Statt Atomtransporte: Anti-Atom-Initiativen bauen Zwischenlager in Jülich

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Statt Atomtransporte: Anti-Atom-Initiativen bauen ein neues Castor-Zwischenlager in Jülich. Foto: Silvia Gutermuth

Während sich Betreiber, NRW-Landesregierung und das Bundesforschungsministerium im Angesicht von 152 Castor-Behältern mit hochradioaktivem Atommüll vor allem mit der Frage befassen, ob das strahlende Material besser nach Ahaus oder gleich in die USA verfrachtet werden sollte, haben Anti-Atom-Initiativen aus dem Bündnis West-Castor am letzten Wochenende den Neubau eines Zwischenlagers in Jülich begonnen. Verkehrte Welt, könnte man meinen.

Unter anderem die Aachener Zeitung berichtete über diese Aktion: „… mindestens 50 Teilnehmer aus ganz NRW, die im Blaumann mit Schutzhelm oder als „Atomianer“ in schwarzen Kutten mit dem gelb-schwarzen Warnhinweisdreieck vor radioaktiven Stoffen oder ionisierenden Strahlen demonstrierten.“

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152 Castoren mit hochradioaktivem Atommüll aus dem AVR Jülich lagern derzeit ohne erforderliche Genehmigung. Foto: FZ Jülich

Die brisante Fracht in Jülich lagert derzeit ohne ausreichende Genehmigung, wird nur noch geduldet. Der Grund: Der staatliche Betreiber konnte bislang nicht den Nachweis erbringen, dass der Erdbebenschutz für die Castor-Lagerhalle ausreichend ist. Die Genehmigung lief daher im Sommer 2014 aus und die Landesregierung in NRW ordnete die Räumung des Lagers in Jülich an, forderte vom Betreiber ein entsprechendes Konzept, wie das gehen könnte.

Offiziell stehen drei Varianten im Raum: Neubau einer Lagerhalle in Jülich, Transport der Castoren in das Zwischenlager Ahaus oder gar ein Export in die USA. Betrachtet man die Dinge konkret, dann wird klar: Der Betreiber würde das strahlende Zeug am liebsten in die USA verfrachten. Dann wäre es auch für die „Endlagerung“ in Deutschland kein Thema mehr. Verhandlungen in diese Richtung führt das Forschungszentrum Jülich schon seit Jahren und hat vom Bundesforschungsministerium dafür einen dreistelligen Millionenbetrag bewilligt bekommen.

IMGP6537Weil sich aber der Widerstand gegen diese Exportpläne aus rechtlichen und grundsätzlichen Erwägungen heraus, eher verstärkt hat, steht nun offenbar der Transport dieser hochradioaktiven Abfälle in das Zwischenlager Ahaus hoch im Kurs. Zuletzt hatte sich die Atommüll-Kommission im Deutschen Bundestag gegen Atommüll-Exporte ausgesprochen und dabei u.a. auch ein Verbot der Exporte des Jülicher Strahlenmülls in die USA im Blick.

Für die Zwischenlagerung in Ahaus sind entsprechende Anträge beim Bundesamt für Strahlenschutz gestellt und spätestens Anfang 2016 wird mit den entsprechenden Genehmigungen zum Transport und zur Einlagerung in Ahaus gerechnet. Möglicherweise ab dem Sommer 2016 könnten die gefährlichen Frachten dann auf der Straße in Richtung Ahaus rollen.

IMGP6543Gegen derartige Atomtransporte von einer Zwischenvariante zur nächsten gibt es seit längerem massiven Widerstand. Der BUND NRW hat Klagen gegen derartige Transporte angekündigt und ein NRW- und bundesweites Bündnis hat Aktionen entlang der gesamten Transportstrecken in Aussicht gestellt. Sie fordern: In Jülich selbst muss ein neues und entsprechend gesichertes Zwischenlager für den hochradioaktiven Atommüll gebaut werden. Eine Forderung, mit der die Anti-Atom-Gruppen sich eigentlich in bester Gesellschaft befinden: Im aktuellen Koalitionsvertrag der rot-grünen Landesregierung in NRW ist nachzulesen, dass Atomtransporte von Jülich aus nur in ein Endlager gehen dürfen. Das war/ist vor allem eine Absage an Atomtransporte nach Ahaus gewesen.

Vor diesem Hintergrund riefen die Anti-Atom-Gruppen also für den letzten Samstag zum Baubeginn für eine neue Zwischenlagerhalle in Jülich auf und machten sich munter an die Arbeit.

Pressemitteilung des Aktionsbündnisses STOP Westcastor,

Aktion: „Bau eines symbolischen Zwischenlagers“ in der Jülicher Innenstadt am 24.Oktober 2015

Jülich/Würselen, 27. Oktober 2015:
Am 24. Oktober protestierten Atomkraftgegner*innen aus Jülich und Ahaus, sowie unter anderem auch aus Aachen, dem Ruhrgebiet und Köln gegen die immer noch ungeklärte Zukunft der 152 Jülicher Castoren. Mit dem Bau eines symbolischen „sicheren Zwischenlagers“ in der Jülicher Innenstadt verliehen sie der Forderung der Anti-Atom-Bewegung, am Standort Jülich ein neues, allen erforderlichen Sicherheitsansprüchen gerecht werdendes Zwischenlager zu konzipieren und zu errichten, Nachdruck!
Organisiert wurde die Aktion gemeinsam vom Bündnis gegen Castort-Exporte und STOP Westcastor.

Heiner Möllers aus Ahaus verwies in einer Ansprache darauf, dass nach dem ganzen Hickhack der letzten Jahre um den Verbleib der „Westcastoren“ Ahaus wieder auf die Agenda der Verantwortlichen gerückt sei und kündigte landesweiten Widerstand gegen entsprechende Transportabsichten an. Die Jülicherin Marita Boslar von STOP Westcastor sprach die Verantwortung des Forschungszentrums sowie die immensen Kosten, die das Abenteuer, Hochtemperaturreaktor in Jülich und Hamm erzeugten und weiter erzeugen, an.

Mit den Worten: „ Ich plädiere an die Jülicher Verantwortlichen, endlich den Neubau eines gegen Erdbeben und Flugzeugabstürze gesichertes Zwischenlager zu planen und mit dem Bau zu beginnen. Die Menschen in der Region haben ein Anrecht darauf!“ fasste Marita Boslar das Ansinnen aller Beteiligten, die diese Aktion einhellig als erfolgreich bewerteten, zusammen.

Kontakt und Infos:
• Mail: stop@westcastor.de
• Info: www.westcastor.de
• Flyer zur Aktion: http://www.westcastor.de/aktion_juelich.pdf
• Video von der Aktion: https://youtube/DM4SWNUKnio

Dirk Seifert

2 Gedanken zu “Statt Atomtransporte: Anti-Atom-Initiativen bauen Zwischenlager in Jülich

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