Verschlusssache: Neues Atommüll-Zwischenlager in Lubmin und der Terrorschutz

Jetzt sind die Mauern im Zwischenlager für hochradioaktiven Atommüll in Lubmin 70 cm dick. Der beantragte notwendige Neubau wird aufgrund gestiegener Terror-Risiken eine Wandstärke von 1,80 Metern haben! Noch krasser sind die Unterschiede zu den älteren Zwischenlagern in Gorleben oder Ahaus. Doch auf die Frage des Bundestagsabgeordneten Hubertus Zdebel (DIE LINKE), durch „welche wesentlichen baulichen Merkmale hinsichtlich Flugzeugabsturz und Angriff mit panzerbrechenden Waffen“ sich die neue Lagerhalle in Lubmin von den bisherigen deutschen Zwischenlagern unterscheide, mag die Bundesregierung nicht antworten: Ein Anlagensicherungsbericht werde gesondert eingereicht, sei aber ohnehin Verschlusssache.

Hubertus Zdebel fordert, dass die weitere Zwischenlagerung hochradioaktiver Abfälle endlich von der Bundesregierung umfassend im Rahmen einer öffentliche Debatte auf den Prüfstand gestellt wird. Nicht nur erhöhte Terrorrisiken führen angesichts veralteter oder nicht mehr ausreichender Zwischenlager an den zentralen und dezentralen Standorten zu zu Nachrüstungen oder Neubauten. Aus Geheimschutzgründen ist eine unabhängie Prüfung derartiger Maßnahmen aber kaum noch möglich. Klar ist auch, dass die Zwischenlagerung hochradioaktiver Abfälle deutlich länger dauern wird, als bislang vorgesehen. Bereits Mitte der 2030er Jahre werden die Genehmigungen für die ältesten Lager in Ahaus und Gorleben auslaufen. Mitte der 2040er Jahre sind auch die dezentralen Lager betroffen. Ein Endlager steht aber nach optimistischen Einschätzungen frühestens Anfang der 2050er Jahre, vermutlich aber eher nach 2080 zur Verfügung. Außerdem werden an den dezentralen Standorten die AKWs in den nächsten Jahren nach und nach als Reparaturorte für defekte Castor-Behälter entfallen.

Auch wenn die Bundesregierung sich mit konkreten Informationen in Schweigen hüllt: An (fast) allen Zwischenlagern mit hochradioaktiven Abfällen laufen aufgrund deutlich verschärfter Terrorrisiken bauliche Nachrüstungen. Dazu gehören nicht nur zusätzliche Mauern, die den Beschuss mit panzerbrechenden Waffen besser abwehren können sollen. Auch Abflussrinnen werden nachgerüstet, damit nach einem (gezielten) Flugzeug-Absturz das Kerosion besser aus den Zwischenlagerhallen abfließen kann. Weil aber diese Maßnahmen allesamt geheim gehalten werden, ist eine unabhängige Prüfung über die Wirksamkeit nicht mehr machbar.

Die folgende Tabelle zeigt ansatzweise, wie sehr sich die Anforderungen an den Terrorschutz verändert bzw. verschärft haben. Wichtig zu beachten ist: Das Oberverwaltungsgericht in Schleswig hat dem nach dem STEAG-Konzept errichteten Zwischenlager in Brunsbüttel aufgrund von mangelhaften und fehlenden Sicherheitsnachweisen die Genehmigung entzogen. Bis heute bestreiten die zuständigen Behörden jedoch, dass es Sicherheitsdefizite gäbe und erklären den Geheimschutz als Ursache für fehlende Informationen zur Bewertung der Sicherheit und Sicherung der Zwischenlager

Wand unten Wand oben Decke
Gorleben

Ahaus

0,5

0,5

0,2

0,2

0,2

0,2

Lubmin alt

Lubmin geplant

0,7

1,8

0,7

1,8

0,55

1,8

WTI 0,85 0,85 0,55
STEAG 1,2 1,2 1,3
Neckarwestheim Stollen Stollen Stollen

Hinweis: Während die Sicherheit sich auf Maßnahmen bezieht, die den Schutz vor der radioaktiven Strahlung durch technische Vorkehrungen leisten sollen (Castor-Behälter), geht es bei der Sicherung um „Maßnahmen gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter (SEWD)“.

Dokumentation

Frage 58

Antwort der Parl. Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter auf die Frage des Abgeordneten Hubertus Zdebel (DIE LINKE):

Frage: Welche wesentlichen baulichen Merkmale hinsichtlich Flugzeugabsturz und Angriff mit panzerbrechenden Waffen unterscheidet das laut Aussagen des Entsorgungswerks für Nuklearanlagen (EWN) am 29. Mai 2019 beantragte neue Zwischenlager für hochradioaktive Atomabfälle (ESTRAL, siehe www.ewn-gmbh.de/information/presse/) bei Lubmin von den bisherigen von der STEAG errichteten Zwischenlagern in Norddeutschland, und in welcher Weise sind die derzeit an diesen älteren Zwischenlagern laufenden Nachrüstungen zum Schutz vor Terrorangriffen und Flugzeugabstürzen bei dem geplanten Neubau der EWN integriert (siehe www.bfe.bund.de/DE/ne/zwischenlager/dezentral/bauweise/bauweise.html)?

Antwort: In dem am 31. Mai 2019 zugegangenen Antrag der EWN Entsorgungswerk für Nuklearanlagen GmbH wird angekündigt, die Maßnahmen gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter (SEWD) in einem als Verschlusssache eingestuften Anlagensicherungsbericht gesondert einzureichen. Auf Grundlage der vorliegenden Antragsunterlagen kann zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussage über die beantragten Sicherungsmaßnahmen gemacht werden. Eine Bewertung der Sicherungsmaßnahmen wird Gegenstand des Genehmigungsverfahrens sein.

 

Dse4Zdebel

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