Jülicher Atommüll: Keine Atomtransporte – Initiativen „bauen ein neues Zwischenlager“
Was tun mit 152 Castorbehältern mit hochradioaktivem Atommüll in Jülich, die dort in einem nicht ausreichend gesicherten Zwischenlager stehen? Während Betreiber und die Landesregierung NRW Atomtransporte nach Ahaus und sogar in die USA planen, wollen am kommenden Samstag Anti-Atom-Initiativen mit einer ungewöhnlichen Aktion vor Ort in Jülich mit dem Bau eines neuen Zwischenlagers beginnen. „Für sie ist ein Neubau eines Zwischenlagers, das gegen Erdbeben und Flugzeugabstürze gesichert ist, die einzig akzeptable Lösung – auch wenn dies mindestens fünf Jahre dauern wird“, heißt es in der Presseeinladung, in der die Initiativen ihre Aktion begründen. Hubertus Zdebel, Bundestagsabgeordneter aus NRW und Sprecher für Atomausstieg der Fraktion DIE LINKE, begrüßte diese Aktion der Initiativen.
- Der Aufruf der Initiativen ist hier bei Westcastor online und unten dokumentiert.
„In Jülich und vielen anderen Orten zeigt sich der Wahnsinn der Atomenergie und der bis heute ungelösten Atommüllprobleme. Atomtransporte von einer Zwischenlösung zur nächsten sind keine Alternative. Es ist daher richtig, dass die 152 Castor-Behälter mit hochradioaktivem Atommüll aus dem Atomkraftwerk AVR vorerst in Jülich bleiben müssen. Dafür braucht es ein Zwischenlager, das deutlich höhere Sicherheitsstandards erfüllen muss. Der Betreiber des Forschungszentrum Jülich und die jeweils zuständigen Behörden sollten nun aufhören, Atomtransporte oder gar Atommüllexporte zu planen. Oberste Prorität muss jetzt die sofortige Verbessserung der Sicherheit vor Ort haben,“ so Zdebel zu den Aktion der Anti-Atom-Initiativen.
Der Bundestagsabgeordnete verweist auch darauf, dass die Atommüll-Kommission vor wenigen Wochen einen eindeutigen Beschluss gefasst hat, Atommüll-Exporte gesetzlich zu untersagen. „Dieses Votum muss nun endlich zur Konsequenz haben, dass die Planungen für einen Export des Jülicher Atommülls in die USA gestoppt werden“, ergänzt Zdebel.
- Atommüll in Jülich – Castor-Export in die USA vor dem Aus – Prüfung der weiteren Lagerung in Jülich hat Priorität
- Der Beschluss der Atommüll-Kommission samt Begründung und Anlagen ist hier als PDF online.
- NRWs Wirtschaftsminister Duin (SPD), Mitglied der Kommission, hat sich in einem Brief gegen das beschlossene Atommüll-Export-Verbot ausgesprochen, siehe dazu hier: Kommission will generelles Exportverbot für Atommüll
Dokumentation der Pressemeldung: „Wir bauen ein neues Zwischenlager“
Aufruf zum Bau eines symbolischen Castor-Zwischenlagers
Jülich, 21.10.2015. Das regionale Aktionsbündnis Stop Westcastor und das überregionale Bündnis gegen Castor-Exporte rufen zur Aktion „Wir bauen ein neues Zwischenlager“ am Samstag, 24. Oktober 2015 auf dem Jülicher Wochenmarkt auf. Ab 10 Uhr werden die Aktivisten – ausgerüstet mit Schutzhelmen und Blaumännern – mit dem Bau eines symbolischen Zwischenlagers für die AVR-Brennelemente beginnen. Für sie ist ein Neubau eines Zwischenlagers, das gegen Erdbeben und Flugzeugabstürze gesichert ist, die einzig akzeptable Lösung – auch wenn dies mindestens fünf Jahre dauern wird. „Die Jülicher Verantwortlichen möchten den Atommüll möglichst schnell loswerden, nach Ahaus oder in die USA. Transporte – wohin auch immer – stellen ein unkalkulierbares Risiko dar und sind zu vermeiden. Atommüll sollte nur noch ein einziges Mal transportiert werden, nämlich in ein sogenanntes, bisher noch nicht gefundenes, Endlager“, so Marita Boslar vom Aktionsbündnis Stop Westcastor.
Keine „Heiße Zelle“ in Ahaus
Der Graphit der Brennelemente-Kugeln ist stark porös sowie brennbar und muss vor der Endlagerung konditioniert werden – beispielsweise in Spezialbehältern endlagergerecht verpackt werden. Eine sogenannte „Heiße Zelle“ – in der dies möglich ist, steht auf dem Gelände des Forschungszentrums. Das Ahauser Zwischenlager hat keine „Heiße Zelle“, dort können die Castoren, in der die Brennelemente-Kugeln lagern, nicht einmal geöffnet werden. Für eine Reparatur müssten sie wieder nach Jülich zurück. Siegfried Faust von Stop Westcastor: „180 Kilometer quer durch NRW, das ist gefährlich und unverantwortlich.
Die Kosten und die Risiken tragen die Menschen in NRW. Bei Zwischenfällen wären Menschen, die entlang der Strecke wohnen – aber auch Polizisten, die Transporte sichern müssen, betroffen. Außerdem: Die Genehmigung von Ahaus läuft spätestens 2036 aus und kann nicht verlängert werden – dann gibt es noch kein Endlager.“
Politischer Wille 1990: AVR-Kugeln nach Ahaus
Bund und Land NRW wollten die AVR-Kugeln Ende der 1980er Jahre nach Ahaus bringen, da das Jülicher HTR-Projekt (Hochtemperaturreaktor-Projekt) mit dem Scheitern des THTR (Thorium-Hochtemperaturreaktor) beendet werden sollte. Ahaus war damals als zentrales Zwischenlager gedacht. Marita Boslar: „Das Jülicher Forschungszentrum wollte das Ende des HTR-Projekts hintertreiben und benötigte für die weitere Entwickung und Forschung die neueren Kugeln. Daher die Idee mit dem Jülicher Zwischenlager.“
Kosten Jülich-Lagerung und Ahaus-Lagerung
Das Forschungszentrum setzte auf ein Billigkonzept, konnte daher die Lagerung der AVR-Kugeln kostengünstiger veranschlagen – und bekam den Aufschlag. Für 15 Jahre Lagerung in Jülich pro Kugel damals 40 DM – umgerechnet einschließlich Inflationsrate etwa 12 Millionen Euro. Die Kosten für die Ahaus-Lagerung: 75 DM pro Kugel – etwa 23 Millionen Euro. „Deshalb haben wir in Jülich ein Billiglager, das nicht gegen Flugzeugabstürze und Erdbeben gesichert ist, das mit Abstand unsicherste Lager in Deutschland“, so Siegfried Faust.
Kontakt:
Marita Boslar Stop Westcastor
Dr. Rainer Moormann, Whistleblower und ehemaliger Mitarbeiter des Jülicher Forschungszentrums
Für Presseinformationen stehen Ihnen am 24. Oktober 2015 ab 11.00 Uhr zur Verfügung:
• Marita Boslar, Siegfried Faust (Aktionsbündnis STOP Westcastor)
• Heiner Möllers (Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus“)
• Eventuell Dr. Rainer Moormann
Das überregionale Bündnis gegen Castor-Exporte ist ein landes- und bundesweiter Zusammenschluss von Anti-Atom-Initiativen, Umweltverbänden und globalisierungskritischen Netzwerken.
Der BBU (Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz) unterstützt die Proteste gegen die Transporte von Jülich nach Ahaus.