Castor-Zwischenlager Jülich: 350 Mio. Euro für die Räumung – NRW zahlt 100 Mio.
Für die Räumung des Zwischenlagers mit 152 Castor-Behältern mit hochradioaktivem Atommüll hat das Forschungszentrum in Jülich derzeit Gesamtkosten in Höhe von fast 352 Mio Euro veranschlagt. Rund 100 Mio. Euro davon trägt das Bundesland Nordrhein-Westfalen. Das geht aus einer Antwort des parlamentarischen Staatsekretärs im Bundesforschungsministerium auf Nachfragen des Bundestagsabgeordneten Hubertus Zdebel (DIE LINKE.) hervor.
Zdebel hatte mit seinen Nachfragen weitere Auskünfte über die Planungen in Jülich im Rahmen der laufenden Haushaltsberatungen für 2016 erbeten. Darin machst der Staatssekretär zwar die bisherigen Kosten noch mal deutlich, allerdings kann er nicht darstellen, welche Beträge für welche Projekte eingesetzt werden.
Tatsächlich zeigt sich, dass die geplanten Ausgaben im Grunde nur umdeklariert werden: Waren im letzten Haushaltsjahr die geplanten Kosten für die Castoren in Jülich noch allein für den Export in die USA vorgesehen, werden diese nun einfach als Kosten für alle drei derzeit offziell verfolgten Räumungsoptionen ausgewiesen.
- Noch im letzten Haushaltsjahr hatte das Bundesforschungsministerium 65 Mio. Euro für den aus Sicht von Hubertus Zdebel rechtswidrigen Export der Jülich-Castoren in die USA eingeplant. Weitere über 117 Mio. Euro waren für 2016 für diesen Zweck vorgesehen. Siehe dazu: Keine Steuergelder für Atommüll-Export von Jülich in die USA
- Zum Thema Atommüllkosten und Haushalt im Bereich des Bundesumweltminsteriums siehe auch:Atommüll und der Haushalt der Bundesregierung
In der Antwort des Staatssekretärs heißt es: Im Haushaltsentwurf für das Jahr 2016 “wurden Mittel in Höhe von 53.400 Tausend Euro veranschlagt, für die Jahre 2017 ff in Höhe von 117.465 Tausend Euro. Diese Finanzmittel wurden für die Räumung des AVR-Behälterlagers und nicht zugunsten einer bestimmten Option veranschlagt. Vielmehr sollen sie für die Realisierung jeder atomrechtlich gebotenen Räumungsoption zur Verfügung stehen.”
Auf die Nachfrage des Abgeordneten, welche Kosten denn auf welche Option angerechnet werden, gibt das Forschungsministerium die ausweichende Antwort: “Erst mit Übermittlung des Verwendungsnachweises für das Haushaltsjahr 2015, welcher bis zum 30. Juni 2016 vorzulegen ist, und in dem die Kosten projektspezifisch ausgewiesen werden, wird hierzu eine verbindliche Aussage möglich sein.”
Hier als Dokumentation die Fragen des Abgeordneten Hubertus Zdebel und die Antworten der Bundesregierung zu den Ansätzen im Haushaltsplan des Bundesforschungsministerium für die Jülich-Castoren:
Frage: Im Kapitel 3004 – Forschung für Innovation, Hightech-Strategie wird zum Titel 68580-641 Tg 80 – Stilllegung und Rückbau kerntechnischer Versuchs- und Demonstrationsanlagen im Entwurf 2016 für das BMBF (S. 3003 bzw. 96) unter Punkt 20 “Räumung AVR-Behälterlager” berichtet, dass ein Obertrag der für 2015 bewilligten 65.370 Tausend Euro in Höhe von 10.000 Tausend Euro erfolgt und außerdem für 2016 53.400 Tausend Euro veranschlagt werden. Außerdem werden 117.465 Tausend Euro für 2017ff vorbehalten. Als Erläuterung heißt es dazu lediglich: ”hierunter US-Option, Verbringung ins ZL Ahaus oder Neubau ZL in Jülich.” Und außerdem: Zu 20.: Leistungen Dritter in Höhe von 105 529 T€ (30,0 Prozent).
Ich möchte sie hiermit bitten, mir diese Angaben genauer zu erläutern und insbesondere zu erklären.
- Welche einzelnen Maßnahmen bzw. Projekte wurden bzw. werden in 2015 mit jeweils welcher Summe durchgeführt und aus welchen Gründen bleibt ein Betrag von 10.000 Tausend Euro für 2015 übrig?
- Welcher Betrag der in 2015 bereitgestellten Mittel wurde direkt oder indirekt für die “US-Option verwandt?
- Wie hoch sind in 2015 jeweils die Mittel für die beiden anderen Räumungs-Varianten a. Verbringung ins ZL Ahaus und b. Neubau ZL in Jülich?
- Wie hoch sind die geplanten Mittel in 2016 jeweils für die drei Optionen a. US-Option, b. Verbringung ins ZL Ahaus und c. Neubau ZL in Jülich?
- Aufgrund welcher geplanter einzelner Maßnahmen bzw. Projekte ergibt sich der mit 117.465 Tausend Euro genannte Vorbehalt für die Jahre 2017 ff, bitte auch aufgeteilt nach den drei Optionen und sonstiges.
Antwort: Mit Anordnung des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen (MWEIMH) als atomrechtlich zuständiger Aufsichtsbehörde vom 02. Juli 2014 ist die Forschungszentrum Jülich GmbH (FZJ) als Betreibergesellschaft des AVR-Behälterlagers verpflichtet worden, die AVR-Brennelemente unverzüglich aus dem AVR-Behälterlager zu entfernen. In diesem Zusammenhang ist dem FZJ u. a. auch aufgegeben worden, dem MWEIMH ein in sich schlüssiges Detailkonzept zur Entfernung der Kernbrennstoffe aus dem Behälterlager vorzulegen. Nach Information des BMBF beinhaltet das Detailkonzept u. a. auch eine vergleichende Darstellung und Bewertung von Zeitplänen bezüglich aller in Betracht kommender Räumungsoptionen. Das Detailkonzept befindet sich nach wie vor in einer Nachprüfung bei der atomrechtlich zuständigen Aufsichtsbehörde des Landes NRW. Das Ergebnis bleibt abzuwarten. Aus Sicht der Bundesregierung obliegt es folglich dem MWEIMH als verfahrensleitender Aufsichtsbehörde zu entscheiden, ob und ab welchem Zeitpunkt ein Informationszugang der Öffentlichkeit oder des Deutschen Bundestags rechtlich zulässig erfolgen kann. Nur die verfahrensleitende Aufsichtsbehörde besitzt insofern aufgrund ihrer umfassenden Verfahrenskenntnisse die Prüfungs- und Entscheidungskompetenz, um für eine Gewährleistung des Schutzes behördlicher Entscheidungsprozesse bzw. der Vertraulichkeit behördlicher Beratungen und evtl. auch von betrieblichen Geschäftsgeheimnissen des FZJ angemessen Sorge zu tragen.
Um die atomrechtlich gebotene Räumungsoption für die Entfernung der Kernbrennstoffe aus dem AVR-Behälterlager in Jülich schnellstmöglich realisieren zu können, wurden bereits im Haushalt für das Jahr 2014 im Bundeshaushaltsplan auf der Grundlage von Informationen und vorläufigen Kostenabschätzung des FZJ Mittel in Höhe von 246.235 Tausend Euro (= 70 prozentiger Bundesanteil) veranschlagt. Diese Mittel sind nicht verausgabt worden. Bei dem von Ihnen genannten Betrag in Höhe von 10.000 Tausend Euro handelt es sich um übertragene Ausgabereste aus dem Jahr 2014. Das Bewilligungsvolumen in 2015 war mit 65.370 Tausend Euro vorgesehen. Das FZJ hat die hierfür 2015 bereitgestellten Mittel bisher nicht in Anspruch genommen. Welchen Betrag das FZJ2015 direkt oder indirekt für die US-Option oder aber für eine der anderen beiden Räumungs-Optionen (die Verbringung ins Zwischenlager Ahaus und der Neubau eines Zwischenlagers in Jülich) verwandt und ggf. aus Minderbedarfen bei den übrigen Rückbau- und Entsorgungsprojekten gedeckt hat, ist noch nicht bekannt. Erst mit Übermittlung des Verwendungsnachweises für das Haushaltsjahr 2015, welcher bis zum 30. Juni 2016 vorzulegen ist, und in dem die Kosten projektspezifisch ausgewiesen werden, wird hierzu eine verbindliche Aussage möglich sein. Für das Jahr 2016 wurden Mittel in Höhe von 53.400 Tausend Euro veranschlagt, für die Jahre 2017 ff in Höhe von 117.465 Tausend Euro. Diese Finanzmittel wurden für die Räumung des AVR-Behälterlagers und nicht zugunsten einer bestimmten Option veranschlagt. Vielmehr sollen sie für die Realisierung jeder atomrechtlich gebotenen Räumungsoption zur Verfügung stehen. Angesichts der Unverzüglichkeit der im Juli 2014 durch das MWEIMH angeordneten Räumung hält das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Haushaltsvorsorge nach wie vor für geboten, um jegliche Verzögerung bei der Räumung des Lagers zu vermeiden.
Frage: Wenn der genannte Anteil von 30 Prozent als “Leistungen Dritter” 105.529 Tausend Euro beträgt, ergibt sich ein Gesamt-Betrag in Höhe von 351.763 Tausend Euro. Worauf genau bezieht sich dieser Betrag bzw. was genau beinhaltet er? Ist das des Gesamtbetrag für alle Kosten in Verbindung mit der Räumung des A VR-Behälterlager oder was ist gemeint?
Antwort: Für die Räumung des AVR-Behälterlager hat das FZJ Gesamtkosten in Höhe von 351.764 Tausend Euro veranschlagt. Bei den ausgewiesenen Leistungen Dritter in Höhe von 105.529 Tausend Euro handelt es sich um den diesbezüglichen Anteil in Höhe von 30 Prozent, zu dessen Deckung das Land Nordrhein-Westfalen verpflichtet ist.
Thomas Rachel, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung.