Stromnetz Berlin: Vattenfall spielt falsch

Vattenfall-Schriftzug im Berliner Hauptbahnhof: Wenn alles klappt, kann Vattenfall den im nächsten Jahr abbauen lassen! Foto: Dirk Seifert

Ach Vattenfall. Angesichts des drohenden Verlust der Netze für Strom und Fernwärme durch den anstehenden Volksentscheid in Hamburg für die vollständige Rekommunalisierung dieser Netze droht das Unternehmen immer wieder mit Fantasiekosten für die Netzübernahme. Nun passiert das auch in Berlin. Dort will nicht nur eine Initiative die vollständige Netzübernahme notfalls per Volksentscheid durchsetzen. In Berlin gibt es obendrein eine Bürger-Genossenschaft, die das Netz gleich kaufen will. Die haben jetzt auf die Ankündigung von Vattenfall reagiert, dass das Stromnetz in Berlin 2,5 Milliarden Euro kosten soll. Hier die Reaktion von BürgerEnergie Berlin:

„Netzbetreiber hält Daten über Berliner Netz zurück und setzt Kaufpreis zu hoch an

Der Berliner Stromnetzbetreiber Vattenfall veröffentlicht ein Gutachten, das den Wert des Berliner Stromnetzes auf mindestens 2,5 Milliarden Euro schätzt. Dabei handelt es sich jedoch um den Sachzeitwert des Netzes, nicht um den für eine Übernahme relevanten* Ertragswert (Erläuterung s.u.). Die für die Berechnung des Ertragswerts nötigen Daten hält Vattenfall jedoch zurück. Dazu erklärt Luise Neumann-Cosel, Vorstand der Genossenschaft BürgerEnergie Berlin:

„Das Verfahren für die Neuvergabe des Berliner Stromnetzes läuft bereits seit knapp zehn Monaten. Dennoch hat Netzbetreiber Vattenfall noch immer nicht die für die Kaufpreisermittlung notwendigen Daten vorgelegt. So kennt ausschließlich Vattenfall den tatsächlichen Wert der Anlagen, alle anderen Bewerber sind dagegen gezwungen, ohne umfassendes Wissen in den Wettbewerb um das Netz zu treten. Das ist, als ob ein Gebrauchtwagenhändler vom Käufer einen hohen Preis verlangt – diesem aber nicht einmal das zu verkaufende Auto zeigt.

Vattenfall selbst fordert immer wieder ein faires Vergabeverfahren für die Stromnetz-Konzession ein. Gleichzeitig führt das Unternehmen die Forderung ad absurdum und sorgt für eine ungleiche Ausgangslage und eine Diskriminierung der anderen Bewerber. Um einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen, muss nun Schluss sein mit dem Versteckspiel: Vattenfall muss unverzüglich die Daten zum Ertragswert des Stromnetzes veröffentlichen. Wer eigene Preisvorstellungen bekannt gibt und gleichzeitig den Konkurrenten Informationen über das Objekt vorenthält, spielt falsch.

Doch mehr noch: Momentan weiß nicht einmal das Land Berlin, das die Konzession für das Netz vergibt, wie es um den Zustand seines Netzes bestellt ist, und kann so den Ertragswert des Netzes nicht verlässlich ermitteln. Dieser Zustand ist nicht haltbar. Der zuständige Senator Nußbaum darf sich nicht länger von Vattenfall auf der Nase herumtanzen lassen und muss die Daten zum Stromnetz einfordern.
Liegen diese Daten vor, wäre auch klar, wie viel Gewinn jährlich erwirtschaftet und aus Berlin abgeführt wird. Diesen will die Bürger Energie Berlin durch die Netzübernahme in großem Umfang in der Stadt halten.“

* Die Berechnung des Kaufpreises für das Stromnetz ist nicht mehr umstritten, wie oft behauptet: Seit der Rechtsprechung durch den Bundesgerichtshof mit dem sogenannten „Kaufering-Urteil“ von 1999 ist klar, dass als Kaufpreis der Ertragswert zu gelten hat. Dieser Wert berechnet sich über die aus dem Netz erwirtschafteten Erträge. Der Sachzeitwert – der Wiederbeschaffungswert des Netzes abzüglich Abschreibungen – darf hingegen nur als Kaufpreis angesetzt werden, wenn er den Ertragswert nicht wesentlich übersteigt.“

Pressemitteilung der BürgerEnergie Berlin, Berlin, 17. Oktober 2012
Weitere Informationen zur BürgerEnergie Berlin unter
http://www.buerger-energie-berlin.de/

Siehe auch: Vattenfall – kein Partner für Hamburg.

Dirk Seifert

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