Stilllegung AKW Isar1/Ohu: Zeitplan läuft aus dem Ruder – Fehlende Castor-Behälter
Die Stilllegung der nach der Katastrophe von Fukushima abgeschalteten Atommeiler kommt nur schleppend voran. Still und leise verabschiedet sich die Bundesregierung offenbar von dem Ziel, dass der Reaktor Isar1/Ohu bei Landshut spätestens 2017 frei von Brennelementen sein wird. Das ergibt sich aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Hubertus Zdebel, Sprecher für Atomausstieg der Fraktion DIE LINKE. Weil immer noch Castor-Behälter fehlen und deren Einlagerung ins Standort-Zwischenlager noch nicht genehmigt ist, lagert die enorme Zahl von 1734 hochradioaktiven Brennelemente im sogenannten Nasslager innerhalb des Siedewasser-Reaktors und diese müssen aktiv gekühlt werden. Konkrete Antworten, wann die erforderlichen Behälter zur Verfügung stehen und die Anlage „kernbrennstofffrei“ sein wird, liefert die Bundesregierung nicht.
- Die Antworten der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage von Hubertus Zdebel (Drucksache 18/4077) ist hier als PDF zum download.
„Vier Jahre nach Fukushima und der Abschaltung der Atomreaktoren gibt es offenbar immer noch keinen verlässlichen Plan, wie das Entladen der hochradioaktiven Brennelemente bei den Siedewasserreaktoren vom Typ Isar1 zeitlich ablaufen soll. Auch in Brunsbüttel, Krümmel oder Philippsburg1 fehlen diese Behälter immer noch“, kritisiert der Bundestagsabgeordnete Zdebel diese Situation. „Ohne die erforderlichen Castor-Behälter lagert das hochradioaktive Material in den Nasslagern der Atommeiler und müssen weiterhin aktive Sicherheitssysteme in Betrieb gehalten werden, um die Kühlung dieser hochgefährlichen Brennelemente zu gewährleisten. Versagt diese Kühlung, sind auch Kritikalitätsstörfälle nicht auszuschließen.“
- Atommüll-Entsorgung am Abgrund: Umstritten ist nach wie vor, welche Auswirkungen das Urteil des OVG Schleswig hat, mit der das Gericht die Genehmigung für das Castor-Zwischenlager am AKW Brunsbüttel aufgehoben hat. Die Bundesregierung behauptet in ihrer Antwort, dass das Urteil keine „unmittelbare rechtliche Auswirkung“ habe und betont, dass Bund und Länder (also auch die grün geführten Atomaufsichtsbehörden der Länder!) gemeinsam der Auffassung sind, dass keine Erkenntnisse vorliegen, die die rechtskräftigen Genehmigungen in anderen zentralen und dezentralen Zwischenlagern in Frage stellen (Siehe Antwort der Bundesregierung auf Anfrage Zdebel). Umweltverbände und auch der Bundestagsabgeordnete Zdebel kritisieren: Da alle Zwischenlager nahezu zeit- und baugleich um 2005 herum genehmigt wurden, bestehen auch in diesen Zwischenlagern die gleichen „Ermittlungs- und Bewertungsdefizite“ wie in Brunsbüttel. Dort dürfen nach einer atomrechtlichen Anordnung der Atomaufsicht Schleswig-Holstein bis zu einer neuen Genehmigung keine neuen Castor-Behälter (die es wie in Isar1/Ohu aber derzeit ohnehin nicht gibt) aus dem AKW mehr eingelagert werden. Diese Konsequenzen müssen aus Sicht von Zdebel, aber auch z.B. vom BUND grundsätzlich auch an allen anderen Standorten gelten. Siehe dazu: Zdebel: Atommüll nach dem Brunsbüttel-Urteil: Castor-Stopp und andere Konsequenzen und der BUND: Nach Brunsbüttel-Urteil: Sicherheit sämtlicher Atommülllager muss überprüft werden. Zwischenlagerung von Castoren aus Wiederaufarbeitungsanlagen bedarf neuer Genehmigungen
Insgesamt 34 Castor-Behälter vom Typ V/52 werden in Isar1/Ohu benötigt, damit allle hochradioaktiven Brennelemente aus dem Nasslager entfernt werden können. Doch auf die Frage, wie viele dieser Behälter jeweils in diesem Jahr und den Jahren 2016 und 2017 zur Verfügung stehen werden, gibt es nur den vagen Hinweis seitens der Bundesregierung, dass die Energieversorgungsunternehmen „auf den Behälterhersteller GNS eingewirkt (haben), die Behälterproduktion zu beschleunigen, um dem Bedarf gerecht zu werden.“ Ebenfalls keine Aussage macht die Bundesregierung zur Frage, wann denn damit zu rechnen sei, dass alle Brennelemente aus dem abgeschalteten Reaktor entfernt sein werden.
Obwohl sich noch hochradioaktive Brennelemente in der Anlage befinden und diese mit aktiven Systemen gekühlt werden müssen, soll der Rückbau in Isar1/Ohu beginnen, wenn – wie die Bundesregierung mitteilt – Ende 2015 oder Anfang 2016 dazu die Genehmigung von der bayersichen Atomaufsicht erteilt wird.
Selbst wenn für Isar1/Ohu Castorbehälter vom Typ V/52 zur Verfügung stünden: Derzeit können diese nicht in das Standort-Zwischenlager eingestellt werden, weil dazu ebenfalls noch die Genehmigung durch das Bundesamt für Strahlenschutz fehlt. „Nach derzeitigem Stand ist mit einer Genehmigung im Laufes des Jahres 2016 zu rechnen“, sagt die Bundesregierung.
Außerdem teilt sie mit: Im Standort-Zwischenlager Niederaichbach befinden sich derzeit 9 Behälter des Typs CASTOR V/52 (alt) mit 468 Brennelementen des KKI I sowie 25 Behälter des Typs CASTOR V/19 mit 475 Brennelementen des KKI II eingelagert. Insgesamt dürfen maximal 152 Castor-Behälter vom Typ V19 oder V52 dort eingelagert werden. Die Genehmigung für das Zwischenlager ist auf 40 Jahre befristet und läuft 2047 aus. Hubertus Zdebel verweist darauf, dass es vermutlich bis dahin kein „Endlager“ geben wird und sich daher die Frage stellt, wie es dann mit der Lagerung dieses brisanten Atommülls weiter gehen wird.