Sicherheit von Atommüll-Zwischenlagerung vor Gericht: In Mannheim wird Klage aus Philippsburg verhandelt

Sicherheit von Atommüll-Zwischenlagerung vor Gericht: In Mannheim wird Klage aus Philippsburg verhandelt

Gleich zwei Verhandlungstage hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg angesetzt, um die Sicherheit bei der Zwischenlagerung von hochradioaktivem Atommüll in Philippsburg zu prüfen. Am kommenden Dienstag und Mittwoch wird mündlich die Klage der Stadt Philippsburg und von drei privaten Klägern behandelt. Im Eilverfahren waren die Kläger*innen vor rund einem Jahr mit ihren Anliegen, die Atomtransporte mit dem strahlenden Müll aus der Wiederaufarbeitungsanlage in La Hague in Frankreich zu stoppen. Jetzt geht im Hauptsacheverfahren um die detaillierte Prüfung.

Bei der laufenden Klage geht es um die Frage, ob die Sicherheit und Sicherung des Atommülls im Zwischenlager in Philippsburg tatsächlich ausreichend gewährleistet ist. Die Stadt und die weiten Kläger hatten entsprechende Zweifel angemeldet. Da geht es nicht nur um die baulichen Belange, ob das Zwischenlagergebäude ausreichend ist, was passiert, wenn die Castor-Behälter, in denen sich der hochgefährliche Atommüll befindet, undicht werden.

  • Noch im Dezember wird in einem weiteren Verfahren in Sachen Sicherheit von Atomtransporten mit hochradioaktivem Müll mit einem „Zwischenurteil“ gerechnet. Es geht im 152 Atomtransporte, die über Jahre hinweg von Jülich in das Zwischenlager nach Ahaus sollen. Im sogenannten Eilverfahren muss das Verwaltungsgericht Berlin eine Klage des BUND NRW entscheiden. Der BUND hat massive Zweifel, dass die Sicherheit der extrem gefährlichen radioaktiven Stoffe gegeben ist. Außerdem hält er die Transporte – wie auch die Landesregierung in NRW – für unnötig. Der Bau einer verbesserten Zwischenlagerhalle wäre die bessere Lösung, argumentiert der BUND.

Auch die Frage, ob es ausreichenden Schutz gegen Terrorangriffe mit z.B. Drohnen oder auch Flugzeugen (gezielter Absturz) gegeben ist. Und schließlich machen sich die Kläger auch Sorgen, ob Risiken ausreichend berücksichtigt sind, die im Zuge des Krieges in der Ukraine, in der ja auch die dortigen Atomanlagen immer wieder von Kampfhandlungen, zu befürchten sein könnten, weil Deutschland in dem Konflikt die Ukraine unterstützt.

Der Bürgermeister von Philippsburg, Stefan Martus, verwies auf Nachfrage von umweltFAIRaendern auf seine Äußerungen gegenüber der Stuttgarter Zeitung: „Über mein Haus fliegen ständig Flugzeuge, die vom Flughafen Frankfurt starten“ und fragt: „Was ist, wenn so eine Maschine mit vollem Tank gezielt bei uns zum Absturz gebracht wird?“ Besonders betont er, dass diese Maschine auch Sprengstoff an Bord haben könnten, auch Drohnen könnten bewaffnet den Zielort Zwischenlager anfliegen, so Martus. Er braucht als nicht nur kriegerische Staaten, sondern auch Terrorgruppen könnten solche Angriffe durchführen.

Ein erhebliches Problem für die Klagenden: Viele der Risiken bzw. der Abwehr- und Schutzmaßnahmen unterliegen strikter Geheimhaltung. Damit will der Staat sicherstellen, dass Angreifer keine Hinweise erhalten, die ihnen bei der Vorbereitung von Angriffen helfen. Für den „Schutz gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter“ (SEWD) gibt es entsprechend geheime „Lastannahmen“ und dazu werden im weiteren ebenfalls geheime Richtlinien verfasst, die der Betreiber in Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen einhalten muss.

Nachdem in Brunsbüttel ein Verfahren gegen das dortige Zwischenlager erfolgreich war und die Genehmigung aufgehoben wurde, wurde das Atomgesetz entsprechend zum Vorteil der staatlichen Atombehörden in der Weise gestärkt, dass weder die Klagenden noch die Gerichte detaillierten Einblick erhalten. Daher ist auch kaum verwunderlich, dass Klagen zur Sicherheit bei Atomtransporte und Zwischenlagerung wenig Erfolg hatten.

  • Über die Terminierung in dem Klageverfahren informiert der Verwaltungsgerichtshof Ba-Wü hier und hier.

Auf der Terminseite des Verwaltungsgerichtshof – Links siehe oben – wird erklärt:

„Stadt Philippsburg u.a .gegen Bundesrepublik Deutschland wegen Drittanfechtung atomrechtliche Aufbewahrungsgenehmigung

Aktenzeichen: 10 S 1314/24

Die Sitzung findet statt im Dienstgebäude des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, 68165 Mannheim, Schubertstraße 11, Untergeschoss, Sitzungssaal III.

Streitgegenstand: Die Stadt Philippsburg und drei Anwohner begehren mit ihren Klagen die Aufhebung der 9. und der 10. Änderungsgenehmigung des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung vom 08.12.2021 und vom 25.07.2023 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 30.07.2024, mit denen der Beigeladenen die Aufbewahrung von verfestigten mittel- und hochradioaktiven Kernbrennstoffen in Form von Glaskokillen aus der Wiederaufbereitung bestrahlter Brennelemente aus deutschen Kraftwerken in La Hague in insgesamt vier Transport- und Lagerbehältern genehmigt wurde. Die ebenfalls anhängig gemachten Eilanträge hat der 10. Senat mit Beschluss vom 07.11.2024 (- 10 S 1555/24 – juris) abgelehnt. Die Kläger verfolgen mit ihren Anfechtungsklagen ihr Begehren weiter und machen insbesondere geltend, dass es im Rahmen der Aufbewahrung der mittel- und hochradioaktiven Kernbrennstoffe zu Ereignisse kommen könne, die zur Freisetzung von Radioaktivitätskonzentrationen führen könne, die über den maßgeblichen Richtwerten liegen würden.“

Dirk Seifert

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