Klage abgewiesen – Revision nicht zugelassen: Forschungsreaktor Garching darf atomwaffenfähig weiter machen.

Klage abgewiesen – Revision nicht zugelassen: Forschungsreaktor Garching darf atomwaffenfähig weiter machen.

“Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat mit heute den Beteiligten bekanntgegebenem Urteil vom 18. Juni 2024 (Az. 22 A 20.40009) die Klage des BUND Naturschutz Bayern e.V. betreffend den von der Technischen Universität München (TUM) in Garching bei München betriebenen Forschungsreaktor (Hochflussneutronenquelle München – FRM II) abgewiesen. Der Kläger (BUND Naturschutz) wollte mit seiner Klage verhindern, dass der Betrieb des FRM II mit hoch angereichertem Uran (d.h. mit „HEU-Brennelementen“; HEU = highly enriched uranium) wiederaufgenommen wird.” So lautet die Meldung des bayerischen Gerichts von heute Mittag. Der Kläger, der BUND Bayern will die schriftliche Urteilsbegründung prüfen, “ob er gegen die Entscheidung Rechtsmittel einlegt. Dies hängt unter anderem davon ab, welche Aussagen das Gericht zur Klagebefugnis des BN trifft und ob sich der BUND Naturschutz dem Grunde nach auf die Einhaltung der Proliferationsbestimmungen stützen darf.” Das BMUV oder das Bundesforschungsministerium haben sich zum Urteil wohl nicht geäußert. (oder?) Auch das Auswärtige Amt – zuständig in Sachen Proliferation – hat sich nicht zum Urteil in Garching geäußert (oder?)

Weiter heißt es in der Meldung des Gerichts: “Der 22. Senat hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Als Rechtsmittel gegen das Urteil kann der Kläger daher eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zum Bundesverwaltungsgericht einlegen, sobald den Beteiligten die schriftlichen Urteilsgründe zugestellt wurden. Mit dem Abfassen der schriftlichen Urteilsgründe ist – auch angesichts der Komplexität des Klageverfahrens/dessen zugrundeliegender Fragestellungen – erst in den kommenden Monaten zu rechnen.

Sobald das Urteil vollständig abgefasst vorliegt und den Beteiligten zugestellt wurde, werden wir eine Pressemitteilung versenden und das Urteil auch anonymisiert auf unserer Homepage veröffentlichen.”

Der Klagevertreter und Geschäftsfürer des BUND Bayern – Peter Rottner – hatte während der Verhandlung am Montag bereits deutlich gemacht, dass es nach dem Urteil von München wohl mit einer nächsten Instanz weitergehen wird. Gegenüber B24 sagte er in einem TV-Bericht: …” es sind eine Menge grundsätzlicher Rechtsfragen zu klären, so das, wie immer es ausgehen wird, auch die nächste Instanz gefragt werden wird.” (Siehe Link oben bzw. hier: https://umweltfairaendern.de/2024/06/18/wird-atomforschungsreaktor-garching-abgeschaltet-gericht-entscheidet-wohl-mittwoch-naechste-instanz-im-blick/)

Auch die IPPNW hatte sich für die Stilllegung des Reaktors eingesetzt und die Forderungen des BUND in Bayern unterstützt. (siehe direkt hier die PM der IPPNW) Als Reaktion auf das Urteil sagte Angelika Claussen, Co-Vorsitzende der ärztlichen Friedensorganisation IPPNW: “Angesicht der weltweit wachsenden Atomgefahren ist das heutige Urteil aus München, mit dem der Weiterbetrieb des Forschungsreaktors Garching mit atomwaffenfähigem Uran-Brennstoff erlaubt bleibt, unverständlich und ein völlig falsches Signal. Russisches Atomwaffenuran – zu Brennelementen verarbeitet bei Framatome in Frankreich – eingesetzt in einem Forschungsreaktor in München, Bayern, Deutschland. Solche Kulissen öffnen Tür und Tor, dass auch andere Staaten sich bestärkt fühlen können, die Grenzen der vermeintlich zivilen Atomenergie immer mehr zu erweitern.”

In der PM als Reaktion auf das Urteil teilte der BUND Bayern als Kläger nun mit (hier in voller Länge als Dokumentation):

“BN enttäuscht über Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs.

Der Atomreaktor in München-Garching darf entgegen internationaler Bemühungen, schwächer angereichertes Uran als Kernbrennstoff einzusetzen, weiterbetrieben werden.

Zur Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs über die Klage des BUND Naturschutzes bezüglich des Forschungsreaktors Garching erklärt der BN-Vorsitzende Richard Mergner: „Wir bedauern das Urteil des Gerichts. Unabhängig von der juristischen Fragestellung, muss noch einmal auf die Besonderheit des Betriebs mit hochangereichertem Uran hingewiesen werden: Es gibt einen internationalen Konsens, dass man Forschungsreaktoren auf niedrig angereichertes Uran umrüstet, damit es insgesamt weniger Anreicherung gibt für den Bau von Atombomben. Die USA haben das seinerzeit vorangetrieben, Deutschland hat das unterstützt. Bayern hat sich einfach darüber hinweggesetzt und Uran aus Russland bezogen. Wir halten das auch nach dem Urteil des VGH für hochproblematisch!“

Hintergrund: Ein Brennelement entspricht ungefähr einer Atombombe. Solch ein Brennelement kann in Garching in zwei Monaten abgebrannt werden – etwa 40 Brennelemente sind bereits verbraucht worden. Das Material ist danach immer noch so hoch konzentriert, dass es für den Bombenbau geeignet ist.

Der BUND Naturschutz wartet jetzt die schriftliche Urteilsbegründung ab und prüft, ob er gegen die Entscheidung Rechtsmittel einlegt. Dies hängt unter anderem davon ab, welche Aussagen das Gericht zur Klagebefugnis des BN trifft und ob sich der BUND Naturschutz dem Grunde nach auf die Einhaltung der Proliferationsbestimmungen stützen darf.

Der BN-Geschäftsführer Peter Rottner unterstreicht: „Einen Erfolg hatte dieses Gerichtsverfahren bereits jetzt: Das Umweltministerium hat angekündigt, zu Beginn der 2030er Jahre auf einen Umbau des Reaktors und einer Verwendung geringer angereicherter Brennstoffe hinzuwirken.”

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Dirk Seifert

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