Plutonium verschenkt: Karlsruhe gibt Bombenstoff ab

Die ehemalige Atomforschungsanlage in Karlsruhe hat rund 200 Kilogramm Plutonium an die britische Regierung „verschenkt“. Das teilt der Parlamentarische Staatssekretär Stefan Müller (Forschungsministerium) auf eine Schriftliche Frage des Linken-Bundestagsabgeordneten Hubertus Zdebel mit (siehe unten).

Als Grund gibt der Staatssekretär an, dass für das Plutonium aus Karlsruhe nach dem beschlossenen Atomausstieg in Deutschland „keine Verwendung“ mehr besteht. Fast alle bundesdeutschen Atomforschungsanlagen hatten angesichts fehlender Lagermöglichkeiten für ihre hochradioaktiven Brennelemente in den 90er Jahren Wiederaufarbeitungsverträge mit Großbritannien geschlossen. Die Wiederaufarbeitung – die 2005 verboten wurde – diente jahrzehntelang als sogenannter „Entsorgungs-Vorsorge-Nachweis“ und war für den Betrieb der Anlagen rechtlich vorgeschrieben.Ohne einen solchen Nachweis drohte die Schließung.

Mit dem Hinweis, dass es sich bei den hochradioaktiven Brennelementen wegen des darin befindlichen Plutoniums um „Wertstoffe“ handeln würde, wurde die Wiederaufarbeitung als Entsorgungsweg anerkannt. Während die bundesdeutschen Forschungsanlagen ihre Brennelemente in Großbritannien (Dounreay) aufarbeiten ließen, hatten die Atomkrafwerks-Betreiber Verträge mit den Plutioniumfabriken in Sellafield (GB) und La Hague (F) abgeschlossen. Das Plutonium wurde zu sogenannten Mischoxid-Brennelementen (MOX) für die AKWs verarbeitet und wird noch heute in AKWs wie Brokdorf und Gundremmingen eingesetzt.

Die hochradioaktiven Abfälle aus der Wiederaufarbeitung wurden in Glaskokillen eingegossen und per Castor-Transporten nach Gorleben in das dortige Zwischenlager transportiert. Derzeit müssen noch insgesamt 26 Castor-Behälter aus der Wiederaufarbeitung in Frankreich und England zurück genommen werden. Im Rahmen der Verabredungen zu einem vermeintlichen Neustart bei der Endlagersuche wurde vereinbart, dass künftig keine solchen Atomtransporte mehr nach Gorleben stattfinden sollen. Wohin das hochradioaktive Material stattdessen soll, ist bislang ungeklärt.

In den Castor-Behältern aus Großbritannien wird auch der hochradioaktive Atommüll aus der Wiederaufarbeitung der Brennelemente aus den deutschen Forschungsreaktoren enthalten sein.

Informationen über Dounreay und die Wiederaufarbeitung aus deutschen Forschungsreaktoren finden sie hier bei umweltFAIRaendern.

Die Schriftliche Frage von Hubertus Zdebel, Bundestagsabgeordneter und atompolitischer Sprecher der Links-Fraktion im Wortlaut: 

„Welche „deutsche Forschungsorganisation“ hat 140 kg Plutonium an Großbritannien abgegeben, wie es in einem Bericht des Nuklearforum Schweiz heißt, und was sind die Hintergründe dieses Tausches?“

Antwortet Stefan Müller, Parlamentarische Staatssekretär im Forschungsministerium:
„In Großbritannien lagern 139,9 kg Plutonium, die aus Wiederaufarbeitungsverträgen des früheren Kernforschungszentrums Karlsruhe (später auf WAK Rückbau- und EntsorgungsGmbH Karlsruhe übergegangen) mit der damaligen United Kingdom Atomic Energy Authority UKAEA) stammen. Das Plutonium sollte ursprünglich in den Kernbrennstoffkreislauf in Deutschland zurückgeführt werden. Nach dem Ausstieg Deutschlands aus der kommerziellen Nutzung der Kernenergie besteht hierfür keine Verwendung mehr. Um Transporte des Materials zu vermeiden, hat Großbritannien das Plutonium in sein Eigentum übernommen.“

Dse4Zdebel

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