Atomenergie: Hessen erteilt Abrissgenehmigung für AKW Biblis Block B – BUND kritisiert mangelnde Transparenz
Auch der zweite Block des Atomkraftwerks im hessischen Biblis hat nun vom zuständigen Umweltministerium in Wiesbaden die Zustimmung zum Rückbau erhalten. Der Umweltverband BUND in Hessen kritisiert mangelnde Transparenz im Genehmigungsverfahren. Während Betreiber und Ministerien immer gern von einer „Grünen Wiese“ sprechen: Die Wirklichkeit ist, dass große Mengen radioaktiv belasteter oder kontaminierter Abfälle übrigbleiben, die für viele Generationen weiter strahlen und eine Gefährdung für Mensch und Umwelt bleiben.
Endlager existieren derzeit weder für die leicht- und mittelradioaktiven Abfälle, die sich bereits heute an vielen Stellen der Republik auftürmen. Auch für die besonders brisanten hochradioaktiven Abfälle, die zum Beispiel in den unzureichend gesicherten Castor-Zwischenlagern aufbewahrt werden, gibt es bislang weltweit keine sichere Langfristlagerung. Während sich das geplante und im Bau befindliche Endlager für leicht- und mittelradioaktive Abfälle im Schacht Konrad in Salzgitter (Niedersachsen) immer wieder verzögert und nun frühestens 2027 in Betrieb gehen soll, hat ein neuer Anlauf für ein zu findendes Endlager für hochradioaktive Abfälle erst vor kurzem begonnen. Jahrelang war einseitig von der Atomwirtschaft und der großen Politik von CDU, SPD und FDP am ungeeigneten Standort Gorleben festgehalten worden.
Jahrzehntelange massive gesellschaftliche Proteste und die Katastrophe von Fukushima führten schließlich zu einem neuen Suchverfahren, in dem auch Alternativen zu Gorleben geprüft werden sollen. Im Herbst sollen erste Standortregionen für die künftige Lagerung hochradioaktiver Abfälle benannt werden. Frühestens in den 2050er Jahren soll ein solches unterirdisches Atommülllager zur Verfügung stehen. Experten gehen sogar davon aus, dass es erst ab den 2080er Jahren zur Inbetriebnahme kommen kann. Bis dahin lagern die hochradioaktiven Abfälle in Castor-Behältern überall in Deutschland verteilt oberirdisch in sogenannten Zwischenlagern.
Alles zum Thema „Laufzeitverlängerung für die Zwischenlagerung“ auf umweltfairaendern und:
- Atommüll-Desaster: Laufzeitverlängerung für die Zwischenlagerung
- Atommüll: „Zwischenlager ohne Ende?“ – Laufzeitverlängerung und Terrorgefahren – NBG diskutiert Öffentlichkeitsbeteiligung
- Atommüll-Zwischenlagerung: Sicherheitskonzept CASTOR ist gescheitert
Der BUND in Hessen kritisiert die mangelnde Transparenz im Genehmigungsverfahren. Der Umweltverband ist nicht nur seit Jahren für den Ausstieg aus der Atomenergie aktiv. Er versucht mit zahlreichen Aktivitäten auch darauf hinzuwirken, dass die Lagerung der anfallenden Atomabfälle so sicher wie irgend möglich erfolgt und auch beim Rückbau der Atommeiler nicht wirtschaftliche Interessen der Betreiber, sondern der Schutz von Mensch und Umwelt vor radiologischen Gefahren einen möglichst hohen Stellenwert bekommt. Dazu gehört auch mehr Öffentlichkeitsbeteiligung bei den Genehmigungsverfahren. Der BUND Hessen informiert hier über den Abriss des AKW Biblis und den damit verbunden Problemen.
Dokumentation: BUND-Kommentar: Genehmigung zum Rückbau im AKW Biblis Block B mangelt an Transparenz, 15. Juli 2020
„Radioaktiv!“ – Das AKW in Biblis. (Foto: Niko Martin/ Vorstand BUND Hessen)
Guido Carl, stellvertretender Vorsitzender des hessischen Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kommentiert die Genehmigung des Hessischen Umweltministeriums zum Rückbau von Block B im Atomkraftwerk Biblis:
„So gut es ist, dass der Rückbau die Atomkraft beendet, so verwerflich ist die mangelnde Transparenz im Genehmigungsverfahren. Denn in der zweiten Genehmigung wird mit dem Reaktordruckbehälter und dem biologischen Schutzschild der Rückbau der am stärksten belasteten Anlagenteile ermöglicht, ohne dass eine öffentliche Kontrolle stattfinden kann.
Anlässlich des heutigen Startschusses zum Rückbau des Atomkraftwerkes Biblis bekräftigt der BUND Hessen seine Kritik an der Vorgehensweise beim Abriss, da es nicht für alle Phasen des Rückbaus eine Umweltverträglichkeitsprüfung gibt. Diese wäre vor allem wichtig, um den höchstmöglichen Schutz der Bevölkerung vor zusätzlicher radioaktiver Belastung zu gewährleisten.“
Weitere Informationen:
- Pressemitteilung vom 12. November 2014 anlässlich des Erörterungstermins zum Abriss, bei dem die mangelhafte Beurteilung der vom Abriss ausgehenden gesundheitlichen Risiken und Gefahren von RWE kritisiert wurde
- Themenseite Atomkraft / AKW Biblis
- Pressemitteilung vom 17. April 2020 – Einspruch gegen Zwischenlagerung von Castor-Behältern im AKW Biblis
Dokumentation der PM des hessischen Umweltministeriums: Umweltministerium erteilt zweite Abbaugenehmigung für Block B
Genehmigt wurde der Abbau aller Anlagenteile, die noch nicht von der ersten Genehmigung umfasst waren. Dazu gehören insbesondere der Reaktordruckbehälter und das biologische Schild. Die entsprechende Genehmigung für Block A war bereits am 28. April 2020 erteilt worden. Beide Blöcke sind bereits seit letztem Jahr frei von Kernbrennstoffen.
Mit diesen beiden Genehmigungen wird der Abbau der beiden Blöcke zügig aber unter strengen Sicherheitsbestimmungen fortgesetzt.
Hintergrund: Mit dem Abbau wurde nach Erteilung der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen Mitte 2017 begonnen. Die bisher durchgeführten Abbaumaßnahmen haben gezeigt, dass die mit den Genehmigungen getroffenen Regelungen ein hohes Sicherheitsniveau beim Abbau gewährleisten und keine Gefahr für die Bevölkerung und die Umwelt besteht. Die Abbaumaßnahmen an den Blöcken am Standort Biblis werden nach Einschätzung von RWE noch bis 2032 andauern.
Der Genehmigungsbescheid kann als PDF-Dokument auf der Internetseite des Umweltministeriums eingesehen werden und wird auch nach der öffentlichen Bekanntmachung zur Einsichtnahme beim Umweltministerium und der Gemeinde Biblis ausgelegt.
Links: Genehmigungsbescheid