Risiko Vattenfall – Gespräche für neue Atomkraftwerke beginnen
Der schwedische Stromkonzern Vattenfall plant weiterhin den Neubau von Atomkraftwerken. Wie „Radio Schweden“ jetzt auf seiner Homepage meldet, hat Vattenfall „Verhandlungen mit den für die Kernkraftwerke Ringhals und Forsmark zuständigen Gemeindeverwaltungen über den Bau neuer Reaktoren angekündigt. Gemäß der Atompolitik der Regierung dürfen zwar keine neuen Kernkraftwerke gebaut werden, doch ist die Erneuerung der veralteten Reaktoren erlaubt.“ Schweden will auch künftig rund 50 Prozent seines Stroms aus der Risikotechnik Atomenergie beziehen.
Mit den jetzt angekündigten Gesprächen sollen die Planungen für den Neubau von Reaktorblöcken vorbereitet werden. „Bindende Beschlüsse für den Bau neuer Reaktoren werden jedoch nach Einschätzung von Fachleuten frühestens in acht bis zehn Jahren gefasst werden“, so Radio Schweden.
>>Siehe auch: Statt Energiewende: Hamburg finanziert künftig dank SPD Vattenfalls neue Atomkraftwerke in Schweden und Vattenfall setzt weiter auf Atomenergie und auch: AKWs Brunsbüttel und Krümmel: Vattenfalls Entschädigungsklagen gegen die Bundesrepublik – Weltbankgericht als Politik
Risiko Vattenfall – Sicherheitsversagen mit System
Auch Radio Schweden weist auf die Probleme von Vattenfall und den Atomkraftwerken hin: „Ringhals und Forsmark haben in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe teilweise schwerer Störfälle verzeichnet.“ Seit Jahren ist Vattenfall immer wieder in den Schlagzeilen, weil es um die Sicherheitskultur in dem Unternehmen nicht sonderlich gut bestellt ist. Das zeigte sich nicht nur in Deutschland wiederholt an den inzwischen abgeschalteten Vattenfall-Reaktoren Brunsbüttel und Krümmel. Auch in Schweden selbst geriet Vattenfall ins Kreuzfeuer der Kritik. So berichtete die taz unter der Überschrift „Meiler der Skrupellosen“ bereits 2007: „Die Verfasser des internen Vattenfall-Berichts sprechen von einer „Degradierung der Sicherheitskultur“ zugunsten von Produktionsinteressen. Das Personal rief vergeblich um Hilfe oder wurde selbst Teil des Problems.“
Ein Jahr zuvor wäre es im Vattenfall-Reaktor Forsmark beinahe zum Super-GAU gekommen, weil das Unternehmen in wichtigen Sicherheitsfragen total versagte. In dem erwähnten Bericht heißt es: „Insgesamt spricht der Rapport von „inakzeptablen Qualitätsfehlern“. Es habe „viele Unglücksfälle, Beinaheunfälle, Falscheinschätzungen, misslungene Tests und andere Fehlgriffe“ gegeben, ohne dass sie je genügend analysiert worden seien.“
Lobby-Control hatte bereits 2006 nach dem Störfall in Forsmark berichtet, dass Vattenfall gezielt falsche Informationen über den Vorfall in die Öffentlichkeit streute.
Vattenfall-Atommeiler Forsmark: Atomarer Blindflug
Am 25. Juli 2006 schrammt Nordeuropa nur knapp an einer atomaren Katastrophe vorbei. In dem von Vattenfall betriebenen Atommeiler Forsmark springt nach einem Kurzschluß die gesamte Notstromversorgung nicht an. Die Reaktormannschaft betreibt das Atomkraftwerk für fast eine halbe Stunde im Blindflug – ohne jede Information über die tatsächliche Lage im Reaktor. (Mehr bei Telepolis)
Auch in Deutschland wiederholen sich Sicherheitspannen und Falschdarstellungen, als es im Sommer 2007 zu einem Brand in einem der Transformatoren am AKW Krümmel kommt. Auch hier informierte Vattenfall über die Auswirkungen des Feuers auf die Anlage falsch. Als die tatsächlichen Folgen schließlich bekannt werden, führt der Skandal zur Absetzung und zu Rücktritten zahlreicher Manager aus den Führungskreisen von Vattenfall Deutschland. Eine Chronologie der Ereignisse findet sich auf der Seite des NDR hier. Doch mit der Sicherheitskultur wird es nicht besser. Zwei Jahre später, im Sommer 2009 soll das AKW Krümmel nach Reparaturen und dem Austausch des Transformators wieder ans Netz. Doch es zeigt sich, dass die Manager und Ingenieure nichts dazu gelernt hatten. Die NDR Chronologie berichtet dazu:
- 1. Juli 2009: Im wiederangefahrenen Atomkraftwerk Krümmel kommt es zu einer Panne. Die Turbine der Anlage schaltet sich automatisch ab. Laut Vattenfall hatte ein Mitarbeiter vergessen, ein wichtiges Ventil zu öffnen. Das AKW wird für einige Stunden vom Netz genommen.
- 4. Juli 2009: Das AKW Krümmel steht wieder still. Das für die Atomaufsicht zuständige Sozialministerium teilt mit, dass es zu einer Schnellabschaltung in dem Reaktor gekommen ist. Grund sei offenbar eine Störung in einem der beiden Maschinentransformatoren. In Hamburg kommt es zu großflächigen Stromausfällen und Wasserrohrbrüchen aufgrund ausgefallener Pumpen.
- 7. Juli 2009: Der Leiter des Kraftwerks Krümmel wird von seinen Aufgaben entbunden. Der geplante Austausch der beiden Maschinentransformatoren werde dazu führen, dass das AKW für mehrere Monate vom Netz bleibe, teilt Betreiber Vattenfall mit.
Bereits im Jahr 2001 war es im AKW Brunsbüttel zu einem schweren Störfall gekommen, den Vattenfall in der Folge ebenso herunterspielte. Im Dezember 2001 zerfetzte eine Knallgasexplosion ein 10 cm dickes Stahlrohr in unmittelbarer Nähe des Reaktordruckbehälters. Bruchstücke des Rohres flogen wie Geschosse umher und richteten auch in der Umgebung Schäden an. Glücklicherweise wurden keine sicherheitsrelevanten Einrichtungen getroffen. Nur ein einfaches Rückschlagventil, das bei der Explosion zudem beschädigt wurde, verhinderte das Ausströmen des unter hohem Druck stehenden radioaktiven Dampfes. Zwei Monate lang bleibt der Reaktor noch am Netz, bevor sich die Atomaufsichtsbehörde endlich durchsetzen und das AKW zur Inspektion vom Netz nehmen kann. 13 Monate bleibt Brunsbüttel abgeschaltet.