Atomausstieg? Bundesregierung setzt deutsch-brasilianisches Atomabkommen fort
„Atomausstieg in Deutschland und weitere Atomförderung im Ausland passen nicht zusammen!“ Das stellte Hubertus Zdebel, Sprecher für Atomausstieg der Links-Fraktion heute in seiner Rede zum deutsch-brasilianischen Atomabkommen fest. Die Grünen hatten beantragt, das Abkommen aus den Zeiten der brasilianischen Militärdiktatur zu kündigen. Das Abkommen von 1975 sieht sowohl die „Gewinnung und Aufbereitung von Uranerzen“ vor, als auch die „Herstellung von Kernreaktoren“ und die „Urananreicherung“. Die Rede von Hubertus Zdebel im Bundestag hier als Video und Text. Die große Koalition von CDU/CSU und der SPD sorgte mit der Ablehnung des Antrags dafür, dass das Atomabkommen für weitere fünf Jahre in Kraft bleibt.
Das Atomabkommen zwischen Deutschland und Brasilien wurde vor nunmehr 39 Jahren während der Militärdiktatur in Brasilien unterzeichnet. Alle fünf Jahre verlängert sich der Vertrag automatisch um weitere fünf Jahre, solange ihn keiner der zwei Staaten kündigt. Zum 18. November dieses Jahres, also in einigen Tagen, könnte die Bundesregierung das Abkommen per diplomatischer Note kündigen. Es würde dann zum 18. November nächsten Jahres auslaufen. Das sind die Fakten.
Das deutsch-brasilianische Atomabkommen von 1975, das nach wie vor in Kraft ist, sieht sowohl die Gewinnung und Aufbereitung von Uranerzen als auch die Herstellung von Kernreaktoren und die Urananreicherung vor. Es ist also in dem Sinne ein Atomförderungsabkommen. Insgesamt acht Atomkraftwerke, eine Urananreicherungsanlage und eine Wiederaufbereitungsanlage sollten in Brasilien mit deutscher Technik gebaut werden. Dieser Atomvertrag war zu Beginn der 80er-Jahre für rund ein Drittel der brasilianischen Auslandsschulden verantwortlich und führte mithilfe einer deutschen Hermesbürgschaft zum Bau des Atomkraftwerks Angra 2, das weniger als 2 Prozent aller in Brasilien erzeugten Elektrizität produziert, obwohl es 14 Milliarden US-Dollar gekostet hat. Siemens/KWU freute sich damals über den Milliardenauftrag. Es war ein „Bombengeschäft“, wie es damals wörtlich hieß.
Stets hatten Kritikerinnen und Kritiker gemahnt, das brasilianische Militär habe versucht, mittels Urananreicherung in den Besitz von Atombomben zu gelangen. Nach dem Übergang zur Demokratie Anfang der 90er-Jahre bestätigte die brasilianische Regierung dies indirekt durch bestimmte Äußerungen. Auch das muss man wissen, weil die Rolle des Militärs in Brasilien immer noch sehr stark ist.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Linke meint: Atomausstieg in Deutschland und weitere Atomförderung im Ausland passen nicht zusammen. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deutschland verweist gern auf den Atomausstieg. Bis 2022 sollen alle kommerziellen Reaktoren abgeschaltet werden. Das ist aber leider nur die halbe Wahrheit. Deutschland ist weiter ein Atomstaat. Nach 2022 wird weiter Uran aus aller Welt nach Deutschland geliefert, wie es auch jetzt immer noch der Fall ist. In den Anreicherungsanlagen in Gronau und der Brennelementefabrik in Lingen wird das radioaktive Material weiterverarbeitet und angereichert. Auch aus Brasilien treffen dort nach wie vor Lieferungen ein, nach wie vor. Das geschieht auf Basis des Atomabkommens von 1975, das weiterhin in Kraft ist.
Wer ankündigt, sich im eigenen Land aus der Atomkraft verabschieden zu wollen, sollte keine doppelten moralischen Standards anwenden und kann deswegen auch nicht weiter den Ausbau der Atomkraft im Ausland unterstützen. Das ist nicht länger hinnehmbar. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Große Koalition will aber an dem deutsch-brasilianischen Abkommen festhalten. Deutschland und deutsche Konzerne sollen im internationalen Atomgeschäft weiter mitmischen können. Das finden wir auch völlig unakzeptabel. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
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