Sozialwissenschaft und Atommüll: Beteiligung mit kooperativen Arbeitsweisen – und „Die Zukunft der Verwaltung radioaktiver Abfallwirtschaft – Lehren aus Europa“
Öffentlichkeitsbeteiligung und Endlagersuche für hochradiaktiven Atommüll? Seit den Anfängen der Atomstromerzeugung und Gorleben als seinerzeit politisch willkürlich festgesetztem Standort an der ehemaligen innerdeutschen Grenze ist das Thema für massive gesellschaftliche Kämpfe. Inzwischen ist der Atomausstieg in Deutschland vollzogen, aber bei der Suche nach einem Endlager für den Atommüll ist trotz eines Neustarts immer noch heftig diskutiert, wie der Weg zu einer guten, sicheren Entscheidung aussehen muss. „Unsere These ist, dass Handlungsweisen und Entscheidungen, die nur wenige oder einzelne Betroffenheiten berücksichtigen, im Standortsuchverfahren zu kurz greifen. Es bedarf kooperativer politischer Arbeitsweisen, um die diffusen Betroffenheiten in Bezug zueinander setzen zu können.“ Diese These vertreten Achim Brunnengräber und Lucas Schwarz von der FU Berlin in einem Aufsatz in der Zeitschrift für Politikwissenschaft.
Sozialwissenschaftler:innen wie Brunnengräber und Kolleg:innen, nicht nur der FU Berlin, begleiten seit einigen Jahren das Verfahren zur Suche nach einem geeigneten Atommülllager. Denn nicht nur technische Fragen der Sicherheit stehen dabei auf der Agenda. Eine demokratische Gesellschaft braucht selbstverständlich auch eine gesellschaftliche Klärung und Verständigung, damit eine gut legitimierte Entscheidung möglichst konsensual getroffen werden kann. Die Bedeutung sozialwissenschaftlicher Analysen und Perspektiven für den Umgang zur sicheren Lagerung von Atommüll ist auch in Europa immer mehr Thema.
- Vielfalt an Betroffenheit: Politische, räumliche, soziale und zeitliche Skalenperspektiven auf die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle, Achim Brunnengräber · Lucas Schwarz ist hier als PDF bei der Zeitschrift für Politikwissenschaft veröffentlich und auch direkt hier.
Achim Brunnengräber gehört auch zu den Sozialwissenschaftler:innen, die in dem vor wenigen Tagen veröffentlichten Buch „The Future of Radioactive Waste Governance – Lessons from Europe“ vertreten sind. Dort schreibt er gemeinsam mit Maria Rosaria Di Nucci, ebenfalls von der FU Berlin den Aufsatz „The Long Road Towards the Soft Nuclear Repository State: Nuclear Waste Governance in Germany“.
Der gesamte Band mit zahlreichen Berichten aus anderen europäischen Staaten erscheint in der Reihe „Energiepolitik und Klimaschutz. Energy Policy and Climate Protection“, die von Lutz Mez, Berlin Centre for Caspian Region Studies, Freie Universität Berlin und Achim Brunnengräber, Environmental Policy Research Centre, Freie Universität betreut wird.
- Das Buch ist unter diesem Link zu finden und kann dort kostenlos als PDF und Epub heruntergeladen werden. Als PDF ist es auch direkt hier: Maarten Arentsen · Rinie van Est – Editors – The Future of Radioactive Waste Governance – Lessons from Europe
Siehe auch zum Thema:
- Irgendwas mit radioaktiver Wissenschaft? “Monumentale Verdrängung: Die neue Pro-Atom-Troika”
- Atommüll und Macht – Sozialwissenschaftliche Beobachtungen über die Endlagersuche
- Alles falsch gemacht? Atommüll-Endlagersuche sozialwissenschaftlich
- Aus Entria wird TRANSENS: Atommüllforschung und “Orientierungswissen für die Gesellschaft”
Die Inhaltsangabe ist hier im folgenden dokumentert:
Contents
1 Introduction: The Governance Challenge of Radioactive
Waste Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
Rinie van Est, Maarten Arentsen und Romy Dekker
2 Long-Term Radioactive Waste Management in the
Netherlands: Seeking Guidance for Decision-Making. . . . . . . . . . . . . 25
Romy Dekker, Vincent Lagendijk, Roos Walstock und Rinie van Est
3 Nuclear Waste Governance in Italy: Between Participation
Rhetoric and Regionalism . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
Maria Rosaria Di Nucci und Andrea Prontera
4 Do You Care About High-Level Radioactive Waste and
Spent Nuclear Fuel? Opportunities for Co-Constructing an
Appropriate Governance-Ecosystem in Belgium . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
Anne Bergmans, Catherine Fallon, Ron Cörvers und Céline Parotte
5 The Long Road Towards the Soft Nuclear Repository State:
Nuclear Waste Governance in Germany . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
Maria Rosaria Di Nucci und Achim Brunnengräber
6 The Melancholic Lock: High-Level Radioactive Waste
Governance in Spain . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
Josep Espluga-Trenc und Ana Prades
7 Who Decides What is Safe? Experiences from Radioactive
Waste Governance in Switzerland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169
Sophie Kuppler, Anne Eckhardt und Peter Hocke
8 UK Nuclear Waste Policy: 50 Wasted Years . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
Stephen Thomas
9 The Governance Ecosystem of Radioactive Waste Management
in France: Governing of and with Mistrust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231
Markku Lehtonen
10 Radioactive Waste Management in Sweden: Decision-Making
in a Context of Scientific Controversy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259
Johan Swahn
11 The Finnish Solution to Final Disposal of Spent Nuclear Fuel . . . . . . 287
Jarmo Vehmas, Aleksis Rentto, Jyrki Luukkanen, Burkhard
Auffermann und Jari Kaivo-oja
12 European Lessons for the Governance of Long-Term
Radioactive Waste Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319
Rinie van Est und Maarten Arentsen
Ein Gedanke zu “Sozialwissenschaft und Atommüll: Beteiligung mit kooperativen Arbeitsweisen – und „Die Zukunft der Verwaltung radioaktiver Abfallwirtschaft – Lehren aus Europa“”