Der Atommüll und das Nationale Entsorgungsprogramm – Atomgesetz geändert
Der Bundestag hat – bei Enthaltung der Fraktion DIE LINKE – die 14. Atomgesetz-Novelle beschlossen. Mit ihr wird das von der EU-Kommission in einer Richtlinie geforderte „Nationale Entsorgungsprogramm“ rechtlich festgeschrieben. Die Linken-Abgeordnete Eva Bulling-Schröter übernahm für den erkrankten Hubertus Zdebel in der Parlamentsdebatte die Kritik an der Novelle. Darin hätten aus Sicht der LINKS-Fraktion schärfere Anforderungen an den mit der Novelle verbundenen regelmäßigen Berichten zur Lage und Entwicklung beim Umgang mit radioaktiven Abfällen formuliert werden müssen. Während erst jetzt das Atomgesetz entsprechend geändert würde, sei der Bericht bereits seit August fertiggestellt. Gegen dessen Entwurf hatte es fast 70.000 Einsprüche gegeben.
- Die Rede der energiepolitischen Sprecherin der Links-Fraktion, Eva Bulling Schröter, ist hier nachzulesen.
- Hubertus Zdebel bei der Einbringung der ATG-Novelle in den Bundestag: Regierung kehrt Probleme beim Umgang mit dem Atommüll weiter unter den Tisch
- Zdebel am Schacht: Radioaktive Abfälle – Schacht Konrad wäre heute nicht genehmigungsfähig
Während nun das Atomgesetz um das Nationale Entsorgungsprogramm ergänzt ist – und außerdem die Informationsrechte von Landes- und Bundesbehörden gegebenüber den Betreibern erweitert wurden – ist der eigentliche Bericht zum NaPro noch Thema weiterer Beratungen im Deutschen Bundestag. Dafür sorgt ein Antrag von Hubertus Zdebel und der Fraktion DIE LINKE, der kurz vor der Sommerpause in den Bundestag eingebracht worden ist.
Am 16. Dezember wird der Umweltausschuss ein Fachgespräch zu diesem Bericht durchführen. Dann werden die Schwachstellen und Mängel dieses Berichts zum Umgang mit dem Atommüll ausführlich thematisiert. Auch die „Endlager“-Kommission hat noch viel Arbeit mit dem Bericht zum Nationalen Entsorgungsprogramm.
Der Deutsche Bundestag berichtet auf seiner Homepage samt dem Video-Stream aus seiner Homepage folgendermaßen:
„Die Entsorgung von Atommüll in Deutschland soll sicherer werden. Mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/ Die Grünen und bei Enthaltung der Linksfraktion nahm der Bundestag am Donnerstag, 15. Oktober 2015, einen von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Änderung des Atomgesetzes (18/5865) in der vom Umweltausschuss geänderten Fassung (18/6234) an. Damit setzt Deutschland die im Juli 2011 von der Europäischen Union beschlossene Entsorgungsrichtlinie um, die unter anderem die Erstellung eines Nationalen Entsorgungsprogramms (NaPro) vorsieht.
Regierung: Hohes Sicherheitsniveau bei der Entsorgung
Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD), betonte, die Novelle solle künftig ein hohes Sicherheitsniveau bei der Entsorgung abgebrannter Brennelemente gewährleisten. Die Bundesregierung habe ihr nationales Entsorgungsprogramm (18/5980) bereits erstellt und an die EU-Kommission übermittelt.
Sie habe dabei zahlreiche Einwendungen berücksichtigt, etwa die Kritik an der Option, das Endlager Schacht Konrad zu erweitern. Im NaPro sei nun festgelegt, dass sich die Endlagerkommission des Bundestages im Rahmen ihrer Arbeit bis Mitte 2016 auch mit der Planung für die rückzuholenden Abfälle aus der Schachtanlage Asse und die Rückstände aus der Urananreicherungsanlage Gronau befassen soll.
CDU/CSU: Herzstück der Entsorgungsstrategie
Steffen Kanitz (CDU/CSU) bezeichnete das Nationale Entsorgungsprogramm als „Herzstück der Entsorgungsstrategie in Deutschland“ und sieht in der Novelle des Atomgesetzes einen Beschluss von „historischer Qualität“. Auch er lobte, dass es keine Erweiterung Konrads „über die Hintertür“ geben werde. Vielmehr solle die Endlagerkommission nun darlegen, wie die Abfälle aus der Asse und Gronau konditioniert werden müssen, um zusammen mit hochradioaktiven Abfällen entsorgt werden zu können.
Kanitz wies jedoch darauf hin, dass die hoch radioaktiven Abfälle, obwohl sie nur zehn Prozent aller Abfälle ausmachten, für 90 Prozent der Radioaktivität verantwortlich seien. Die Suche nach einem Endlager für diese besonders gefährlichen Abfälle sollte daher Priorität haben und nicht durch die Klärung anderer Fragen verzögert werden. Er machte klar, dass hoch radioaktive Abfälle und mittel und schwach radioaktive Abfälle aus der Asse und Gronau aufgrund ihrer unterschiedlichen Anforderungen an das Wirtsgestein nicht ohne Weiteres zusammen gelagert werden können.
Linke: Inakzeptables Vorgehen (Eingangslager für 500 Castoren, Anmerk HZ)
Eva Bulling-Schröter (Die Linke) urteilte in der Debatte, auch nach 40 Jahren Atomenergie seien „grundsätzliche Fragen einer sicheren und dauerhaftem Atommülllagerung nicht geklärt“. Zwar sei es gut, dass vorerst darauf verzichtet werde, die „enorme Menge Strahlenmüll aus der Asse und Gronau“ in den „ungeeigneten Schacht Konrad zu verfrachten“, doch gebe es weitere „gewaltige Probleme“, die der Bericht nicht darstelle.
Bulling-Schröter kritisierte zudem, dass das Nationale Entsorgungsprogramm bereits im Sommer dieses Jahres fertiggestellt worden sei, aber erst jetzt die gesetzliche Grundlage geschaffen werde, die Details des Programms regeln soll. „Umgekehrt wäre es besser gewesen“, urteilte sie. Außerdem kritisierte die Linke-Abgeordnete, dass im „Kleingedruckten“ des Programms plötzlich von einem „Eingangslager für Castorbehälter mit hochradioaktiven Abfällen“ die Rede sei. Darin sollen 500 Castoren für Jahrzehnte zwischengelagert werden. „Warum verstecken Sie diese Information?“, fragte Bulling-Schröter, die dieses Vorgehen als „vollkommen inakzeptabel“ bezeichnete.
Grüne: Eingangslager nicht ungenehmigt betreiben
Sylvia Kotting-Uhl (Bündnis 90/Die Grünen) bezeichnete Atommüll als das „Gefährlichste und Langlebigste, was die Menschheit je produziert hat“. Sie warnte davor, das Eingangslager für Castoren schon in Betrieb zu nehmen, bevor es überhaupt genehmigt worden sei, so wie es das NaPro festlege.
Außerdem stellte sie klar, dass die Endlagerkommission in ihrem Bericht, den sie Mitte 2016 vorlegen soll, die Frage, ob und unter welchen Bedingungen die Abfälle aus der Asse und Gronau im selben Standort gelagert werden können, nicht beantworten können werde. Dies müsse ein Nachfolgegremium tun. (joh/15.10.2015)“