Hamburger Energienetzbeirat: Erneuerbar ohne Vattenfalls Kohlekraft
Die sechste Sitzung des Energienetzbeirates, der als Folge des erfolgreichen Volksentscheids „Unser Hamburg – Unser Netz“ zur Rekommunalisierung der Netze für Strom, Fernwärme und Gas etabliert worden ist, fand am 23. März statt. Die Top-Themen weiterhin: Ersatz des Kohleheizkraftwerks in Wedel, die Neuausrichtung der Fernwärme mit erneuerbaren Energien und die Frage, wie geht das am besten? Das Ganze als öffentliche Veranstaltung in der Hamburger Umweltbehörde.
- Die Präsentationen und Vorlage zur und während der Sitzung sind hier in einer Zip-Datei zum download bereit gestellt oder über die Homepage des Energienetzbeirats zu finden.
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Der Streit um das klima- und umweltschädliche Heizkraftwerk in Wedel und die Frage, wann dieses bislang für die Fernwärme von Hamburg bedeutsame Kraftwerk ersetzt werden kann, beschäftigt die Stadt schon einige Zeit. Verschärft wird die Situation, weil inzwischen auch die Schadstoffe, die aus dem Kraftwerk freigesetzt werden, immer mehr zum Politikum werden. Dazu trägt auch der Wahlkampf zu den Landtagswahlen im Mai in Schleswig-Holstein bei. Denn vor Ort machen Aktive und Anwohner reichlich Druck und vor allem die bisherige Tatenlosigkeit der SH-Grünen sorgte für viel Unmut. Die örtliche Initiative kritisierte die zuständige Aufsichtsbehörde im Schleswig-Holsteiner Energieministerium über das Wedel-Kraftwerk mehrfach, viel zu lasch mit dem Betreiber umzugehen. (Zu den Schadstoffbelastungen lädt die Ini für den 30. März zu einer Veranstaltung in den Ratssaal der Stadt Wedel, Beginn: Ab 18:00 Uhr. Eingeladen ist der Gutachter Herr Tebert (Fa. Ökopol, Freiburg), die Fa. Vattenfall und die zuständige Aufsichtsbehörde in Kiel (LLUR).)
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In den Medien wird über die strittigen Debatten zur Neuausrichtung der Hamburger Fernwärme viel geschrieben. Das Manager-Magazin spricht gar von „Hamburgs Wärme-Revolution: Radikale Energiewende – Hamburg zapft Firmen an“. Ziel ist es, die Fernwärme von Vattenfall spätestens 2018 zu übernehmen, wie es der Volksentscheid fordert. Auf dem Weg dorthin soll die bislang mit Kohle aus Wedel versorgte Fernwärme auf möglichst viel klimafreundliche, erneuerbare Energien umgestellt werden. Dabei mischt natürlich auch Vattenfall weiter kräftig mit. Immerhin betreibt Vattenfall das 1.600 MW Kohlekraftwerk in Moorburg und ist bemüht, dessen wirtschaftliche Perspektive nach Milliarden-Verlusten in den vergangenen Jahren zu verbessern. Ein Weg, dies zu erreichen: Möglichst viel der Wärme aus Moorburg in die Kraft-Wärmekopplung bringen, weil das Fördergelder bringt und die Auslastung der Anlage verbessert.
Genau hier liegt eines der größten Probleme im Umbau der Hamburger Wärme. Ein Ausbau der Fernwärme südlich der Elbe müsste mit einer großen Warmwasserleitung über die Elbe hinweg in den Norden der Stadt transportiert werden. Eine Leitung, die für Vattenfalls Kohlemonster in Moorburg ein Sprungbrett für neue Kunden wäre. Hinzu kommt: Jetzige Pläne aus dem Hause des grünen Umweltsenators Jens Kerstan sehen vor, dass die Müllverbrennungsanlage am Rugenberger Damm, mehrheitlich von Vattenfall betrieben, ihre Wärme künftig in den Norden liefern soll. Ein bislang mit dieser Wärme belieferter Industriebetrieb würde dann seine Wärme-Versorgung über das Kohlekraftwerk Moorburg organisieren.
Nicht nur bei einigen Journalisten verfängt die Vattenfall-Argumentation: Wenn Moorburg ohnehin Wärme erzeugt und dabei die Klimakatastrophe anheizt, dann sollte die Warme doch besser genutzt, als „in die Elbe gekühlt“ zu werden. Energietechniker können über eine solche Frage wunderbar lange streiten und sich allerlei Werte und Betriebsfahrweisen vor- und nachrechnen. Bedeutsam aber beim Umbau der Wärmeversorgung ist: Das Zeitalter der Kohle muss schnellstens beendet werden, wenn es gelingen soll, die weitere Erderwärmung durch die viel zu hohen CO2-Emissionen zu verhindern. Vor diesem Hintergrund ist wirtschaftlicher Druck auf Vattenfall natürlich eindeutig die bessere Möglichkeit, um den Ausstieg aus Moorburg zu fördern.
Darauf verweist auch Manfred Braasch vom Hamburger BUND in der Welt: „Umweltorganisationen und Bürgerinitiativen allerdings wollen unbedingt verhindern, dass die Atomkraft für eine Übergangszeit ausgerechnet durch Kohlestrom ersetzt wird. „Der BUND hält aus Klimaschutzgründen einen konsequenten Kohleausstieg bis spätestens 2030 für zwingend“, sagt Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer der Umweltorganisation in Hamburg. „Das Kraftwerk Moorburg muss also in 13 Jahren vom Netz. Teure Investitionen und eine ökonomische Stabilisierung des Kraftwerkes Moorburg lehnen wir daher ab. Die zukünftige Nutzung von ,Kohlewärme‘ aus Moorburg zum Beispiel im Hamburger Fernwärmesystem würde zudem klimafreundliche und innovative Lösungen blockieren.““
Außerdem verweist die Welt in ihrem Artikel darauf, dass der BUND noch mit zwei Klagen zu Vattenfalls Kohle-Monster am Start ist. Zum einen geht es um ein Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, wo es um die Kühlung des Kraftwerks und die Elbe geht. Genauer: Wie oft und wann muss Vattenfall den Hybridkühlturm einsetzen, statt das aufgeheizte Kühlwasser direkt in die Elbe einzuleiten? Kommt das Gericht zu dem Schluss, dass eine Belastung der Elbe minimiert werden muss, wäre das für Vattenfall und das Klimamonster Moorburg fatal, stellt die Welt fest: „Dürfte Vattenfall allerdings ausschließlich den Kühlturm des Kraftwerks nutzen, könnte das Unternehmen die Anlage nicht mehr wirtschaftlich betreiben.“
Ein weiteres Verfahren steht beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg an. Es geht darum, ob die von Vattenfall bei Geesthacht errichtete Fischtreppe als Ausgleich für tote Fische in Moorburg anerkannt werden darf. Dieses Verfahren ist von der EU-Kommission in Gang gesetzt worden. Die Kommission ist der Auffassung, dass diese Ausgleichsmaßnahme nicht korrekt ist. „Auch dieses Verfahren könnte dazu führen, dass das Kraftwerk mit dem Hybridkühlturm gekühlt werden muss“, sagt Braasch der Welt.
Da ich gerade eine Betriebsbesichtigung der Fischtreppe in Geesthacht sowie des Speicherbecken anstoßen und als Teilnehmer durchführen konnte, ist mir der Hinweis im letzten Absatz sehr bedeutsam.
Am 28. Februar war eine Gruppe von Hochinteressierten – einschließlich Julia Verlinden, MdB aus Niedersachsen – mit dabei.
Es ging um die Frage „Wasserkraftnutzung trotz Fischtreppe?“
Die Antwort der Fischexpertin; ein einfaches, klares JA !
Allerdings sind derzeit die CO2-Kosten mit 5 bis 6 € pro Tonne Ausstoß noch viel zu niedrig, so dass es (betriebs-) wirtschaftlich ´nicht geht´.
Da aber diese Strafkosten in absehbaren Monaten hochgeschraubt werden müssen, ist der Planungsbeginn für eine solch große Planungsaufgabe der Wasserkraftnutzung an der Staustufe in Geesthacht sogar schon mit hohem Termindruck angezeigt.