G20@Hamburg: Eskalationsstrategie völlig gescheitert

G20@Hamburg: Eskalationsstrategie völlig gescheitert

Klar: Es hat bei dem Protest zum G20-Gipfel in Hamburg eine Überschreitung von „Roten Linien“ gegeben, die politisch nicht zu rechtfertigen sind (Rheinische Post). Aber auch die Eskalationsstrategie, die die politisch Verantwortlichen für den Polizeieinsatz gewählt haben, war verantwortungslos und ist vollkommen gescheitert. Sie ist nicht (nur) gescheitert, weil die „Roten Linien“ überschritten wurden, sondern auch, weil massenhafte und vielfältige Aktionen und Demonstrationen von der Protestwelle, über den G20-Rave, den Aktionen zivilen Ungehorsams (Bildungsstreik, Colorfull Mass etc.) bis hin zu den fast 80.000, die ihre „grenzenlose Solidarität“ bekundeten, deutlich machten, wie viele Menschen mit der Politik der führenden G20-Staaten nicht einverstanden sind und ihren Protest trotz Abschreckungs-Politik auf die Straße brachten.

Das seit Wochen aufgebaute Klima von Angst und Abschreckung durch staatliche Stellen, massive Grundrechte-Einschränkungen, wie das fast 40 Quadrat-Kilometer große Demonstrationsverbot, der völlig überzogene und unverhältnismäßige Polizeieinsatz bei der „Welcome to Hell – Demo“ gegen vermummte, ansonsten aber bis dahin friedliche DemonstrantInnen, die Camp- und Schlafverbote… All das hat Anteil an der Eskalation. Es war die Entscheidung der politisch Verantwortlichen in der Bundesregierung und im rot-grünen Hamburger Senat, von Anfang an auf Konfrontation zu gehen, statt auf Kooperation und Dialog zu setzen.

Das staatliche Vorgehen im Vorfeld und während des G20-Gipfels wirft viele Fragen auf, die in den nächsten Wochen – hoffentlich auch in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss – zu klären sein werden. Ebenso wird zu klären sein, wer die im Rahmen der gesamten Proteste vergleichsweise geringe Anzahl von Akteuren waren, die mit ihren blinden Aktionen in der Schanze agierten und in der Tat jede „‚Rote Linie“ überschritten haben. Doch wer jetzt noch mehr starken Staat, noch mehr Härte und noch mehr noch besser gerüstete Polizei fordert, trägt nicht nur dazu bei, die politischen Gründe für den Protest zur Politik der G20 auszublenden, sondern auch dazu, die falsche Ausrichtung des politisch zu verantwortenden Einsatzes zu rechtfertigen. Abrüstung ist für den auch innergesellschaftlichen Frieden ebenso bedeutsam, wie eine dringende politische Korrektur der vorherrschenden Politik der führenden G20-Staaten.

Nur am Rande und zum Schluss zum Ereignis, um das es ja eigentlich ging: Die Ergebnisse des G20-Gipfels dürfen wohl als Bankrott-Erklärung bezeichnet werden, vor allem was die Klima- und Flüchtlingspolitik angeht.

Dirk Seifert

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