Atomenergie und URENCO-Uran: Wachsende zivil-militärische Grauzone

Auf Anfrage von Hubertus Zdebel (DIE LINKE) bestätigt die Bundesregierung, dass der teilweise deutsche Uran-Konzern URENCO die us-amerikanische Tennessee Valley Authority (TVA) mit Brennstoff für deren Atomkraftwerke (AKW) beliefert. Nach Angaben der Bundesregierung soll das URENCO-Uran aber nicht in dem TVA-AKW Watts Bar 1 eingesetzt werden, in dem Tritium für die Atomwaffen der USA hergestellt wird. Die Lieferungen mit angereichertem Uran zur Herstellung von Brennelementen für die anderen AKWs der TVA erfolgen vom URENCO-Standort in den USA. In der Bundesrepublik ist die URENCO-Fabrik in Gronau vom Atomausstieg ausgeschlossen. Die Urananreicherungstechnik unterliegt strengen Kontrollen, weil technisch ohne weiteres atomwaffenfähiges Uran hergestellt werden könnte. (Frage und Antwort sind unten im Text dokumentiert.)

Hubertus Zdebel, atompolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion DIE LINKE: „Es ist schon bemerkenswert, dass die Bundesregierung uns hier auf eine Frage antwortet, die wir konkret gar nicht gestellt hatten. Das zeigt, wie sensibel die Uranlieferungen der URENCO in der Grauzone der zivil-militärischen Nutzung sind.

Der teilweise bundesdeutsche URENCO-Konzern mit seinen Uranfabriken in Gronau, USA, GB und NL ist auf die zivile Atomenergie zur Stromerzeugung verpflichtet. Die USA selbst weichen diese Grenzen auf, wenn in einem „zivilen“ AKW zur Stromerzeugung wie Watts Bar 1 militärisches Tritium für die Sprengkraftverstärkung ihrer Atombomben hergestellt wird. Die URENCO-Uranlieferungen für die anderen AKWs von TVA sind in gewisser Weise eine Art Beihilfe, da die USA derzeit über keine eigene nationale Urananreicherungstechnik verfügen und ihren verbliebenen Uran-Reserven daher schonen müssen. Mit den Uranlieferungen von URENCO werden die US-Uranreserven entlastet.“

URENCO selbst hatte vor einigen Jahren die Möglichkeit von Uranlieferungen für die TVA und einem Einsatz auch im Waffen-Reaktor Watts Bar 1 rechtlich prüfen lassen und war zu der Auffassung gekommen, dass der „Vertrag von Almelo“ und andere Vorschriften für den Betrieb der Urananreicherungsanlagen solche Lieferungen zulassen würden. Die Bundesregierung ist klaren Antworten des Abgeordneten Zdebel mehrfach ausgewichen, wollte keine Kenntnis von den Rechtsauffassung von URENCO haben, obwohl das in US-amtlichen Dokumenten nachzulesen ist.

Erst vor kurzem war auch bekannt geworden, dass URENCO die Urananreicherung in den USA auf knapp unter die Grenze zur Atomwaffenfähigkeit von 20 Prozent Anreicherung Uran235 bringen wollte. Weil sich die USA für einen anderen Lieferanten entschieden haben, hat URENCO das offenbar vorerst auf Eis gelegt. Allerdings wird die Anreicherung mit dem spaltbaren Uran 235 in den USA jetzt auf einen Anteil von 10 Prozent hochgefahren. Bislang darf URENCO maximal einen Anreicherung von 6 Prozent betreiben, aber nur bis zu 5 Prozent angereichertes Uran an Kunden verkaufen.

Dokumentation:

Schriftliche Frage an die Bundesregierung im Monat Juli 2021
Frage Nr. 394, Antwort vom Berlin, 5. August 2021

Sehr geehrter Herr Abgeordneter,

seitens der Bundesregierung beantworte ich die Frage wie folgt:

Frage:
Welche Mengen angereicherten Urans sind nach Kenntnis der Bundesregierung
in den vergangenen vier Jahren von dem teilweise deutschen Unternehmen
URENCO von einem seiner vier Standorte in den USA, den Niederlanden, der
Bundesrepublik oder Großbritannien an den US-amerikanischen AKW-Betreiber
Tennessee Valley Authority (TVA) oder einem von diesem Unternehmen
beauftragten Brennelementehersteller geliefert worden, und in welchen
Atomkraftwerken der TVA sind die aus diesen Uranlieferungen gefertigten
Brennelemente nach Kenntnis der Bundesregierung eingesetzt worden?

Antwort; Andreas Feicht, Staatssekretär BMWi:

Nach Kenntnis der Bundesregierung hat URENCO von seinem Standort in den USA in
den Jahren 2017 bis 2021 angereichertes Uran an Brennelementehersteller der
Tennessee Valley Authority (TVA) geliefert, nicht an die TVA direkt. URENCO USA hat
kein angereichertes Uran für Brennelemente für Block 1 des Kraftwerks Watts Barr
geliefert.

Von den drei Standorten der URENCO in Europa (in den Niederlanden, in Deutschland
und dem Vereinigten Königreich) ist kein angereichertes Uran für die TVA geliefert
worden.

Mit freundlichen Grüßen

Dse4Zdebel

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