Das Gedächtnis der Anti-AKW-Bewegung – Archiv Deutsches Atomerbe feiert zum 5jährigen Jubiläum Einzug in neue Räume

Das Gedächtnis der Anti-AKW-Bewegung – Archiv Deutsches Atomerbe feiert zum 5jährigen Jubiläum Einzug in neue Räume

Die Anti-Atom-Bewegung nicht nur in Deutschland hat eine lange Geschichte. Da ist einmal der Protest gegen die Atombewaffung der Bundeswehr und die Bewegung gegen die Atomwaffen, die bereits in der Mitte der 1950er Jahre ihren Ursprung hat. Und da ist andererseits oder außerdem die Geschichte der Anti-Atom-Bewegung, die nicht erst mit den Protesten gegen die Planung eines Atomkraftwerks zur Stromerzeugung in Wyhl begann, dort aber eine neue Stufe erreichte. Inzwischen gibt es einige Archive, die die Geschichte der Anti-Atom-Bewegung aufbereiten und verfügbar machen. Dazu zählt neben dem Gorleben Archiv auch das Archiv Deutsches Atomerbe e.V., dass nicht zufällig ebenfalls in Niedersachsen und wiederum an einen bedeutsamen Ort des Atom-Protestes in Salzgitter eingerichtet wurde. Jetzt feierte der Verein in neuen Räumen sein fünftes Jubiläum. Ein Artikel von Karl Amannsberger auf umweltFAIRaendern.de …

„Vor fünf Jahren hat sich in Braunschweig aus der Anti-AKW-Bewegung heraus ein Verein gegründet, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, als Spezialarchiv Zeugnisse der wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Debatte um die zivile und militärische Nutzung der Atomtechnik zu sammeln.

Das Archiv Deutsches Atomerbe e.V. will verhindern, dass wichtige Zeitdokumente der Auseinandersetzung, die die Politik in Deutschland über Jahrzehnte geprägt hat, unwiederbringlich verloren gehen. Zum fünfjährigen Jubiläum konnte das Archiv im Oktober 2023 neue Räume in Salzgitter einweihen. (Foto: Anna Gäde vom Gorleben-Archiv überreicht Ursula Schönberger (Vorstand) und Konstanze Schirmer (Archivarin) vom Archiv Deutsches Atomerbe ein Geschenk zur Einweihung.) Dort lagert jetzt nicht nur das Archivgut fachgerecht, es gibt auch technische Ausstattung zur Digitalisierung und einen Arbeitsplatz für externe Nutzer*innen des Archivs.

Ziele und Sammlungsprofil des rührigen Vereins sind in einem Leitbild festgehalten. Eine Archivarin und Ehrenamtliche sichern und erschließen Materialien von Gruppen, Organisationen und Einzelpersonen aus der Anti-Atom-Bewegung und aus dem wissenschaftlichen, ökonomischen und politischen Bereich, von denen sich viele aus Altersgründen von ihren Sammlungen trennen.

Das Archiv Atomerbe sammelt Schriftgut und andere Materialien aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, vor allem auch authentische Zeugnisse der gesellschaftlichen Debatte, z. B. Plakate, Flyer, Fotos, Filme, Dokumente und Exponate von Bürgerinitiativen und anderen Akteur*innen.

Unterstützt werden kann das Archiv, in dem eigene Materialien abgegeben werden. Das haben inzwischen schon an die 60 Organisationen und Einzelpersonen gemacht. Besonders wichtig für den gemeinnützigen Verein ist zudem die finanzielle Unterstützung durch eine Mitgliedschaft oder durch Spenden, die steuerlich abzugsfähig sind. Zwar konnte das Archiv mit Hilfe von Mitteln z.B. aus dem Bundesprogramm Neustart Kultur bereits wichtige Projekte umsetzen. Es erhält jedoch keine institutionelle Förderung und kann die Arbeit zur Zeit nur ehrenamtlich durchführen.

Einen Überblick über den Bestand bekommt man u.a. über den Online-Katalog auf der Webseite des Vereins. Auf seiner Webseite versuchen die engagierten Vereinsmitglieder mehr oder weniger regelmäßig ein „Fundstück des Monats“ zu veröffentlichen, über das man abwechselnd schmunzeln, staunen oder sich empören kann. Ein Beispiel: Das Fundstück des Monats Juli 2023 war die Stellungnahme der Regierung von Niederbayern vom 3. Dezember 1971 im Raumordnungsverfahren für das Kernkraftwerk Isar 1/Ohu 1 in der Gemeinde Ohu (heute eingemeindet in die Gemeinde Essenbach) bei Landshut.

Auf schriftlichem Weg wurden verschiedene Behörden im Verfahren beteiligt und gaben Stellungnahmen ab. Besonders bemerkenswert die Stellungnahme des Gesundheitsamts Landshut, die die Unkenntnis und Sorglosigkeit im Umgang mit radioaktiven Gefahren dieser Zeit exemplarisch widerspiegelt (S.6). Das Gesundheitsamt hat nicht nur die Errichtung eines Freibades zur Nutzung des Kühlwassers angeregt, sondern sogar vorgeschlagen, „ob bei einer stärkeren Radioaktivität das Wasser nicht als Heilbad wie z.B. in Bad Gastein usw. angeboten werden könne“.

Bei der „Einweihung“ der neuen Räume, über die der Deutschlandfunk einen Beitrag sendete wurde auch ein Kartenquartett „Atom“ aus den 70er Jahren vorgestellt – mit dem Berufstipp „Wie werde ich Ingenieur (Kernverfahrenstechnik)?“.

Dirk Seifert

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