Atomenergie-Alarm: EU für AKW-Subventionen zulasten der SteuerzahlerInnen
Totgesagte leben länger. In diesem Fall die Atomindustrie zu Lasten der SteuerzahlerInnen in Europa. Sie sind brandgefährlich, überflüssig und extrem teuer. Und weil sie zu teuer sind, hat die EU-Kommission heute zugestimmt, dass in Großbritannien neue Atommeiler künftig auf Kosten der SteuerzahlerInnen gebaut werden dürften. Den Atomkonzernen werden für Jahrzehnte Preise garantiert, die deutlich über denen der Erneuerbaren Energien liegen. Hier der Wahnsinn in der Original-PM in deutscher Übersetzung:
Kommission genehmigt Beihilfen für Kernkraftwerk Hinkley Point in Großbritannien
08.10.2014
Die überarbeiteten Subventionspläne des Vereinigten Königreichs zur Förderung des Baus und Betriebs eines neuen Kernkraftwerks in Hinkley Point (Somerset) sind nach Auffassung von Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia mit dem EU-Beihilferecht vereinbar.
Auf Druck Almunias hatte das Vereinigte Königreich die geplanten Beihilfen erheblich verändert, um übermäßige Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt zu vermeiden. Außerdem verringert sich der finanzielle Beitrag der britischen Bürger zu diesem Projekt.
Almunia erklärte dazu heute (Mittwoch) in Brüssel: „Nach Einschreiten der Kommission hat das Vereinigte Königreich die Fördermaßnahmen für das Kernkraftwerk Hinkley Point erheblich geändert, sodass etwaige Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt verringert und darüber hinaus die britischen Steuerzahler beträchtlich entlastet werden. Auf dieser Grundlage kann die Kommission nach eingehender Untersuchung nun feststellen, dass die Beihilfe mit den EU-Beihilfevorschriften vereinbar ist.“
Nach den Bestimmungen des EU-Vertrags können die Mitgliedstaaten ihren Energiemix frei festlegen. Das Vereinigte Königreich hat beschlossen, die Kernenergie zu fördern – eine Entscheidung, die unter seine nationale Zuständigkeit fällt. Werden allerdings Unternehmen mit öffentlichen Zuwendungen unterstützt, ist die Kommission verpflichtet zu prüfen, ob dies im Einklang mit dem EU-Beihilferecht geschieht, das den Wettbewerb im Binnenmarkt gewährleisten soll.
Das Vereinigte Königreich beabsichtigt die Einführung einer Preisförderungsmaßnahme in Form eines so genannten Differenzvertrags, der dem Betreiber des Kernkraftwerks Hinkley Point über einen Zeitraum von 35 Jahren stabile Einnahmen gewährleistet. Zudem kommt der Betreiber in den Genuss einer staatlichen Bürgschaft für sämtliche Darlehen, die er auf den Finanzmärkten für den Bau des Kraftwerks aufnimmt.
Im Verlauf der der eingehenden Untersuchung (siehe IP/13/1277) konnten die britischen Behörden nachweisen, dass mit der Beihilfemaßnahme ein echtes Marktversagen behoben wird, und die anfänglichen Zweifel der Kommission ausräumen. Insbesondere könnten die Projektträger aufgrund der beispiellosen Art und Tragweite des Projekts nicht die erforderlichen Finanzmittel beschaffen.
Die folgenden Änderungen sorgen dafür, dass wettbewerbsverzerrende Auswirkungen der Beihilfe verringert werden und den Verbrauchern im Vereinigten Königreich Vorteile entstehen:
◾Im Hinblick auf die staatliche Darlehensbürgschaft stellte die Kommission fest, dass die Bürgschaftsgebühr, die der Betreiber an das britische Finanzministerium zahlen sollte, für ein Vorhaben mit diesem Risikoprofil zu niedrig war. Die Bürgschaftsgebühr wurde daher beträchtlich angehoben. Infolge dieser Anhebung wird die Beihilfe um mehr als 1 Mrd. GBP (rund 1,3 Mrd. Euro) geringer ausfallen, und dem britischen Finanzministerium entsteht ein entsprechender Gewinn.
◾Darüber hinaus kommen auf Betreiben der Kommission die mit dem Projekt erwirtschafteten Gewinne stärker den britischen Verbrauchern zugute: Sobald die Gesamtgewinne des Betreibers (Kapitalrendite) höher ausfallen als der zum Zeitpunkt des Beschlusses geschätzte Wert, werden sie mit der Behörde geteilt, die die Unterstützung gewährt. Des Weiteren ist im Beschluss ein zweiter, höherer Schwellenwert festgelegt, ab dem die Behörde mehr als die Hälfte der Gewinne erhält. Diese Gewinne kommen auch den Verbrauchern des Vereinigten Königreichs zugute, da die Preisstützung, die die Behörde dem Betreiber gewährt (der so genannte Basispreis), entsprechend gesenkt wird.
So wird sich eine Erhöhung der Gewinnspanne um nur einen Prozentpunkt in einer Einsparung von mehr als 1,2 Mrd. GBP (rund 1,5 Mrd. Euro) niederschlagen. Dieser Gewinnteilungsmechanismus wird nicht nur für die ursprünglich vorgesehene Dauer von 35 Jahren, sondern auf Ersuchen der Kommission für die gesamte Laufzeit des Projekts, d. h. 60 Jahre, angewandt. Falls die Baukosten geringer ausfallen als erwartet, sollen diese Einsparungen ebenfalls umgelegt werden.
Hintergrund
Die Finanzierung des neuen Kernkraftwerks Hinkley Point C erfordert eine Fremdfinanzierung in Höhe von 17 Mrd. GBP (rund 21,6 Mrd. Euro), und das Gesamtkapital wird sich auf ungefähr 34 Mrd. GBP (rund 43 Mrd. Euro) belaufen. Die Baukosten werden auf 24,5 Mrd. GBP (rund 31,2 Mrd. Euro) geschätzt. Die Inbetriebnahme ist für 2023 vorgesehen, und die erwartete Lebensdauer beträgt 60 Jahre. Die beiden Reaktoren sollen insgesamt 3,3 GW Strom erzeugen (7 % der britischen Elektrizitätsproduktion) – mehr als jedes andere Einzelkraftwerk im Vereinigten Königreich. Wegen der Stilllegung bestehender Kern- und Kohlekraftwerke wird das Vereinigte Königreich zwischen 2021 und 2030 rund 60 GW Strom anderweitig erzeugen müssen. Das Kernkraftwerk Hinkley Point wird die bisher noch nirgendwo in der Welt eingesetzte EPR-Technologie (Europäischer Druckwasserreaktor) nutzen. Derzeit sind nur drei Projekte in Bau – in Frankreich, Finnland und China -, die auf dieser Technik beruhen werden.
Staatliche Maßnahmen zugunsten von Unternehmen können als beihilfefrei im Sinne der EU-Vorschriften angesehen werden, wenn sie zu Bedingungen gewährt werden, die für einen unter marktwirtschaftlichen Bedingungen handelnden privaten Marktteilnehmer annehmbar wären (Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers). Wenn dieser Grundsatz nicht beachtet wird, ist mit der staatlichen Maßnahme eine Beihilfe im Sinne der EU-Vorschriften (Artikel 107 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV) verbunden, da dem begünstigten Unternehmen ein wirtschaftlicher Vorteil gegenüber seinen Wettbewerbern verschafft wird. In diesem Fall prüft die Kommission, ob die fragliche Förderung mit den gemeinsamen EU-Vorschriften in Einklang steht, die bestimmte Arten von Beihilfen zulassen. Ohne diese gemeinsamen Vorschriften würde der Wettbewerb im Binnenmarkt durch einen „Subventionswettlauf“ verfälscht, den Mitgliedstaaten zugunsten privater Unternehmen austragen würden.
Weitere Informationen in der ausführlichen Pressemitteilung.
Pressekontakt: Reinhard Hönighaus, Tel.: +49 (30) 2280-2300
http://ec.europa.eu/deutschland/press/pr_releases/12746_de.htm
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