Internationaler Ärzte-Protest gegen Schweizer Alt-Atomreaktor Leibstadt: 40 Jahre sind genug!

Internationaler Ärzte-Protest gegen Schweizer Alt-Atomreaktor Leibstadt: 40 Jahre sind genug!

Während die Betreiber der beiden Uralt-Reaktoren von Beznau in der Schweiz erklären, das AKW deutlich über 60 Jahre betreiben zu wollen, protestierten Ärzt:innen der IPPNW am 5.12. in Stuttgart und Bern gegen den geplanten Weiterbetrieb des AKW Leibstadt, direkt an der deutsch-schweizerischen Grenze am Rhein gelegen. Über 500 Ärzt:innen aus dem süddeutschen Raum hatten einen entsprechenden Appel unterzeichnet, der die Stilllegung des Reaktors fordert, mindestens aber die internationalen Regeln für eine Betriebszeit über 40 Jahre hinaus einzuhalten. Die Forderungen richten sich den Schweizer Umweltrat und an die zuständigen Umweltministerien in Stuttgart und Bonn, die die Schweiz auffordern sollen, die internationalen Anforderungen für die geplante Betriebsverlängerung einzuhalten. Dazu wäre eine Umweltverträglichskeitsprüfung (UPV) mit grenzüberschreitender Öffentlichkeitsbeteiligung erforderlich. Die Schweiz weigert sich, dieses Verfahren nach Espoo- und Aarhus-Konvention anzuwenden. Auch die Schweizer AKWs in Beznau und Gösgen wurden ohne Anwendung im nationalen Alleingang von der Schweiz am Netz gehalten. An der Aktion in Stuttgart vor dem dortigen Umweltministerium von Baden-Württemberg beteiligte sich auch der Landesverband BaWü des BUND. Die taz berichtet über beide Anlässe.

Weiteres: Die Schweizer Energie Stiftung SES reagiert so auf die Meldung zu Beznau.

Dokumentationen

IPPNW-Pressemitteilung vom 5. Dezember 2024

Warnung vor für Deutschland gefährlichstem AKW

Stuttgart: Ärzt*innen übergeben Offenen Brief aus Sorge um geplanten Langzeitbetrieb des grenznahen AKW Leibstadt/Schweiz

In Sorge über den geplanten Langzeitbetrieb des Alt-AKW Leibstadt in der Schweizer Grenzregion zu Deutschland wenden sich 500 Ärzt*innen sowie 250 Unterstützer*innen am heutigen Donnerstag, 5. Dezember, in einem Offenen Brief an die politisch Verantwortlichen beiderseits der Grenze. In ihrem gemeinsam initiierten Appell warnen die Internationalen Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) in Deutschland und der Schweiz vor den Risiken des Langzeitbetriebs und fordern die Stilllegung des Alt-Meilers, mindestens aber die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und eine grenzüberschreitende Öffentlichkeitsbeteiligung im Hinblick auf die faktische Laufzeitverlängerung. In einer öffentlichen Aktion werden die Unterschriften in Stuttgart an das Landesumweltministerium übergeben und in Bern an die zuständigen Vertreter im National- und im Bundesrat.

Das Schweizer Atomkraftwerk Leibstadt liegt in unmittelbarer Grenznähe zu Baden-Württemberg. Bereits im September 2024 feierte der Betreiber das 40-jährige Bestehen des Altmeilers. Am 15. Dezember erreicht das AKW Leibstadt das Ende seiner Betriebsdauer von 40 Jahren, für die es bei der Inbetriebnahme 1984 ausgelegt war. Dennoch wollen die Betreiber und die Schweizer Behörden den Alt- und Risikomeiler weitere Jahrzehnte am Netz halten. Entgegen ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen aus den Konventionen von Aarhus und Espoo weigern sich die zuständigen Schweizer Behörden, eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unter öffentlicher Beteiligung der betroffenen Anwohner*innen beiderseits der Grenze durchzuführen.

Dr. med. Jörg Schmid aus Stuttgart, Sprecher der Arbeitsgruppe Atomenergie der IPPNW Deutschland, erklärt dazu: „Wir können nicht akzeptieren, dass sich die politisch Verantwortlichen in der Schweiz damit herausreden, dass ihr Atomgesetz keine Laufzeitbegrenzung kennt. Das AKW Leibstadt muss nach 40 Jahren Laufzeit abgeschaltet werden. Sollte der Betreiber einen Langzeitbetrieb anstreben, muss die Schweiz eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung durchführen. Dazu ist sie völkerrechtlich verpflichtet, dagegen helfen auch keine Verharmlosungsversuche. Das Alt-AKW bedroht unsere Region und die Gesundheit der Bevölkerung. Radioaktivität macht eben nicht am Schlagbaum halt. Daher fordern wir die deutschen Behörden im Land und im Bund dazu auf, auf die Schweiz einzuwirken und sich für unsere Forderung nach länderübergreifender öffentlicher Beteiligung einzusetzen.“

Eine wissenschaftliche Analyse des Genfer Institut Biosphère zu den Risiken eines schweren Atomunfalls in den Atomkraftwerken der Schweiz und Frankreichs identifiziert das AKW Leibstadt als das „mit Abstand gefährlichste Atomkraftwerk für Deutschland“.

Der Schweizer Onkologe Dr. Claudio Knüsli, Mitautor der Studie, ergänzt hierzu: „Die verschiedenen Wetterszenarien zeigen, dass bei einem schweren Unfall im grenznahen AKW Leibstadt die deutsche Bevölkerung stärker betroffen wäre als die Schweizer. Bei ungünstigen Wetterbedingungen wären die Opferzahlen in Deutschland sogar mehr als doppelt so hoch. Wir schätzen, dass in Europa je nach Wetterlage zwischen 20.000 und 90.000 schwere strahlenbedingte Erkrankungen wie Krebs, Herzinfarkte oder Schlaganfälle auftreten würden“.

Öffentliche Aktion von IPPNW Deutschland und BUND Baden-Württemberg am Donnerstag, den 5.12.24, ab 13.00 Uhr in Stuttgart:
Kundgebung und Übergabe des Offenen Briefes und der Unterschriften an das Umweltministerium (Umweltministerium Baden-Württemberg, Kernerplatz 9, 70182 Stuttgart).

Unsere Schweizer Kolleg*innen demonstrieren zeitgleich vor dem Schweizer Parlament in Bern auf dem Bundesplatz (3011 Bern, Schweiz) und übergeben den offenen Brief an die politisch Verantwortlichen: https://www.ippnw.ch/2024/12/05/40-jahre-akw-leibstadt-am-15-12-2024-schluss-mit-der-behoerdlichen-verharmlosung-der-strahlenrisiken/

Fotos von der Aktion: www.flickr.com/photos/ippnw

Der BUND mit seiner PM ist hier:

Schweizer Schrott-AKW abschalten!

05. Dezember 2024 | Atomkraft, Energiewende, Klima und Energie (BW), Umweltpolitik (BW), Klimaschutz (BW), BUND Baden-Württemberg (BW)

Alt-Meiler in Leibstadt birgt Risiken für Bevölkerung in Baden-Württemberg

Anlässlich einer gemeinsamen Protestaktion am heutigen Donnerstag, 5.12.2024, der Ärzt*innenorganisation IPPNW und des BUND Baden-Württemberg vor dem baden-württembergischen Umweltministerium gegen die Laufzeitverlängerung des Schweizer Atomkraftwerks Leibstadt, erklärt Sylvia Pilarsky-Grosch, Landesvorsitzende des BUND Baden-Württemberg:

„In der Schweiz droht eine Laufzeitverlängerung für das Atomkraftwerk (AKW) Leibstadt, das direkt an der Grenze zu Baden-Württemberg bei Waldshut-Tiengen liegt. Wir fordern von den zuständigen Behörden im Land, das Sicherheitsrisiko des AKW Leibstadt nach 40 Jahren Laufzeit ernst zu nehmen. Die Landesregierung muss sich für ein grenzüberschreitendes Genehmigungsverfahren und für eine möglichst schnelle endgültige Abschaltung dieses Schweizer Schrott-AKWs einsetzen. Denn durch die Nähe zu Baden-Württemberg könnte die Bevölkerung bei uns im Falle eines Unfalls sogar stärker gefährdet sein als in der Schweiz. Auch wenn die letzten deutschen Atomkraftwerke im April 2023 endgültig abgeschaltet wurden und der Rückbau der Anlagen in vollem Gange ist, ist die Gefahr durch die Hochrisikotechnologie noch längst nicht gebannt.“

Hintergrund:

In Baden-Württemberg wurde das letzte Atomkraftwerk (Neckarwestheim II) am 15. April 2023 abgeschaltet. Leider sind die Gefahren damit noch nicht gebannt. Das zeigt etwa eine wissenschaftliche Analyse des Genfer Institut Biosphère zu den Risiken eines schweren Atomunfalls in den Atomkraftwerken der Schweiz und Frankreichs. Sie identifiziert das AKW Leibstadt als das „mit Abstand gefährlichste Atomkraftwerk für Deutschland“. 500 Ärzt*innen sowie 250 Unterstützer*innen wenden sich deshalb in einem offenen Brief an die politisch Verantwortlichen beiderseits der Grenze. In ihrem gemeinsam initiierten Appell warnen die deutsche und Schweizer Sektion der Internationalen Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) vor den Risiken des Langzeitbetriebs und fordern die Stilllegung des Alt-Meilers, mindestens aber die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung und eine grenzüberschreitende Öffentlichkeitsbeteiligung im Hinblick auf die faktische Laufzeitverlängerung.

Mehr Informationen:

Dirk Seifert

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