Was strahlt denn da? Atomtransporte und wachsende Proteste in Hamburg

UF6ausGronauURENCO(Hinweis: Dieser folgende Artikel stammt vom Mai 2014 und ist von mir im Blog von Robin Wood verfasst worden und wird hier zur Dokumentation nachträglich veröffentlicht) Heftiges atomares Treiben im Hamburger Hafen. Fast jeden zweiten Tag werden radioaktive Stoffe, meist Uran in unterschiedlichen Varianten, durch die Elbmetropole geschleust. Über 180 solcher Atomtransporte kreuzten 2013 die Hansestadt, allein 116 mal war angreichertes Uran für den Einsatz in Atomkraftwerken geladen.

Während die rot-grün regierte Hansestadt Bremen seine Häfen für die Transporte mit angereichertem Uran vor einigen Jahre gesperrt hat, freuen sich die Atom-Spediteure im Hamburger Hafen über den ungestörten Betrieb an der Elbe: Mit den Stimmen der SPD hat die Bürgerschaft jüngst ein Verbot von Atomtransporten im Hafen abgelehnt. Doch der Widerstand gegen diese riskanten Atomtransporte wächst. Immer öfter gelingt es AtomkraftgegnerInnen, die unter Geheimhaltung stattfindenden radioaktiven Frachten (NDR, Panorama3) ausfindig zu machen – und sie organisieren Protest.

Wachsende Proteste gegen die vielen Atomtransporte

Erst am letzten Samstag war der Atomfrachter „Atlantic-Cartier“ mit radioaktiven Frachten „zu Gast“ in Hamburg und Objekt einer Protest-Aktion von Anti-Atom-Aktivisten mit Unterstützung von ROBIN WOOD. Vor einem Jahr war der Frachter mit Munition, Ethanol und radioaktiven Stoffen an Bord in Brand geraten und hatte einen 16-stündigen Großeinsatz der Feuerwehr ausgelöst. Die zuständige Umweltbehörde schwieg zu diesem Vorfall. Über die Aktion am letzten Samstag berichteten die Mopo, das Hamburger Abendblatt, die taz-Hamburg und andere Medien.

Am frühen morgen des gleichen Tags wird auch ein Straßentransport mit Uran im Hafen gesichtet (Foto siehe oben). Das vor allem chemisch extrem gefährliche Zwischenprodukt Uranhexafluorid (UF6) ist auf einem LKW der Bremer Spedition Kieserling unterwegs. Gegen diese Spedition protestierte ROBIN WOOD Bremen bereits vor einiger Zeit.)

Und schon am letzten Dienstag heißt es erneut: Radioaktive Stoffe werden am zum Burchard-Kai gehörenden Alabasterkai umgeschlagen. Diesmal heißt der Frachter „Sheksna“. Deutlich – so die AtomkraftgegnerInnen, die sich das durchs Fernglas ansehen, sind die Radioaktivitäts-Zeichen auf den insgesamt sechs Containern zu sehen.

Ein Fernsehteam vom NDR ist vor Ort und dreht den Umschlag der radioaktiven Stoffe. Es heißt, eigentlich hätten sie auf einen anderen Atomfrachter gewartet. Doch die Atlantic Compainon, die z.B. zwischen Kanada und Hamburg mir radiokativem Uran regelmäßig unterwegs ist, verspätet sich offenbar. Kein Problem: Das NDR-Team nimmt mit der „Sheksna“ vorliebt. Strahlt ja auch!

Wiederum etwas später, immer noch im Hamburger Hafen, diesmal am Waltershofer Damm. Erneut werden LKWs mit dem Radioaktivitäts-Zeichen gesichtet. Drei weiße Zugmaschinen fahren mit blauem Containern aus dem Hafen, offenbar Richtigung Bremen.

Rund ein Jahr nach dem Großbrand auf der Atlantic Cartier am Oswaldkai hat sich in Hamburg in Sachen Sicherheit nichts getan. Als vor einigen Wochen das Schwesterschiff der Atlantic Cartier, die Atlantic Compainon den Hamburger Hafen mit radioaktiver Fracht an Bord ansteuerte, berichteten Medien, dass alle drei Löschboote der Feuerwehr defekt und nicht Einsatzbereit wären. Darüber informierte auch ROBIN WOOD unter der Überschrift: „Kein Wasser, wenn es brennt

Sicherheitsmängel bleiben bestehen

AtomtransporteAtlanticCartier-HH-Hafen03052014-FotoDirkSeifert-20“Und täglich grüßt das Restrisiko” überschriebt jüngst die Hamburg-Ausgabe der Zeit einen Artikel über die riskanten Atomtransporte durch die Hansestadt. “Der Brand auf dem Atomfrachter “Atlantic Cartier” am 1. Mai letzten Jahres zählt zu den größten Havarien im Hamburger Hafen. Konsequenzen daraus zog der Senat keine.”

ROBIN WOOD und Anti-Atom-Initiativen aber fordern Konsequenzen. Deshalb protestierten sie nicht nur am 3. Mai gegen den Atomfrachter Atlantic-Cartier. Bereits drei Tage zuvor stiegen sie der Reederei ACL aufs Dach, der die „Atlantic“ Schiffe gehören. Auf den Transparenten war die Forderung klar zu lesen: „Atomtransporte stoppen!“ Tags darauf erklärten sie einen Teil der Hafen-City zum Sperrgebiet: Mit Chemikalienschutzanzügen verkleidet zogen sie durch den Grasbrookpark in der Hafen-City, verteilten Atommüll-Attrappen, sperrten Teile des Spielplatzes als Super-GAU Sperrgebiet ab und verteilten Flugblätter.

Weitere Proteste und Campen gegen Atomkraft

AtomtransporteAtlanticCartier-HH-Hafen03052014-FotoDirkSeifert-133Keine Frage: Die Proteste gegen die gefährlichen Atomtransporte werden weiter  gehen. Nicht nur in Hamburg. Bereits in Planung ist ein Anti-Atom-Camp am Nord-Ostsee-Kanal in der Nähe von Kiel. Im August wollen dort AtomkraftgegnerInnen und ROBIN WOOD über die Strahlen-Risiken und Atomfrachten auf einer der meistbefahrenen künstlichen Wasserstraße der Welt informieren. Was die Anti-Atom-Aktiven umtreibt, kann man auch hier bei den „Freien Radios“ nachhören. Dort erklärt Hanna Poddig, was los war und worum es geht.

Nicht nur das „reisende atomare Risiko“ haben sie dabei im Blick: Die Atomtransporte sorgen dafür, dass Atomkraftwerke in aller Welt weiterhin Katastrophen wie Tschernobyl und Fukushima zur Folge haben können und im großen Stil Atommüll produziert wird, für dessen sichere Lagerung es auf diesem Planeten bislang keine Lösung gibt.


Dirk Seifert

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