Nobelpreisträger warnen vor wachsenden Risiken eines Nuklearkonflikts – IAEA-Chef befürchtet künftig bis zu 25 Atommächten

Nobelpreisträger warnen vor wachsenden Risiken eines Nuklearkonflikts – IAEA-Chef befürchtet künftig bis zu 25 Atommächten

Die Warnungen vor einem drohenden Nuklearkonflikt nehmen weiter zu. Die bisherigen Atommächte rüsten ihre Waffenarsenale seit Jahren auf und modernisieren die Sprengköpfe, internationale Kontrollsysteme zur nuklearen Rüstungskontrolle sind in den letzten Jahren fast alle ausgelaufen. Die umkämpften Atommeiler in der Ukraine (Tschernobyl, Saporischschja ) zeigen weitere Atomgefahren, die bislang in der Öffentlichkeit kaum eine Rolle spielten. Zuletzt bombardierten Israel und die USA die Uran-Anlagen im Iran. Nun warnt der Chef der Internationalen Atomenergie Organisation (IAEA) sogar davor, dass die Zahl der Atomwaffenstaaten von derzeit neun auf künftig 25 ansteigen könnte. In einer gemeinsamen Erklärung fordern 129 Nobelpreisträger konkrete Maßnahmen zur Verhütung eines Atomwaffeneinsatzes.

Als Atommächte gelten bislang die USA, Großbritannien, Frankreich, Indien, Pakistan, Nord-Korea, Russland, China und Israel.  Von insgesamt 12.000 Sprengköpfe wird ausgegangen, Tendenz steigend.

Zur Kontrolle der vermeintlich friedlichen Nutzung der Atomenergie wurde nach dem Zweiten Weltkrieg (Hiroshima, Nagasaki) der Atomwaffensperrvertrag ins Leben gerufen. Der erlaubt Atomenergie für die Forschung und Stromerzeugung, nicht aber für militärische Nutzungen. Er verpflichtet allerdings auch die Atomwaffenstaaten zur nuklearen Abrüstung, was seit Jahrzehnten nicht erfolgt. Die wachsende Zahl von Atommächten zeigt obendrein Schwachstellen auf. Daher wurde 2017 nach langen Verhandlungen der Atomwaffenverbotsvertrag durch die Vereinten Nationen verabschiedet. Dafür erhielt die Internationale Campagne für ein Atomwaffenverbot ICAN (ICAN Deutschland) den Nobelpreis. Siehe dazu insbesondere auch die IPPNW.

Beim RND heißt es unter dem angegebenen Link: „Aktuell gibt es neun Länder mit Atomwaffen, diese Zahl könnte sich laut der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) bald mehr als verdoppeln. Damit steigt das Risiko eines globalen Nuklearkonflikts. IAEA-Chef Rafael Grossi spricht von einer „unberechenbaren und gefährlichen Welt“.“

Auf Nachfrage erklärte Grossi: „Als weiteren Grund zur Sorge nannte Grossi, dass Machthaber mehrerer Länder angekündigt hätten, sich mit Atomwaffen ausstatten zu wollen. Auf die Frage, auf wen er sich damit beziehe, antwortete er: „Als Direktor der IAEA kann ich das nicht sagen. Es handelt sich um wichtige Länder in Asien, Kleinasien und am Persischen Golf. Eine Welt mit 20 bis 25 Staaten mit Atombomben ist unberechenbar und gefährlich.““

Neue Uranbrennstoffe erhöhen militärische Risiken

Die nuklearen Risiken steigen auch deshalb weiter an, weil für neue Atom-Techniken die Produktion von höher angereichertem spaltbaren Uran235 immer weiter ausgebaut wird. Eine dieser Entwicklungen nennt sich HALEU, bei dem Uran235 bis maximal 19,75 Prozent angereichert wird und zur Forschung und Entwicklung z.B. neuer Atomreaktoren dienen soll. Atomexperten waren international davor, dass mit neuen Technologien bereits derartige Anreicherungen für nukleare Zündungen ausreichend sind.  Die weitere Verbreitung dieses HALEU-Brennstoffs könnte damit die Risiken auch militärischer Anwendungen deutlich verschärfen.

Erst letztes Jahr haben Experten in den USA vor der Entwicklung und Verbreitung dieses HALEU-Brennstoffes massiv gewarnt. In einer Veröffentlichung im Magazin Science warnen sie, dass dieser Uranbrennstoff ohne weiteres auch für militärische Zwecke missbraucht werden könnte und auch für Atomwaffen nutzbar wäre. Dazu einige Quellen: https://www.scinexx.de/news/energie/wie-gefaehrlich-ist-haleu-uran/ // https://www.science.org/doi/10.1126/science.ado8693  // https://interestingengineering.com/culture/haleu-fuel-weaponization-risk  // https://www.eurekalert.org/news-releases/1046755

Schon in den letzten Jahren werden die Grenzen des Atomwaffensperrvertrags abgesenkt. Damit sind nicht die Maßnahmen des Irans gemeint, der sein Nuklearprogramm mit hohen Urananreicherungen von um die 60 Prozent (zu Forschungs- und Medizinzwecken, wie es dort amtlich heißt) gemeint und zu den Angriffen Israels und der USA führten.

Zivile Reaktoren für Tritium-Erzeugung zur militärischen Nutzung

Um Tritium herzustellen, welches für die Sprengköpfe von Nuklearwaffen als Verstärker benötigt wird, hatten die USA damit begonnen, in zivilen Atomkraftwerken besondere Absorber einzusetzen. In diesen wird das Tritium während der Kettenreaktion zur Stromerzeugung durch Bestrahlung im Reaktor hergestellt und später in militärischen Anlagen abgetrennt und für die Sprengköpfe genutzt. Auch in Frankreich soll das nun künftig im AKW Civaux so gemacht werden. Damit werden auch im Westen die Grenzen zwischen ziviler und militärischer Nutzung immer mehr verwischt.

 

 

Dirk Seifert

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