Strahlenschutzgesetz: Dosisgrenzwerte senken – Keine Freigabe für gering radioaktive Reststoffe
Auf fast 500 Seiten legt die Bundesregierung einen Entwurf für ein Strahlenschutzgesetz (PDF) vor. Lediglich 90 Minuten haben Hubertus Zdebel (Fraktion DIE LINKE) und die Mitglieder des Umweltausschusses des Bundestages morgen, am 27. März 2017, Zeit, die sieben Sachverständigen zu diesem überaus wichtigen und komplexen Gesetzentwurf zum Schutz vor den schädlichen Wirkungen ionisierender Strahlen in öffentlicher Anhörung zu befragen.
- Die Stellungnahmen der Sachverständigen sind hier auf der Seite des Bundestages online. Außerdem berichtet der Bundestag über den Inhalt des Gesetzentwurfs hier.
- Siehe auch: Strahlenschutz der unzureichenden Art – Kabinett legt Gesetzentwurf vor
Der Gesetzentwurf basiert auf einer EU-Richtlinie (2013/59/Euratom), die 2014 in Kraft getreten ist und die laut Bundesregierung jetzt lediglich 1 zu 1 umgesetzt werden soll. Insgesamt über 30 Gesetze oder Verordnungen sind von dieser Neuregelung betroffen.
Hubertus Zdebel, Sprecher für Atomausstieg der Fraktion DIE LINKE: „Das Strahlenschutzgesetz ist in vielerlei Hinsicht wenig ambitioniert und muss an vielen Stellen, vor allem auch bei den zu hohen geltenden Dosiswerten, nachgeregelt werden.“
Betroffen von dieser Neuregelung sind unter anderem die Bereiche Medizin (Röntgen, CT, etc.), Forschung, Radon und der radiologische Notfallschutz zur Bewältigung von Katastrophen in kerntechnischen Anlagen auf Grundlage der Erfahrungen von Fukushima. Außerdem geht es um die Problematik der Freigabe von gering radioaktiven Reststoffen, die bei der Stilllegung und dem Rückbau von Atomanlagen anfallen. Bedeutsam sind natürlich auch Regelungen hinsichtlich der Dosisgrenzwerte für die radioaktive Belastung der Bevölkerung und der beruflich Strahlenexponierten.
Grundsätzlich ist die Zusammenfassung bisherigen Regelungen und Verordnungen in einem Strahlenschutzgesetz zu begrüßen. Nicht ausreichend ist, dass sich hinsichtlich der Schutz-Werte die Umsetzung jetzt im Wesentlichen auf Empfehlungen der „Internationalen Strahlenschutzkommission“ (ICRP) aus dem Jahr 2007 stützt und selbst neuere IRCP-Publikationen aus 2010 und 2012 keine Anwendung finden.
Weiterhin werden viele Studien, die zum Ergebnis kommen, dass geringere Strahlendosen mindestens ebenso Bedeutsam sind, wie höhere Dosen, nicht herangezogen. Auch Studien zu den Wirkungen niedriger Strahlendosen z.B. für Kinder (KiKK-Studie) oder bei Beschäftigten der Nuklear-Wirtschaft in Frankreich, Großbritannien und den USA, werden zu wenig beachtet.
Die Strahlenschutzkommission des BUND sowie die internationale Ärzteorganisation IPPNW haben ein umfassendes Positionspapier zur Gesetzesnovelle vorgelegt.(Hier als PDF.) Hubertus Zdebel und die Fraktion DIE LINKE haben deshalb Prof. Dr. med. Wolfgang Hoffmann vom Institut für Community Medicine, Universitätsmedizin Greifswald als Sachverständigen des BUND für die Anhörung eingeladen.
In der Stellungnahmen fordern BUND und IPPNW u.a. aufgrund von Änderungen bei den Gewebe- und Strahlungswichtungsfaktoren eine Neuberechnung der effektiven Dosen, was im Wesentlichen zu einer Absenkung vieler Strahlenschutzwerte um den Faktor 10 führen sollte. Außerdem kritisieren die beiden Verbände in ihrer Stellungnahme zum Strahlenschutzgesetz viele weitere Regelungen, z.B. hinsichtlich der Freigabeverfahren für gering radioaktive Abfallstoffe aus dem Rückbau von Atomanlagen, zur Radon-Belastung in Wohnungen und Arbeitsstätten und anderes mehr.
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