Zukunftsrat Hamburg: Holzverbrennung (aus Namibia) im Kraftwerk Tiefstack unvereinbar mit Klimaziel
Soll Holz aus Namibia zum Kohleausstieg im Hamburger Heizkraftwerk Tiefstack zum Einsatz kommen? Der rot-grüne Senat lässt das in Zusammenarbeit mit dem staatlichen Unternehmen „Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit“ (GIZ, GmbH) und anderen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Akteuren prüfen. Über 40 Umwelt- und Entwicklungs-Organisationen hatten solche Überlegungen jüngst in einem Brief an das Entwicklungshilfeministerium scharf zurückgewiesen. Jetzt geht auch der Koordinierungskreis des Hamburger Zukunftsrats auf Distanz. In einem aktuellen Beschluss vom 1. April heißt es: „Wir sehen die energetische Nutzung von Biomasse als Kohleersatz in Tiefstack überwiegend kritisch und unvereinbar mit dem 1,5 Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens.“ Und der BUND Hamburg unterstreicht abermals: Keine Holzverbrennung im Kraftwerk, Klimaschutz muss die Leitlinie sein!
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Der BUND Hamburg betont in seiner aktuellen Stellungnahme, dass „keine Brennstoffe aus dem globalen Süden importiert werden“ sollen. „Nach Jahrhunderten des Imports von Brenn- und Rohstoffen aus diesen Regionen, die mit Umweltzerstörungen, Menschenrechtsverletzungen und Kriegen in Zusammenhang stehen, fordern wir, die Energieversorgung aus regionalen Quellen zu organisieren. Nicht nur für Deutschland, sondern für fast alle Länder ist es eine große Herausforderung, die Energie- und Rohstoffversorgung aus erneuerbaren Quellen zu bestreiten. Daher sollten im Sinne der globalen Klimagerechtigkeit die im Globalen Süden vorhandenen Rohstoffe auch dort bleiben und zur Verfügung stehen. Darüber hinaus kostet der Transport aus weit entfernten Ländern immer auch zusätzliche Ressourcen die für die Versorgungssicherheit nicht mehr zur Verfügung stehen.“
Der Koordinierungskreis des Zukunftsrats ist vielschichtig zusammengesetzt. Mitglieder sind unter anderem der BUND und der Nabu, aber auch der Landfrauenverband, der Sozialverband Hamburg, die Gemeinwohl-Ökonomie Hamburg oder einige Vereine für Mehr Demokratie oder auch Demokratische Offenheit. Der Zukunftsrat bzw. einzelne Akteure beteiligten sich von Anfang an aktiv als Teilnehmer an einem Sondierungsprozess im Rahmen einer „Biomasse-Partnerschaft Hamburg Namibia„.
Das es im Koordinierungskreis des Zukunftsrats offenbar eher komplizierte Debatten gegeben hat, macht der Beschlusstext deutlich:
„Wir sehen die energetische Nutzung von Biomasse als Kohleersatz in Tiefstack überwiegend kritisch und unvereinbar mit dem 1,5 Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens.
Wir begrüßen die Trennung der Evaluation eines zukünftig klimaneutralen Betriebs von Tiefstack von der Lösung des Verbuschungsproblems in Namibia.
Wir unterstützen die Beauftragung eines Gutachtens, das die Optionen zu einem klimaneutralen Betrieb von Tiefstack darlegt – unabhängig von der Lösung des Verbuschungsproblems in Namibia.
Wir würden begrüßen, wenn BUKEA für die Lösung des Verbuschungsproblems in Namibia ein weiteres Gutachten in Auftrag gibt, das umfassend Nachhaltigkeitsaspekte (ökologische und soziale, globale Lieferkette), sowie kulturelle Aspekte der Landnutzung in Namibia evaluiert – und die aus der Kolonialzeit für Hamburg erwachsende Verantwortung abwägt.“
Hinter den Kulissen ist schon seit geraumer Zeit wohl klar, dass ein Namibia-Holz-Einsatz in Tiefstack nicht in Frage kommt. Die Zusammensetzung des Holzes führt zu Problemen in den Kesseln, die umfangreiche Nachrüstungen erfordern. Der BUND verweist in seiner genannten Stellungnahme darauf hin, dass teure Nachrüstungen sich aber nur über lange Zeit rechnen und deswegen abzulehnen wären. In einem Vortrag hatte Hamburg Wärme jüngst in einer Veranstaltung als Betreiber zu einem Biomasse-Einsatz aus Namibia in Tiefstack Stellung genommen und auch auf Probleme hingewiesen: Platzmangel am Standort für die Zwischenlagerung des Holzbrennstoffes, Transportanforderungen vom Seehafen zum Standort und einiges mehr.
Mit Blick auf einen Namibia-Holz-Einsatz in Tiefstack ist das Projekt also möglicherweise bereits am Ende. Insofern ist die Beschlussfassung im Zukunftsrat nicht sehr stringent. Aber schon von Anfang an hatte das Projekt für Irritationen gesorgt, denn im Grunde stand das Ganze auch in hohem Maße als ein GIZ-Projekt im Raum, mit dem Wirtschaftspolitik im großen Stil auf der Agenda stand und die Tiefstack-Idee nur als Türöffner genutzt wurde, um Finanzmittel aus der Umweltbehörde zu mobilisieren. Es gibt in der Umweltbehörde zur GIZ ja durchaus Verbindungen.
Zuletzt hatte auch der Hamburger Energietisch mit seinem Gutachter Prof. Dr. Dietrich Rabenstein noch einmal massiv das Projekt kritisiert.
Hamburgs grüner Umweltsenator Jens Kerstan hatte jüngst in der Bürgerschaft versprochen, dass der Kohleausstieg in der Wärmeerzeugung bis 2028 vollzogen werden soll. Zwei Jahre früher, also im Kohleausstiegsgesetz als Ergebnis der Verhandlungen mit der Volksinitiative Tschüss Kohle vereinbart.