Plutonium – fast 5.000 Kilogramm warten auf AKW-Einsatz
Noch fast 5.000 Kilogramm hochgefährliches Plutonium aus der Wiederaufarbeitung bestrahlter Brennelemente in Frankreich und England sollen in den nächsten Jahren in Form von so genannten Mischoxid-Brennelementen (MOX) in deutschen Atomreaktoren eingesetzt werden. Das geht aus Daten der Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) hervor.
Aktuell sollen MOX-Brennelemente mit dem Atomfrachter Atlantic Osprey von Sellafield über den Midgard-Hafen in Nordenham und dann weiter per LKW zum AKW Grohnde transportiert werden. Zahlreiche Initiativen und ROBIN WOOD rufen zum Protest gegen diese gefährlichen Transporte auf. Der Transport geht über Nordenham, nachdem Bremen und andere niedersächische Hafenstädte ihre Häfen für diese gefährlichen Atomtransporte gesperrt haben.
Jährlich erstellt die GRS im Auftrag der Bundesregierung (Bundesamt für Strahlenschutz) einen Bericht über die „Entsorgung abgebrannter Brennelemente aus den Kernkraftwerken in der Bundesrepublik Deutschland“, die so genannte Länderumfrage. Der letzte dieser Berichte ist im November 2011 erstellt worden. Die dort angeführten Daten haben den 31.12.2010 zum Stichtag, liegen also noch vor der Atomkatastrophe von Fukushima.
In der Zusammenfassung des Berichts heißt es: „Im Jahr 2010 wurden 590 kg Pu-fiss in Form von MOX-Brennelementen in die Reaktoren eingesetzt und rezykliert. Für weitere 4.993 kg Pu-fiss aus der Wiederaufarbeitung ist der Einsatz als MOX-Brennstoff in den Reaktoren bis 2019 geplant.“
Bei einem Anteil von durchschnittlich rund 13 Kilogramm Plutonium je Brennelemente entspräche dies einer Menge von rund 384 MOX-Brennelementen, die in den Jahren bis 2019 noch hergestellt, transportiert und in den Reaktoren eingesetzt werden sollen.
Der Bericht listet die verbleibenden Plutoniummengen der jeweiligen Eigentümer auf. Dabei ist zu beachten, dass Vattenfall in den AKWs Brunsbüttel und Krümmel keinen Einsatz von MOX durchgeführt hat. Das Plutonium von Vattenfall ist daher an die Gesellschaft VENE übergeben worden, ein Unternehmen, dass überschüssige Plutonium-Mengen der einzelnen Betreiber wie ein Pool verwaltet und für „Interessenten“ zur Verfügung stellt. Auf der S. 29f listet die GRS auf:
- „E.ON KK besitzt 645 kg Pu-fiss, verwertet aber darüber hinaus weitere 1545 kg von anderen EVU. Insgesamt werden etwa 2190 kg in eigenen Reaktoren eingesetzt. Das Fremdplutonium stammt von RWE (109 kg aus KRB-C mit Einsatz in KKI-2 und/oder KBR) und VENE (264 kg aus KRB/KKK mit Einsatz in KWG, 1158 kg aus KKK mit Einsatz in KKI-2 und/oder KBR).
- RWE besitzt 1965 kg Pu-fiss, verwertet davon aber nur 1856 kg in eigenen Reaktoren (KRB 865 kg, KKE 991 kg). Die Differenz von 109 kg übernimmt E.ON KK.
- VENE besitzt 1709 kg Pu-fiss, verwertet aber nichts in eigenen Reaktoren. 264 kg sollen in KWG (E.ON KK), 1158 kg in anderen E.ON KK-Reaktoren und 287 kg in Reaktoren, die noch nicht festgelegt wurden, eingesetzt werden.
- EnKK besitzt 660 kg Pu-fiss und will diese komplett im eigenen Reaktor GKN-Il einsetzen.“
Zum Einsatz von MOX siehe auch den Bericht: E.on räumt ein – Plutonium-Brennelemente machen nur Probleme. Und hier.
Seit Anfang der 80er Jahre bis Ende 2005 wurden bestrahlte Brennelemente aus deutschen Reaktoren zur Wiederaufarbeitung nach Frankreich und England transportiert. Der Anteil des spaltbaren Plutonium 239 beträgt dabei weniger als ein Prozent! In der Antwort zu einer Kleinen Anfrage teilt die Bundesregierung im April 2010 mit (PDF): „Aus der Wiederaufarbeitung bestrahlter Brennelemente im In- und Ausland sind insgesamt etwa 62,4 Tonnen Plutonium zu erwarten.“
Außerdem teilt die Bundesregierung mit: Bis zum 31. Dezember 2008 sind 838 Tonnen als MOX-Brennelemente entsprechend 50,8 Tonnen Plutonium in deutsche Reaktoren zurückgeführt worden.“
In einem Artikel hat die Osnabrücker Zeitung gestern davon gesprochen, dass nach ihren Recherchen noch insgesamt ca. 100 Atomtransporte mit plutoniumhaltigen MOX-Brennelementen zu den verschiedenen Atomkraftwerken in Deutschland zu erwarten sind. Eine nachvollziehbare Darstellung erfolgt in dem Artikel allerdings nicht. Die Zeitung berichtete: „Nach Informationen unserer Zeitung werden noch zahlreiche weitere derartige Transporte in den kommenden Jahren erfolgen – trotz Atomausstieg. Kraftwerksbetreiber EnBW teilt auf Anfrage mit, dass aus Sellafield etwa 28 Mox-Brennelemente zurückerwartet werden. Das ergebe sich aus der Menge des bei der Wiederaufarbeitung angefallenen Plutoniums.“
Außerdem berichtet die OZ, dass E.on auch aus Franreich noch weitere MOX-Brennelemente erwartet: „Abgesehen von der letzten Fracht aus England steht bei Eon noch die Lieferung von etwa 60 Mox-Brennelementen aus der Wiederaufarbeitungsanlage im französischen La Hague aus. Hierhin wurden über die Jahre 5379 Tonnen strahlende Fracht geliefert. Keine genauen Angaben wollte RWE machen, nur so viel: Auch der Essener Konzern muss noch Mox-Brennelemente zurücknehmen.“
Entgegen der Behauptung in der Osnabrücker Zeitung, dass das AKW Emsland laut RWE keine Genemigung für den MOX-Einsatz hat, verfügen alle neun noch in Betrieb befindlichen Atomkraftwerke über eine Genehmigung für den Einsatz von MOX-Brennelementen: Brokdorf, Grohnde, Emsland, Philippsburg 2, Neckarwestheim 2, Gundremmingen B und C, Isar 2, Grafenrheinfeld.