie zu der grundsätzlichen Problematik finden Sie im Internet unter:
http://www.schleswig-holstein.de/UmweltLandwirtschaft/DE/ReaktorsicherheitStrahlenschutz „
Ich frage mich bei der ganzen Sache, wie es bei den anderen Kraftwerken in Deutschland und denen in den Nachbarländern aussieht. Wäre ich AKW Betreiber (komische Vorstellung…), würde ich jetzt einen Bericht auf meine Homepage stellen, der beweist, dass in meinem AKW alle Abfälle einwandfrei gelagert sind, alle Abfälle eindeutig rückverfolgt werden können und regelmäßig kontrolliert werden.
Da ich keine solche Berichte finde, muss ich wohl eher davon ausgehen, dass es in den anderen Kraftwerken auch so aussieht wie in Brunsbüttel. Oder?