Atommüll-Lager-Suche: Kommission definiert Spielregeln für die Beteiligung // UPDATE mit BUND Bericht
Unter enormem Zeitdruck und mit immer dünneren Nerven ist die „Endlager“-Kommission dabei, ihren Bericht zum Standortauswahlgesetz und der Suche nach einem Dauerlager für insbesondere hochradioaktiven Atommüll noch bis zum 30. Juni unter Dach und Fach bringen. Dann endet das gesetzlich festgelegte Haltbarkeitsdatum dieser Kommission. Auf der Sitzung am gestrigen 15. Juni ging es u.a. um die künftige Beteiligung der Öffentlichkeit bei der geplanten Suche, die in drei Phasen ablaufen soll. Über diesen Teil der Diskussionen berichtet der Bundestag aktuell auf seiner Seite. Allerdings: Auch zu den Kriterien und den geologischen und wissenschaftlichen Anforderungen wurde gestern kontrovers weiter debattiert. Immer deutlicher wird, dass die Kommission in schwerem Wasser ist. Ob der Teil A des Berichts noch zustande kommen wird, in dem eine Zusammenfassung des Berichts und die Empfehlungen an die Politik konkretisiert werden sollen, ist zumindest vakant. Und noch ein paar andere Probleme könnten noch Ärger machen. Z.B. Gorleben.
UPDATE 17/06: Der BUND hat auf seiner Homepage ebenfalls einen Bericht über die Sitzung veröffentlicht, der auch auf die Fragen zu Geologie und Kriterien etc. eingeht. Bevor unten der Bericht von der Homepage des Bundstags erfolgt, hier die Zusammenfassung des BUND:
„Bericht von der Kommissions-Sitzung am 15.6.
Auch nach dieser Sitzung sind noch längst nicht alle offenen Punkte in der Kommission geklärt. Es ist derzeit nicht absehbar, ob der Bericht wirklich am 20.6. komplett fertig sein kann und auch, ob die Kommission es schafft, sich auf eine Zusammenfassung des Berichtes (Teil A) zu verständigen. Beraten wurden in der Sitzung viele Kapitel zu den Entscheidungsgrundlagen und zur Öffentlichkeitsbeteiligung. Dabei verständigte die sich Kommission auf die Einführung einer „Fachkonferenz Rat der Regionen“ zusätzlich zu den bereits beschlossenen Regionalkonferenzen als weiteres Element der Beteiligung der Regionen. Die bayerische Umweltministerin Scharf kündigte für Bayern das erste Sondervotum zum Bericht der Kommission an. Sie wenden sich gegen Kriterien, die auch eine Berücksichtigung von Kristallin als Wirtsgestein ermöglichen sollen.
- Kap. 7.3. bis 7.6. – Öffentlichkeitsbeteiligung
Mit dieser Beratung sind alle wesentlichen Kapitel der Öffentlichkeitsbeteiligung im Auswahlverfahren in den Berichtsentwurf aufgenommen. Die „Fachkonferenz Rat der Regionen“ wurde zusätzlich zu den bereits vereinbarten Regionalkonferenzen als weiteres Element der Beteiligung der Regionen beschlossen. Der BUND forderte, dass die Regionalkonferenzen eine echte Institution mit einem eigenen Nachprüfrecht im Verfahren werden, konnte sich damit aber nicht durchsetzen.
- Kap. 5.5.4. – Nachweisführung für den sicheren Einschluss
In diesem Kapitel sollen verschiedene Nachweismöglichkeiten für den sicheren Einschluss aufgezeigt werden. Hier wird ganz bewusst auch die Möglichkeit einer Nachweisführung in Kristallingestein aufgezeigt. Insofern ist dieses Kapitel ein Stück weit auch eine Weiterentwicklung vom AKEnd. Dass diese Einbeziehung noch nicht wirklich geglückt ist, zeigte die kontroverse Debatte. Dass die Einbeziehung von Kritallin nicht von allen gewollt ist, zeigte die Ankündigung von Bayern zu diesem Thema ein Sondervotum zum Kommissionsbericht abgeben zu wollen. Bereits zum Montag soll eine überarbeitete Version des Kapitels vorgelegt werden.
- Kap. 6.5.2. – Methodik für vorläufige Sicherheitsuntersuchungen
In diesem Kapitel gab es noch zwei strittige Punkte. Der erste betraf eine Fußnote, in der auch die VS Gorleben als Teil des Standes von Wissenschaft und Technik aufgeführt wurde. Es gab eine Mehrheit für die Streichung der kompletten Fußnote in der Kommission, allerdings nicht die eventuell erforderliche 2/3-Mehrheit. Der BUND brachte außerdem den Punkt ein, dass es bei der Erstellung der vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen einen dynamischen Prozess mit der kritischen Öffentlichkeit geben soll. Dazu muss der Vorhabenträger auch während der Erarbeitung der Sicherheitsuntersuchungen die Öffentlichkeit informieren. Die Kommission verständigte sich darauf, diese Pflicht in Kapitel 8.6. (Informationszugang im Standortauswahlverfahren) konkret zu benennen.
- Kap. 6.5.3. – Unterschiedliche Kriterien und ihre Funktion im Auswahlverfahren
Von vielen wurde ein Satz kritisiert, der sagt, dass „die geowissenschaftlichen Ausschlusskriterien und die geowissenschaftlichen Mindestanforderungen nicht so angewendet werden dürfen, dass eines der im StandAG festgeschriebenen möglichen Wirtsgesteine Salz, Ton und Kristallin praktisch von vorneherein ausgeschlossen wird.“ Der Satz würde die Kriterien deutlich entwerten. Er soll nicht so gemeint gewesen sein und wird überarbeitet.
- Kap. 6.5.7. – Prüfkriterien
Prüfkriterien soll es nach der Entscheidung der Kommission nur noch in Phase 3 geben. Dort wirken sie am Ende wie Ausschlusskriterien. Sie sollen in einem transparenten Prozess festgelegt werden.
- Kap. 6.5.8. – Geodaten, Datenlage
Es liegt ein guter Vorschlag von Niedersachsen und Schleswig-Holstein zum Problem des Umgangs mit ungleicher Datenlage in Phase 1 vor. Dieser wird kritisch diskutiert, aber von einer Mehrheit der Kommission im Grundsatz unterstützt. Der Vorschlag soll weiter präzisiert werden und wird dann erneut vorgelegt.“
- Hier als Dokumentation der Bericht über die gestrige Sitzung von der Homepage des Bundestags. Dort ist auch das Video zur Sitzung zu finden:
„Die Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe (Endlagerkommission) hat in ihrer Sitzung am Mittwoch, 15. Juni 2016, unter Vorsitz von Michael Müller die Beratungen zu ihrem Abschlussbericht fortgesetzt. Dabei beschlossen die Mitglieder des Gremiums nach dritter Lesung unter anderem Unterkapitel zu Akteuren und Gremien sowie dem Ablauf der Öffentlichkeitsbeteiligung (Kommissions-Drucksache 180h, Kapitel 7.3 und 7.4).
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„Erweiterungen“ der Öffentlichkeitsbeteiligung
Die im Kapitel 7.3 aufgeführten Gremien werden von der Kommission in dem bereits beschlossenen Kapitel 7.2.1 als „Erweiterungen“ der Öffentlichkeitsbeteiligung verstanden, die ein eigenes Handlungsfeld bilden sollen. In dem anderen Handlungsfeld werden rechtsschutzrelevante „Grundformen“, Stellungnahmen, Erörterungstermine, Strategische Umweltprüfung und Behördenbeteiligung, aufgeführt.
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Begründet wird die Erweiterung damit, dass die „besondere Art“ der Aufgabenstellung „neuartige Beteiligungsformen“ erfordere, „um die Bürger der zu untersuchenden Regionen frühzeitig und dialogorientiert an der Entscheidungsvorbereitung zu beteiligen“. Zwar sei eine gesetzliche Verankerung der erweiterten Beteiligungsgremien vorgesehen, diese Beteiligung solle aber „jenseits rechtlich festgeschriebener Routinen organisiert werden. Dadurch kann lokalen Besonderheiten Rechnung getragen und auch in konfliktreichen Beteiligungsphasen Flexibilität ermöglicht werden“, heißt es in Kapitel 7.2.1.
Einrichtung eines nationalen Begleitgremiums
Gegliedert werden die neu zu schaffenden Gremien in der erweiterten Öffentlichkeitsbeteiligung in „national“, „überregional“ und „regional“. Der Ablauf der Öffentlichkeitsbeteiligung wird dabei in drei Phasen unterteilt. Phase 1 mündet danach in den „Vorschlag für die übertägig zu erkundenden Standortregionen“, Phase 2 in den „Vorschlag für die untertägig zu erkundenden Standorte“ und Phase 3 in „Standortvorschlag und Standortvereinbarung“.Auf dem Weg: Vorgezogenes Nationales
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Als nationales Gremium soll nach dem Willen der Kommission – wie auch schon im Standortauswahlgesetz vorgesehen – ein nationales Begleitgremium eingerichtet werden. Die Kommission bekräftigt in dem Kapitel, dass das Begleitgremium „in kleinerer Besetzung“ bereits früher als geplant eingesetzt werden soll, um unter anderem einen „Fadenriss“ zwischen „Abgabe des Berichtsentwurfes der Kommission und dem Inkrafttreten des evaluierten Standortauswahlgesetzes“ zu vermeiden. Ein entsprechender Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU, SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen (18/8704) wurde vergangene Woche bereits in erster Lesung im Bundestag behandelt.
Berufung eines Partizipationsbeauftragten
Dem Gremium sollen nach Vorstellung der Kommission in seiner endgültigen Form 18 Mitglieder angehören, darunter zwölf „anerkannte Personen des öffentlichen Lebens“ und sechs Bürger, davon „zwei Personen, welche die junge Generation (16 bis 27 Jahre) vertreten“. Die Bürger sollen laut Kommission „durch das erprobte Prinzip des Bürgergutachtens“ ermittelt werden. „Zentrale Aufgabe“ des Gremiums soll „die vermittelnde Begleitung und Überwachung der Partizipation im Verfahren“ sein. „Eine besondere Stellung hat dabei die Umsetzung der Partizipation im Verfahren“, heißt es in dem Kapitel.
Das Gremium soll zudem die Möglichkeit haben, sich kurzfristig etwa durch Gutachtenvergabe wissenschaftliche Unterstützung zu holen sowie einen wissenschaftlichen Beirat einzuberufen. Zudem soll das nationale Begleitgremium einen Partizipationsbeauftragten berufen. Dieser soll unter anderem „auftretende Spannungen im Standortauswahlverfahren“ analysieren und sich dafür einsetzen, „mögliche Verfahrenshürden frühzeitig aufzulösen“. Der Beauftragte soll dem Gremium gegenüber rechenschaftspflichtig sein und gegebenenfalls auch von den Mitgliedern abberufen werden können.
Fachkonferenz für „Teilgebiete“
Auf überregionaler Ebene soll nach Willen der Kommission in Phase 1 eine Fachkonferenz „Teilgebiete“ eingerichtet werden. Diese Fachkonferenz soll in einer frühen Phase der Standortsuche tätig werden. Ziel sei eine frühzeitige Befassung mit Auswahlschritten im Verfahren, „bevor es zur Eingrenzung der Standortauswahl auf die übertägig zu erkundenden Standortregionen kommt“, heißt es in dem Kapitel.
Dazu soll die Fachkonferenz einen Zwischenbericht der Bundes-Gesellschaft für kerntechnische Entsorgung erörtern und sich mit der „Anwendung der Ausschlusskriterien sowie der geologischen Mindest- und geowissenschaftlichen Abwägungskriterien in Phase 1“ befassen, die zur Identifikation der Teilgebiete führen soll. Der Fachkonferenz sollen Vertreter der identifizierten Teilgebiete angehören.
Niederschwellige Beteiligung der Bürger
In den Regionen, die in Phase 1 zur übertägigen Erkundung vorgeschlagen werden, sollen Regionalkonferenzen die Verfahrensschritte „langfristig und intensiv“ begleiten. Zusammensetzen sollen sich die Regionalkonferenzen aus einer Vollversammlung und deren Vertretungskreis. Nach dem Willen der Kommission soll die Hauptaufgabe darin bestehen, „den gesamten Auswahlprozess intensiv zu begleiten und die wesentlichen Vorschläge und Entscheidungen auf Richtigkeit und Nachvollziehbarkeit zu überprüfen“.
Zudem soll die Möglichkeit geboten werden, interessierte Bürger „niederschwellig zu beteiligen“. Jede Regionalkonferenz soll zudem die Option haben, in den jeweiligen Phasen eine Nachprüfung zu verlangen.
„Rat der Regionen“
Die Regionalkonferenzen sollen nach Überlegungen der Kommission Vertreter in die überregional konzipierte Fachkonferenz „Rat der Regionen“ entsenden. In ihr sollen die Vertreter der Regionalkonferenzen unter anderem „ihre Erfahrungen über die Prozesse in ihrer jeweiligen Region“ austauschen und eine „überregionale Perspektive auf die Standortsuche“ entwickeln. Zudem sollen sich die Vertreter nach Willen der Kommission „mit den Entscheidungsvorschlägen für die Identifikation des Standorts mit der bestmöglichen Sicherheit“ gemeinsam beschäftigen. „Dabei soll insbesondere darauf abgezielt werden, widerstreitende und gegenläufige Interessen der Region ausgleichen zu helfen“, heißt es in dem Kapitel.
Der Fachkonferenz sollen außerdem Vertreter der Zwischenlagerstandorte angehören, um deren Perspektiven einzubringen, „weil dadurch auch eine Kenntnisnahme und ein Ausgleich der unterschiedlichen Interessenlagen ermöglicht wird“, heißt in dem Bericht. Die Kommission soll ihren Abschlussbericht bis Ende Juni vorlegen. (scr/15.06.2016)“
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