Atommüll Schacht Konrad: Wohin mit aktiviertem Beryllium? Neutronenreflektor für Atomforschung und Atomwaffenverstärker – außergewöhnlich giftig und gesundheitsschädlich

Atommüll Schacht Konrad: Wohin mit aktiviertem Beryllium? Neutronenreflektor für Atomforschung und Atomwaffenverstärker – außergewöhnlich giftig und gesundheitsschädlich

Darf das ins geplante Atommülllager Schacht Konrad? „Beryllium ist ein Industriemetall. Es ist leichter als Aluminium und 6x stärker als Stahl. Es wird vielfach mit anderen Metallen kombiniert und ist eine Schlüsselkomponente in der Luft- und Raumfahrt- und Elektronikindustrie. Beryllium wird auch bei der Herstellung von Atomwaffen verwendet.“ So heißt es auf Microtrace. (Keine Ahnung, was genau das für ein Laden ist. Ist auch hier im Periodensytem der Elemente Info. Aber: ) Entscheidend ist: Es wurde auch in den staatlichen Atomforschungsreaktoren benutzt, die seit den 1950er bis in die 2000er Jahre im Zuge des Atom-Rausches zwischen Bombe und Reaktor auch in der Bundesrepublik an den Start gingen – und muss nun irgendwie „aus der Welt“, irgendwo endgelagert oder amtlich „entsorgt“ werden.

Das Atomerbe der staatlichen Forschung zur Entwicklung der Atomenergie hat ein Problem: Wohin mit dem aktivierten Beryllium, das in den Atomforschungsreaktoren von Berlin über Geesthacht bis nach Karlsruhe im Einsatz war? In der „friedlichen“ Forschung „notwendig“, um die Neutronenzahl deutlich zu erhöhen. Ein Effekt, der aber auch in einer nichtsofriedlichen Atombombe neben Tritium sehr nützlich war und ist, um durch Neutronenvermehrung einerseits die Spaltungen zu erhöhen und als Reflektor die punktgenaue Zündung und den Effekt deutlich zu verbessern. Das ist brisanter Stoff aus dem Periodensystem der Elemente. Kann so ein Zeug ins geplante Endlager im Schacht Konrad?

Eine bundesdeutsche Studie zu dem Thema, wie die Entsorgung von aktiviertem Beryllium aus Forschungsreaktoren aussehen kann, liegt seit Sommer 2021 vor. 15S9405B ist die Fördernummer, unter der die Arbeit für die GRS aus dem Forschungszentrum Jülich beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geführt wird. B? Ja. Es gab schon ein A!

Kostenlos veröffentlicht – obwohl aus Steuergeldern bezahlt – ist die Studie offenbar bislang nicht, jedenfalls konnte ich keine öffentliche Quelle finden (gern Hinweise geben!).

Schon seit vielen Jahren beschäftigt sich die bundesdeutsche Atomverwaltung und die damit verbundenen Wissenschafts-Einrichtungen mit diesem Thema. Irgendwo muss das Zeug ja hin, wenn es denn irgendwann mal dazu kommt, dass der Rückbau der staatlichen Atomforschungsprojekte voran kommt und die Endlagerung von Millionen Jahre strahlendem Atommüll mal „gelöst“ ist.

Beides sieht nicht sonderlich erfolgsorientiert aus. Versuchsprojekte zur Endlagerung wie in ASSE und Morsleben sind gescheitert. Und ein Bundesrechnungshof moniert Jahr für Jahr gegenüber dem Haushaltsausschuss, was grausame Realität ist: Der Rückbau des staatlichen Atomerbes zur Förderung der vermeintlich so kostengünstigen nuklearen Stromerzeugung – und niemals ging es um Atomwaffen! – hat sich auf Jahrzehnte verlängert, weil nichts funktioniert, wie es geplant war.

Jährlich gut über 250 Millionen Euro zahlen die Bundesbürger:innen allein dafür! Peanuts. Aber: Das werden sie noch für Jahrzehnte zahlen. Eine viertel Milliarde, eine halbe Milliarde und immer mehr Milliarden. Und keinen Cent dafür zahlen die Atomkonzerne, die sich jahrelang mit dem Atomstrom eine goldene Nase verdienen durften, weil die Bundesrepublik Deutschland und die EU in Form von EURATOM das wollten und ihnen diese und noch viel mehr Kosten einfach zu Lasten der Steuerzahler:innen abgenommen haben. Warum eigentlich? Vielleicht weil es, wie es bei Wikipedia heißt, „außergewöhnlich giftig und gesundheitsschädlich“ ist?

Beryllium ist Thema zum Beispiel beim Rückbau der neulich erst stillgelegten Atomforschungsanlage in Berlin am Wannsee. Dort hat es im März 2021 im Rückbau-Dialog mit einer Begleitgruppe aus der Öffentlichkeit einen Vortrag von Peter Kate gegeben. Der ist hier online (PDF, nach dem Protokoll) oder auch hier direkt: Beryllium Vortrag HZB dg19-20210309-protokoll-1.1-20210511-web.docx.pdf. Ein Blick in die Kostenschätzung hilft weiter, aber auch die Fragen zur Zwischenlagerung und zur Endlagerung, ob das in Konrad reingeht – oder etwa in das noch zu findende Endlager für hochradioaktiven Atommüll.

Schacht Konrad? Genau! Das ist jenes geplante bzw. im Bau befindliche Atommüllendlager, in dem leicht- und mittelradioaktive Abfälle von etwas über 300.000 Kubikmetern für eine Million Jahre sicher !! (was genau ist das?) von der Umwelt abgetrennt werden sollen, an dem seit Jahrzehnten gearbeitet wird, dessen Bauzeiten sich immer wieder verlägert haben, weil entweder Klagen abgewartet oder aber immer neue Sicherheits-Probleme aufgetreten sind. Und erst vor kurzem musste das gesamte Einlagerungskonzept für viel zu viel Atommüll neu erfunden werden: Statt einer direkten Anlieferung des Atommülls soll das Zeug nun vorsortiert werden, damit man im Rahmen der bestehenden Genehmigung für das Endlager möglichst viel Atommüll in Konrad versenken kann. Erst hatten das SPD und CDU/CSU miteinander unter Protest von Grünen und Linken vereinbart. Jetzt haben Grüne im Koalitionsvertrag ohne lange Debatte zugestimmt, dass Würgassen der letzte Hit ist.

Denn bzw. und auch weil: Schon jetzt ist klar, dass die Konrad-Menge wohl nicht ausreichen wird und ein weiteres Endlager gesucht und gefunden werden muss. Entweder zusammen mit weiterem hochradioaktivem Atommüll – wie es im Standortauswahlgesetz ausdrücklich erwähnt wird. Oder: Das bleibt eine Aufgabe der nächsten Generation oder der übernächsten oder … ! Zur laufenden Kampagne, die Bauarbeiten aufgrund vieler vieler Mängel endlich einzustellen, siehe hier.

Nicht nur in Berlin beim Rückbau des dortigen Forschungsreaktors ist das Thema Beryllium für Millionen Jahre auf der Tagesordnung. Auch beim Rückbau-Dialog (*an dem ich als Mitglied der Begleitgruppe beteiligt war/bin) der ehemaligen Atomforschungsanlage GKSS, in der seinerseits ein kleiner nuklearer Bootsreaktor – was sag ich – Schiffsreaktor entwickelt worden ist, steht das Thema auf der ToDo-Liste. Nur um das mal zu sagen bzw. in Erinnerung zu rufen: An der GKSS, heute Helmholtz oder jetzt schon wieder anders genannten Atomforschung in Geesthacht, waren – neben dem Bund – auch die Bundesländer Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg beteiligt. Sie sind es bis heute! Und wenn ich mich grad nicht vertue, ist auch noch Mecklenburg-Vorpommern hinzugekommen.

 

Dirk Seifert