Der Kampf um die Energiewende – die alten Stromkonzerne gegen den Strukturwandel

Dezentrale Erneuerbare Energie: Das Ende der Wirtschaftsmacht für Vattenfall, E.on, RWE und EnBW? Foto: Dirk Seifert

Der Kampf um die Energiewende nimmt immer mehr zu. Die Atom- und Kohlekonzerne sind angeschlagen, verlieren an Marktmacht. Die Katastrophe von Fukushima, die Abschaltung von acht Atomkraftwerken und der enorme Zuwachs Erneuerbarer Energie in Folge der Unterstützung durch das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) bedroht die alten Stromriesen. Um die 25 Prozent tragen die Erneuerbaren Energien inzwischen zur  Stromerzeugung bei, Marktanteile, die die alten Konzerne verloren haben. Neue Akteure haben diesen Bereich der Stromerzeugung übernommen,  getragen durch Bürgerengagement, Genossenschaften, Mittelständler und neue Unternehmen. Und immer mehr machen sie klar: Die großen Stromkonzerne werden nicht mehr gebraucht.

Mit dem bisherigen EEG im Rücken würde der Anteil der dezentral an Land errichteten Wind- und Solarparks und von kleinen Biogasanlagen auch weiterhin rasant steigen und die bisherigen fossilen und atomaren Erzeugungsanlagen von Vattenfall, E.on, RWE und EnBW weiter ins Abseits drängen. Schon seit längerem drücken die Erneuerbaren Energien massiv die Strompreise. Solaranlagen haben dafür gesorgt, dass die Preise für Spitzenlaststrom, mit dem die vier Konzerne jahrzehntelang enorme Gewinne machten, deutlich reduziert werden konnte. An der Strombörse purzeln die Preise, weil die Erneuerbaren Energien immer günstiger produzieren. Die „Großen Vier“ hingegen kämpfen mit immer höheren Kosten für ihre Kohle- und Gaskraftwerke. Ein wachsendes Stromangebot führt dazu, dass ihre teuren Anlagen immer weniger ausgelastet sind.

Konzepte für die Energiewende haben die vier Konzerne nicht: Sie hatten voll und ganz auf den Ausbau der Kohleverstromung und vor allem auf die Laufzeitverlängerung für die Atommeiler gesetzt. Das hätte ihnen Milliardengewinne eingespielt und die dezentrale, bürgergestützte Energiewende ausgebremst.

Doch Fukushima bedeutete für E.on, Vattenfall und Co ein Desaster. Der einzige Baustein, die Off-Shore Windparks, kommt nicht voran. Technische Probleme, enorme finanzielle Risiken beim Bau und vor allem beim Netzanschluss bremsen den Ausbau enorm. Da hilft es auch nicht, dass die Bundesregierung den Konzernen für die Windstromerzeugung auf See mehr als doppelt so viel je Kilowattstunde Strom im Rahmen des EEG bezahlen will, wie Windstrom aus Anlagen an Land kosten würde.

Bundesregierung, Atom- und Kohlekonzerne und viele ihnen nahestehende Organisationen setzen daher seit Monaten alles daran, das EEG und die Energiewende zu Fall zu bringen. Die Förderung der Solarenergie wurde drastisch begrenzt und ausgebremst. Kaum war dieser Schritt getan, wurde vor dem Wildwuchs beim Ausbau der landgestützten Windenergie gewarnt. Die Bundesregierung will die Bundesländer an die Leine bekommen, um deren sich nach Fukushima entwickelnde Ausbaupläne zu begrenzen. Es ist absurd: Angesichts immer mehr Meldungen, dass die Klimakatastrophe zu wachsenden Schäden für Umwelt und Menschen führt, warnt die Bundesregierung vor einer zu schnellen Energiewende. „EEG stoppen – sonst scheitert die Energiewende“ fordert jetzt sogar die unternehmensnahe „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ auf großflächigen Plakaten.

Gerade diejenigen, die jetzt vor zu hohen Strompreisen durch die Energiewende warnen, sind es, die für immer höhere Kosten sorgen: Einerseits, weil immer mehr Unternehmen von der Beteiligung an der EEG-Umlage ausgenommen werden, andererseits, weil Stromkonzerne sinkende Strompreise an der Börse nicht an ihre KundInnen weiter geben. Hinzu kommen handwerkliche Fehler im EEG, die dazu führen, dass sinkende Strompreise nicht zu einer Entlastung bei der Umlage und damit für die privaten Stromkunden führen, sondern dass im Gegenteil dadurch die Umlage sogar noch steigt. Für die Unternehmen, die davon profitieren, eine feine Sache! Für die Bürger eine weitere finanzielle Belastung.

Völlig totgeschwiegen wird, dass die Kosten für fossile Brennstoffe in den letzten Jahren deutlich angestiegen sind und dies auch weiter tun werden. Doch darüber wird nicht geklagt. Stattdessen werden Kostensteigerungen bei den Erneuerbaren Energien angeprangert, die vor allem durch unsoziale politische Entscheidungen der Bundesregierung verursacht werden. Denn tatsächlich sinken die Kosten für die Erneuerbaren Energien seit vielen Jahren.

Es ist eigentlich ganz einfach: Der energiewirtschaftliche Umbruch, den die dezentralen Erneuerbaren Energien mit sich bringen, führt zum Zusammenbruch des Geschäftsmodells der vier großen Stromkonzerne. Zentrale Grundlastkraftwerke haben sich weitgehend überlebt. Immer mehr Unternehmen haben das auch längst begriffen und nehmen ihre eigene Stromerzeugung selbst in die Hand. In diesem Strukurwandel geht es um viele Milliarden Euro, um Gewinner und Verlierer. Die vier großen Stromkonzerne versuchen nichts anderes, als diesen Strukturwandel mit aller Macht zu bremsen und zu blockieren, um sich neu aufstellen zu können.

Viel zu spät haben Vattenfall, E.on und Co begriffen, dass von den vielen kleinen dezentralen Wind- und Solaranlagen und ihren vielen Tausend ErbauerInnen eine so gewaltige Kraft ausgeht, dass ihnen ihre Profite und ihre Wirtschaftsmacht verloren gehen könnten. Völlig konzeptlos und überrascht von diesem Strukturwandel bleibt diesen Konzernen nur ihre Macht und ihr Einfluss, mit dem sie versuchen diesen Wandel zu stoppen. Schaffen sie das nicht, sind sie weg vom Fenster!

 

Dirk Seifert

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