Braune Geschichte: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe reagiert auf wachsenden Druck – Zdebel (DIE LINKE) kritisiert Entfernung der Webseite über die BGR-Präsidenten
„Es ist gut, wenn nun endlich die braune Geschichte der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) und ihrer Vorgängerorganisationen in den Focus gerät und eine Aufarbeitung in Gang kommt. Gleichzeitig lässt es tief blicken, dass die BGR die Seite über ihre bisherigen Präsidenten einfach sang- und klanglos vom Netz genommen hat“, kritisiert der Bundestagsabgeordnete Hubertus Zdebel (Fraktion DIE LINKE).
Zdebel weiter: „Die BGR reagiert auf den wachsenden Druck über die bis heute nicht erfolgte Aufarbeitung ihrer Nazi-Geschichte. Auf ihrer Homepage hat die BGR auf der ‘Geschichts-Seite’ nun eine Ergänzung vorgenommen, in der die fehlende Aufarbeitung eingeräumt wird und nun von der großen Bedeutung einer solchen Aufarbeitung die Rede ist. Die Formulierung folgt der Antwort der Bundesregierung auf meine Kleine Anfrage zur BGR und der Hans-Joachim-Martini-Stiftung.
Gleichzeitig hat die BGR die Seite über die Präsidenten der BGR aus dem Netz genommen. Darunter waren mit Hans-Joachim Martini, Alfred Bentz und Gerhard Richter-Bernburg ehemalige Präsidenten, die als Geologen an der Kriegsführung in Nazi-Deutschland, vor allem auf dem Gebiet der Erlangung kriegsnotwendiger Rohstoffe, großen Anteil hatten.
Ich habe vor wenigen Tagen als ersten Schritt Original-Dokumente über die Nazi-Vergangenheit des ehemaligen BGR-Präsidenten und Stiftungsnamensgebers Hans-Joachim Martini (1937 Eintritt in NSDAP, 1942 in die SS) sowie Martinis 1940 einsetzende Tätigkeit als Geologe im ‘Reichsprotektorat Böhmen und Mähren’ und in der 1939 gegründeten ‘Slowakischen Republik’ veröffentlicht,
Über Martinis braune Vergangenheit und sein Wirken in der Arbeitsstelle Prag ab 1940 findet sich auf der jetzt nicht mehr vorhandenen Webseite über die BGR-Präsidenten nichts. Es wird bis heute totgeschwiegen.. Wenn die BGR nun aber schamvoll die Seite mit der Auflistung der früheren Präsidenten einfach aus dem Netz nimmt, ist das mehr als peinlich. Auch hier wäre ein Hinweis, dass die Aussagen zu den Präsidenten mit Blick auf ihre Tätigkeit in Nazi-Deutschland und ihre Kriegs-Beteiligung noch aufgeklärt werden müssen, sinnvoller, aber vor allem angebracht gewesen.
Wie tief der Sumpf ist, zeigt die neue Untersuchung über die Nazi-Geschichte des Justizministeriums. Die Geschichte der BGR und ihrer ‚Vorgängerorganisationen‘, insbesondere der Preußischen Geologischen Landesanstalt (PGLA) und der Reichsstelle und des Reichsamtes für Bodenforschung, muss jetzt endlich umfassend und rückhaltlos wissenschaftlich aufgearbeitet werden.“
Erläuterung:
Die aus dem Netz genommene Seite zu den Präsidenten der BGR ist auf dieser Archiv-Seite online:
http://archive.is/WLzZz#selection-18.1-120.9
Die oben erwähnte Ergänzung auf der BGR-Homepage ist hier zu finden: http://www.bgr.bund.de/DE/Gemeinsames/UeberUns/Geschichte/geschichte_node.html
Mit Datum Juli 2012 sah die Seite noch so aus: http://archive.is/hST0/image
Auszug: In ihrer Antwort (PDF) auf die Kleine Anfrage Drs. 18/9732 von Zdebel zur fehlenden Aufarbeitung der Nazi-Geschichte teilt die Bundesregierung auf die Fragen 25 und 26 mit: „Die Fragen 25 und 26 werden aufgrund ihres Zusammenhangs gemeinsam wie folgt beantwortet: Die systematische geschichtliche Untersuchung und wissenschaftliche Aufarbeitung der 1958 gegründeten Bundesanstalt für Bodenforschung (BfB), die 1975 in Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) umbenannt wurde, und ihrer Vorläufereinrichtungen steht noch aus (siehe Antwort zu den Fragen 7 und 8, Abs. 2 in Bundestagsdrucksache 18/4238). Der Untersuchung kommt aus Sicht des BMWi sowie auch des BGR eine große Bedeutung zu. Auf Basis der Erfahrungen aus der BMWi-Geschichtskommission wird das BMWi gemeinsam mit der BGR dazu weitere konkrete Schritte einleiten, um eine systematische, wissenschaftlich unabhängige Aufarbeitung bei der BGR durchzuführen. Die entsprechenden Gespräche dazu sind bereits in Vorbereitung.“
Zum Hintergrund außerdem:
Dokumente über den Ex-BGR-Präsidenten Dr. Hans-Joachim Martini und die Kriegsführung im Nationalsozialismus: https://umweltfairaendern.de/dokumente-ueber-den-ex-bgr-praesidenten-dr-hans-martini-und-die-kriegsfuehrung-im-nationalsozialismus/
Nachgefragt: BGR und Martini-Stiftung – Wirtschaftliche Einflussnahme und NS-Geschichte:
https://umweltfairaendern.de/nachgefragt-bgr-und-martini-stiftung-wirtschaftliche-einflussnahme-und-ns-geschichte/
Zur späten Aufklärung über die Nazi-Geschichte des Justizministeriums und den Einsatz von Nazi-Juristen siehe hier die soeben veröffentlichte Studie „Die „Akte-Rosenburg“ – Endergebnisse des Rosenburg-Projekts vorgestellt: http://www.bmjv.de/SharedDocs/Artikel/DE/2016/10102016_Rosenburg.html;jsessionid=2CBD827720940B159312FC057EF22A1F.1_cid297